Restless-Legs-Syndrom: Neue Therapieempfehlungen veröffentlicht
Bis zu zehn Prozent der Bevölkerung leiden am Restless-Legs-Syndrom (RLS). Die chronische neurologische Erkrankung geht mit einem intensiven, unangenehmen Bewegungsdrang in den Beinen einher. Fachleute haben nun neue Therapieempfehlungen veröffentlicht.
Das Restless-Legs-Syndrom (RLS, „unruhige Beine“) beeinträchtigt die Lebensqualität der Betroffenen stark. Eine zu hoch dosierte dopaminerge Therapie kann zu einer Verstärkung der Symptome führen. Daher empfiehlt die neue S2k-Leitlinie die Kontrolle und Optimierung des Eisenstoffwechsels und einen langsamen und symptomorientierten Einsatz medikamentöser sowie nicht medikamentöser Behandlungsoptionen.
Missempfindungen und Schmerzen in den Beinen
Laut einer aktuellen Mitteilung der Deutschen Gesellschaft für Neurologie e.V. (DGN) leiden insgesamt fünf bis zehn Prozent der Bevölkerung am Restless-Legs-Syndrom (RLS), wobei die Erkrankungshäufigkeit mit dem Alter steigt, aber nur ein bis zwei Prozent eine Therapie benötigen.
Betroffene haben Missempfindungen und Schmerzen in den Beinen, die während der Ruhezeit auftreten. Bei etwa 85 Prozent der Patientinnen und Patienten kommt es auch zu periodischen Beinbewegungen im Schlaf.
Die Betroffenen verspüren einen Bewegungsdrang, denn die Missempfindungen und Schmerzen nehmen bei Bewegung, beispielsweise beim Laufen, ab. Resultat sind häufig Schlafprobleme wie Einschlaf- und Durchschlafstörungen, die mit einer erhöhten Tagesmüdigkeit und verminderten Leistungsfähigkeit verbunden sind.
Auffällig ist auch ein erhöhtes Risiko für Angsterkrankungen sowie Depressionen bei RSL-Patientinnen und -Patienten.
Enorm geminderte Lebensqualität
„Das Restless-Legs-Syndrom ist zwar keine lebensbedrohliche Krankheit, mindert aber die Lebensqualität enorm“, sagt Prof. Dr. Claudia Trenkwalder, Kassel, eine der beiden federführenden Autorinnen der neuen S2k-Leitlinie „Restless Legs Syndrom“ (AWMF-Registernummer: 030/081).
„Der Leidensdruck ist hoch und es ist wichtig, den Stand der Forschung allen Behandlern verfügbar zu machen, damit alle Betroffenen eine bestmögliche Diagnostik und Therapie erhalten“, so die Medizinerin.
Die Leitlinie wurde von der DGN und der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) herausgegeben, beteiligt waren darüber hinaus die Deutsche Schmerzgesellschaft e.V., die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e.V. (DGKJ), die Schweizerische Neurologische Gesellschaft (SNG), die Österreichische Gesellschaft für Schlafmedizin und Schlafforschung (ÖGSM) sowie die Schweizerische Gesellschaft für Schlafforschung, Schlafmedizin und Chronobiologie (SGSSC).
Durch Komorbiditäten beeinflusst
Neu ist das Verständnis des RLS als ein Krankheitsbild, das aus genetischen und Umweltfaktoren entsteht und durch Komorbiditäten beeinflusst wird, was die bisherige Unterscheidung in ein idiopathisches und sekundäres RLS in Folge einer zugrundeliegenden Erkrankung wie zum Beispiel Diabetes mellitus, Rheuma oder Parkinson obsolet macht.
Dennoch sollten natürlich Komorbiditäten konsequent behandelt und mögliche „anheizende“ Faktoren, wie beispielsweise die Einnahme von RLS-verstärkenden Medikamenten, umgangen werden.
Eisenstoffwechsel regelmäßig kontrollieren
Grundsätzlich rät die neue Leitlinie zu einem langsamen, symptomorientierten Vorgehen, ausgehend von der Schwere der Beeinträchtigung im Hinblick auf die Schlaf- und Lebensqualität.
„Bei den Betroffenen sollte regelmäßig der Eisenstoffwechsel kontrolliert und frühzeitig eine Eisentherapie initiiert werden, außerdem können die Betroffenen ruhig ermuntert werden, auch nicht medikamentöse Therapieoptionen auszuprobieren, die auch zusätzlich zu einer medikamentösen Therapie eingesetzt werden können“, sagt Dr. Anna Heidbreder, Innsbruck, ebenfalls Koordinatorin der Leitlinie.
Wie die Expertin weiter ausführt, sollte eine kontinuierliche medikamentöse Behandlung erst so spät wie möglich initiiert werden.
Nichtmedikamentöse Therapieansätze gewinnen an Bedeutung
Zunächst wird bei leichtem RLS und niedrigen Eisenspiegeln (Ferritin ≤ 75 µg/l) zu einer Eisensubstitution mit 325 mg Eisensulfat zweimal pro Tag und jeweils 100 mg Vitamin C geraten.
Wenn der Ferritinspiegel nicht erniedrigt oder die Eisensubstitution alleine nicht erfolgreich ist, sollten folgende Dopaminagonisten als Therapie der ersten Wahl eingesetzt werden: Rotigotin, Ropinirol oder Pramipexol, und zwar in der möglichst niedrigsten Dosierung, weil sich sonst die Beschwerden noch verstärken können (sogenannte Augmentation). Alternativ könnte auch ein Gabapentinoid zur Anwendung kommen.
„Levodopa soll nicht mehr zur kontinuierlichen Behandlung eingesetzt werden, sondern nur intermittierend und/oder zu diagnostischen Zwecken mit einer maximalen Dosis von 100 mg. Bei einer Augmentation oder Therapieversagen bei mittel- bis schwergradigem RLS unter o.g. Medikation können als Medikamente zweiter Wahl Opioide wie Oxycodon/Naloxon retard oder andere retardierte Opioide im ‚off-label use‘ eingesetzt werden“, fassen die beiden Expertinnen zusammen. Wichtig zu wissen: Cannabinoide, Magnesium sowie Benzodiazepine helfen nicht.
Noch schwieriger ist die Behandlung des RLS bei Kindern und Jugendlichen, denn dort ist bis auf die Eisengabe keines der oben genannten Medikamente zugelassen. Vor diesem Hintergrund gewinnen nicht medikamentöse Therapieansätze weiter mehr an Bedeutung. Einen besonderen Stellenwert haben hier die Bewegungs- und Physiotherapie. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V.: Neue S2k-Leitlinie zum Restless-Legs-Syndrom (RLS), (Abruf: 06.09.2022), Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V.
- Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V.: Restless Legs Syndrom, (Abruf: 06.09.2022), Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V.
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.