Wie Viren bei der Behandlung von Krebs helfen können
Das Immunsystem schützt unseren Körper vor einer Vielzahl von potenziellen Bedrohungen. Viren sind in erster Linie als Krankheitserreger bekannt und können Infektionen wie Influenza, Ebola und COVID-19 auslösen. Bestimmte Viren könnten aber auch gezielt zur Behandlung von Krebs eingesetzt werden, wie ein amerikanisches Forschungsteam nun zeigte.
Forschende der Arizona State University beschreiben im Rahmen einer aktuellen Studie, wie das sogenannte Myxoma-Virus eingesetzt werden könnte, um behandlungsresistente Krebsarten zu bekämpfen. Die Ergebnisse wurden kürzlich in dem renommierten Fachjournal „Cancer Cell“ vorgestellt.
Bei der Abwehr von Krebs tut sich das Immunsystem oft schwer
Das Immunsystem erbringt beeindruckende Leistungen bei der Abwehr von Erregern. Wenn jedoch körpereigene Zellen entarten und zu Krebszellen werden, tut sich das Immunsystem oft schwer mit der Entfernung solcher Zellen. Bestimmte Viren könnten laut der aktuellen Studie dem Immunsystem an dieser Stelle unter die Arme greifen.
Wenn Viren zum Freund und Helfer werden
Solche Viren werden in der Medizin als onkolytische Viren bezeichnet. Diese Viren haben die bemerkenswerte Fähigkeit, Krebszellen zu jagen und zu vernichten, während sie gesunde Zellen unversehrt lassen. Zusätzlich helfen sie Immunzellen bei der Erkennung und Vernichtung von Tumorzellen.
Bei einer sogenannten Virotherapie werden onkolytische Viren gezielt eingesetzt, um Tumorzellen zu infizieren, wodurch die Krebszelle zum einen geschwächt und zum anderen eine stärkere Immunantwort ausgelöst wird.
Immuntherapie mit Virotherapie kombiniert
Eine Arbeitsgruppe um Grant McFadden und Masmudur Rahman von der Arizona State University hat nun einen vielversprechenden neuen Ansatz für die Therapie von behandlungsresistente Krebsarten entwickelt. Sie kombinierten bestehende Immuntherapie-Methoden mit der onkolytischen Virotherapie, um die Bekämpfung der Krebszellen zu verbessern.
Wie ein Pockenvirus bei der Krebsbekämpfung helfen kann
Im Mittelpunkt der Forschung steht das zu den Pockenviren gehörende Myxoma-Virus. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler konnten in der Studie dokumentieren, wie T-Zellen des Immunsystems, die mit dem Myxoma-Virus infiziert sind, Krebszellen auf eine bisher nicht bekannte Art und Weise vernichten.
Myxoma-Viren treiben Krebszellen in die Selbstzerstörung
Diese Form der Zellzerstörung wird als Autose bezeichnet, eine Art von programmierter Selbstzerstörung. Den Forschenden zufolge könnte sich diese Methode als besonders nützlich erweisen, um solide Tumoren zu bekämpfen, bei denen andere Therapien versagt haben.
„Diese Arbeit bestätigt das enorme Potenzial der Kombination von Virotherapie und Zelltherapie zur Behandlung von derzeit schwer behandelbaren Krebsarten“, bestätigt Studienautor McFadden.
Krebszellen besitzen zahlreiche Ausweichstrategien
Krebs stellt für unser Immunsystem eine besondere Herausforderung dar. Immunzellen fällt es aufgrund von fehlenden Merkmalen oft schwer, die Krebszellen von gesunden Zellen zu unterscheiden. Tumorzellen besitzen eine ganze Reihe von Ausweichstrategien, mit denen sie sich der körpereigenen Abwehr entziehen können.
Virotherapie und Immuntherapie kombiniert einsetzten
Um diesen Strategien entgegenzuwirken, haben die Forschenden die Methoden der Immuntherapie mit denen der Virotherapie kombiniert, um die Krebszellen mit einem Doppelschlag zu treffen. Hierzu werden T-Zellen einer Patientin oder eines Patienten entnommen, verbessert und anschließend wieder in den Körper zurückgeführt.
Die T-Zellen werden durch zwei Methoden verbessert, die als CAR-T-Zelltherapie (CART) und T-Zell-Rezeptor-Engineering (TCR) bekannt sind. Bei nicht-soliden Tumoren, wie beispielsweise bei Blutkrebs, wurden solche Immuntherapien bereits erfolgreich eingesetzt. Bei soliden Tumoren waren solche Therapien bislang jedoch weniger effektiv.
Werden die modifizierten T-Zellen jedoch zusätzlich mit Myxoma-Viren infiziert, können sie laut der aktuellen Studie auch solide Tumoren angreifen und vernichten, die zuvor als behandlungsresistent galten.
Denn das Myxoma-Virus greift die Krebszellen zum einen direkt an, noch nützlicher ist den Forschenden zufolge jedoch, dass sie bei den Krebszellen gleich zwei Arten von Autose (Apoptose und Pyroptose) auslösen. Den Vorgang bezeichnet die Arbeitsgruppe als Myxoma-vermittelte Autose.
„Wir stehen an der Schwelle zur Entdeckung neuerer Aspekte des Myxoma-Virus und der onkolytischen Virotherapie“, unterstreicht Rahman. „Darüber hinaus öffnen diese Erkenntnisse die Tür für das Testen krebszerstörender Viren mit anderen zellbasierten Krebsimmuntherapien, die bei Krebspatienten eingesetzt werden können“, resümiert der Wissenschaftler. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Arizona State University: Therapeutic viruses help turbocharge the immune system against cancer (veröffentlicht: 25.08.2022), news.asu.edu
- Ningbo Zheng, Jing Fang, Gang Xue, et al.: Induction of tumor cell autosis by myxoma virus-infected CAR-T and TCR-T cells to overcome primary and acquired resistance; in: Cancer Cell (2022), sciencedirect.com
Wichtiger Hinweis:
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