Stark erhöhtes Alzheimer-Risiko durch COVID-19
Wenn ältere Menschen COVID-19 hatten, wird laut einer aktuellen Studie das Risiko, innerhalb des nächsten Jahres an Alzheimer erkranken, fast verdoppelt. Der Verdacht auf einen Zusammenhang zwischen COVID-19 und Demenzerkrankungen scheint sich demnach zu bestätigen.
In einer neuen Studie unter Beteiligung von Fachleuten der Case Western Reserve University School of Medicine wurden anonymisierte elektronische Gesundheitsdaten von Millionen stationär oder ambulant behandelten Menschen ausgewertet, um mögliche Zusammenhänge zwischen COVID-19 und späteren Erkrankungen an Alzheimer zu ermitteln. Die Ergebnisse wurden in dem „Journal of Alzheimer’s Disease“ veröffentlicht.
Teilnehmende waren mindesten 65 Jahre alt
In der Forschungsarbeit wurden letztendlich die Gesundheitsakten von 6,2 Millionen Personen berücksichtigt, welche bereits mindestens 65 Jahre alt waren. Die Teilnehmenden wurden im Zeitraum von Februar 2020 bis Mai 2021 behandelt und hatten zuvor keine Diagnose von Alzheimer.
Dann wurden aus diesen Teilnehmenden zwei Gruppen gebildet. Dabei bestand eine Gruppe aus Menschen, welche in dem oben genannten Zeitraum an COVID-19 erkrankt waren. Die andere Gruppe umfasste Personen, bei denen keine dokumentierten Fälle von COVID-19 vorlagen, berichtet das Team.
Insgesamt wurden mehr als 400.000 Teilnehmende der COVID-Gruppe zugeteilt. Dagegen gab es etwa 5,8 Millionen Menschen, welche nicht an COVID-19 erkrankt waren und die Kontrollgruppe bildeten.
Erhöhtes Risiko einer Alzheimer-Erkrankung
Bei der Datenauswertung zeigte sich, dass Teilnehmende, die mindestens 65 Jahre alt und zuvor an COVID-19 erkrankt waren, in dem Jahr nach ihrer COVID-19-Diagnose ein erheblich höheres Risiko für eine Erkrankung an Alzheimer aufwiesen.
Das höchste Risiko betraf Frauen, die 85 Jahre oder älter waren, berichten die Forschenden.
Doppelt so hohes Alzheimer-Risiko durch COVID-19
Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen laut Aussage der Fachleute, das sich bei älteren Menschen das Risiko für eine Alzheimer-Erkrankung innerhalb eines Jahres nach COVID-19 beinahe verdoppelt (von 0,35 Prozent auf 0,68 Prozent).
Dabei sei jedoch unklar, ob eine Erkrankung an COVID-19 die Neuentwicklung von Alzheimer auslöst oder die Entstehung von Alzheimer lediglich beschleunigt.
Rolle von Virusinfektionen und Entzündungen
„Die Faktoren, die bei der Entwicklung der Alzheimer-Krankheit eine Rolle spielen, sind bisher nur unzureichend erforscht, aber zwei Faktoren, die als wichtig angesehen werden, sind frühere Infektionen, insbesondere Virusinfektionen, und Entzündungen“, erläutert Studienautorin Professorin Pamela Davis in einer Pressemitteilung.
„Da eine Infektion mit SARS-CoV2 mit Anomalien des Zentralnervensystems, einschließlich Entzündungen, in Verbindung gebracht wird, wollten wir testen, ob COVID auch kurzfristig zu vermehrten Diagnosen führen könnte“, fügt die Medizinerin hinzu. Das Ergebnis scheint dies eindeutig zu bestätigen.
Zukünftiger massiver Anstieg von Fällen von Alzheimer?
„Die Alzheimer-Krankheit ist eine ernste und schwierige Krankheit, und wir dachten, wir hätten sie durch die Verringerung allgemeiner Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Herzkrankheiten, Fettleibigkeit und Bewegungsmangel einigermaßen in den Griff bekommen“, so Professorin Davis.
Doch bei Anhalten des in der Studie festgestellten Anstiegs von neuen Alzheimer-Diagnosen unter COVID-19-Betroffenen würden die Belastungen im Gesundheitssystem und der Bedarf an Ressourcen für die Langzeitpflege erneut sehr stark steigen.
Analyse der möglichen Folgeerkrankungen von COVID-19 nötig
Die Expertin fügt hinzu, dass in den USA sehr viele Menschen von einer Erkrankung an COVID-19 betroffen waren bzw. sind, wobei die langfristigen Folgen noch keineswegs absehbar seien. Die Auswirkungen von COVID-19 auf andere mögliche Gesundheitsprobleme und Erkrankungen sollten daher dringend im Blick behalten werden.
Das Team plant bereits die Auswirkungen auf Alzheimer und andere neurodegenerative Erkrankungen weiter zu untersuchen, fügt Studienautor Professor Rong Xu hinzu. Dabei werde sich die Forschung insbesondere darauf konzentrieren, welche Subpopulationen möglicherweise besonders anfällig sind.
Außerdem soll untersucht werden, welches Potenzial bereits zugelassene Medikamente haben, wenn es um darum geht, ihre eigentliche Bestimmung zu ändern und sie zur Behandlung von COVID-19 einzusetzen, so Xu. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Lindseya Wang, Pamela B. Davis, Nora D. Volkow, Nathan A. Berger, David C. Kaelber, et al.: Association of COVID-19 with New-Onset Alzheimer’s Disease ; in: Journal of Alzheimer's Disease (veröffentlicht 13.09.2022), Journal of Alzheimer's Disease
- Case Western Reserve University: Risk factor for developing Alzheimer’s disease increases by 50-80% in older adults who caught COVID-19 (veröffentlicht 13.09.2022), Case Western Reserve University
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.