Folgen der Belastung durch Feinstaub bei Jugendlichen
Die Luftverschmutzung durch Feinstaub kann selbst bei vollständig gesunden Jugendlichen gefährliche Herzrhythmusstörungen auslösen. Es drohen schwerwiegende gesundheitliche Folgen.
In einer neuen Studie von Fachleuten des Pennsylvania State University College of Medicine wurde der Zusammenhang zwischen einer Belastung durch Feinstaubpartikel mit einem Durchmesser ≤ 2,5 μm (PM2,5) und dem Auftreten von Herzrhythmusstörungen bei Jugendlichen analysiert. Die Ergebnisse können in dem „Journal of the American Heart Association“ (JAHA) nachgelesen werden.
Teilnehmende ohne kardiovaskuläre Erkrankungen
Zu Beginn der Originalstudie wurden zunächst Kinder im Alter von sechs bis zwölf Jahren rekrutiert. Diese waren frei von schwerwiegenden kardiovaskulären Erkrankungen und wiesen ein geringes Risiko für Herzrhythmusstörungen auf.
Insgesamt wurden die Gesundheitsdaten von 322 Jugendlichen berücksichtigt, welche ein Durchschnittsalter von 17 Jahre aufwiesen, wobei eine Nachuntersuchung fast 7,5 Jahre nach Beginn der Originalstudie erfolgte, berichten die Forschenden.
Feinstaubbelastung in der Atemluft wurde gemessen
In der Nachfolgestudie maßen die Forschenden die Feinstaubbelastung in der Atemluft der Teenager mit der Hilfe eines speziellen Gerätes (Nephelometer). Diese Messung fand über einen Zeitraum von 24 Stunden statt. Dabei erfolgten auch EKG-Aufzeichnungen der Herzrhythmen.
Die von den Fachleuten gemessene durchschnittliche PM2,5-Konzentration lag bei etwa 17 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft (µg/m3) pro Tag. Dieser Wert liegt nach Aussage des Teams deutlich unter dem von der US-Umweltschutzbehörde (EPA) festgelegten gesundheitsbezogenen Luftqualitätsstandard von 35 µg/m3.
79 Prozent der Teilnehmenden zeigten Herzrhythmusstörungen
Letztendlich zeigte sich, dass 79 Prozent der Teilnehmenden während der 24 Stunden langen Messungen mindestens eine Herzrhythmusstörung erlitten. Von diesen Personen hatten 40 Prozent vorzeitige Vorhofkontraktionen, 12 Prozent vorzeitige Herzkammerkontraktionen und 48 Prozent erlitten beide Formen von Störungen.
Das Team stellte fest, dass jeder Anstieg der PM2,5-Konzentration um 10 µg/m3 innerhalb von nur zwei Stunden nach der Exposition mit einem Anstieg der Zahl der vorzeitigen ventrikulären Kontraktionen um fünf Prozent verbunden war.
Die Fachleute fügen hinzu, dass sie keinen Zusammenhang zwischen der Feinstaubkonzentration und der Anzahl der vorzeitigen Vorhofkontraktionen feststellen konnten.
Wie entsteht Feinstaub?
Feinstaub (PM2,5) ist dafür bekannt, dass er leicht tief in die Lunge eingeatmet werden kann und von dort sogar in den Blutkreislauf gelangt. Solche Feinstaubpartikel, die kleiner als 2,5 Mikrometer sind, entstehen bei der Verbrennung von Brennstoffen beispielsweise als Partikel aus Autoabgasen oder Waldbränden, erläutert das Team.
Werden die winzigen Partikel eingeatmet, führe dies zu einer Reizung der Lunge und der Blutgefäße um das Herz. Außerdem habe sich in früheren Forschungsarbeiten gezeigt, dass die Partikel mit der Zeit den Krankheitsprozess in den Arterien verstärken.
Übersprungener Herzschlag durch Feinstaubbelastung
Das Team analysierte nun die Auswirkungen des Einatmens von Feinstaub auf zwei Arten von unregelmäßigen Herzrhythmen, welche durch eine vorzeitige Kontraktion des Herzmuskels gekennzeichnet sind. Dies wird häufig als übersprungener Herzschlag bezeichnet.
Die erste untersuchte Art betraf sogenannte vorzeitige Vorhofkontraktionen. Bei diesen geht der Herzschlag von den Vorhöfen (obere Herzkammern) aus. Häufige vorzeitige Vorhofkontraktionen sind mit einem erhöhten Risiko für Vorhofflimmern verbunden.
Bei dieser schweren Form der Herzrhythmusstörung schlagen die oberen Herzkammern nicht effektiv, sondern zittern stattdessen. Dies erhöht das Risiko für das Auftreten von Blutgerinnseln und Schlaganfällen, so die Fachleute.
Die zweite beobachtete Art von unregelmäßigen Herzrhythmen betraf vorzeitige ventrikuläre Kontraktionen. Diese treten auf, wenn der Herzschlag von einem der Ventrikel (untere Kammern des Herzens) ausgeht, erläutert das Team.
Vorzeitige ventrikuläre Kontraktionen erhöhen laut den Forschenden das Risiko für einen späteren Herzinfarkt, Schlaganfall, Herzversagen oder plötzlichen Herztod.
Luftverschmutzung schadet Erwachsenen
Laut den Forschenden ist bereits länger bekannt, dass Luftverschmutzung negative kardiovaskuläre Auswirkungen bei erwachsenen Menschen hat. Unklar war jedoch, wie sich die Luftverschmutzung auf Teenager auswirkt.
„Unsere Ergebnisse, die einen Zusammenhang zwischen Luftverschmutzung und unregelmäßigen Herzrhythmen herstellen, deuten nun darauf hin, dass Feinstaub zum Risiko des plötzlichen Herztods bei Jugendlichen beitragen kann“, berichtet Studienautor Dr. Fan He in einer Pressemitteilung.
Denn obwohl sie relativ selten seien, könnten Herzrhythmusstörungen bei ansonsten gesunden Jugendlichen und jungen Erwachsenen zum plötzlichen Herztod führen.
Der Mediziner erklärt weiter, dass kardiovaskuläre Erkrankungen in der Kindheit und Jugend bis ins Erwachsenenalter nachweisbar sind und das Risiko für schwere kardiovaskuläre Erkrankungen im späteren Leben beeinflussen.
Daher sei die Identifizierung von veränderbaren Risikofaktoren für Herzrhythmusstörungen, welche bei Jugendlichen letztendlich einen plötzlichen Herztod auslösen können, von großem öffentlichen Interesse, so Dr. He. Denn durch die Reduzierung des Risikos von Herzrhythmusstörungen unter Jugendlichen könnte das Risiko für Herzerkrankungen im Erwachsenenalter reduziert werden.
Belastung in Innenstädten noch viel höher?
„Es ist besorgniserregend, dass wir eine so signifikante Auswirkung der Luftverschmutzung auf Herzrhythmusstörungen beobachten konnten, obwohl die Luftqualität weit unter den von der EPA festgelegten gesundheitsbezogenen Standards lag“, berichtet Dr. He.
Vermutlich seien Jugendliche, welche in Innenstädten leben, wo die Luftverschmutzung deutlich höher ausfällt, einem noch höheren Risiko ausgesetzt.
Die Ergebnisse der Untersuchung bekräftigen die Befürchtung, dass auch gesunde junge Menschen nicht immun gegen schädliche kardiovaskuläre Reaktionen auf PM2,5 sind, und könnten auch zur Erklärung für das Auftreten von Herzrhythmusstörungen und plötzlichem Todes bei einigen anfälligen jungen Menschen beitragen. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Fan He, Jeff D. Yanosky, Julio Fernandez‐Mendoza, Vernon M. Chinchilli, Laila Al‐Shaar, et al.: Acute Impact of Fine Particulate Air Pollution on Cardiac Arrhythmias in a Population‐Based Sample of Adolescents: The Penn State Child Cohort; in: Journal of the American Heart Association (veröffentlicht 14.09.2022), JAHA
- American Heart Association: Air pollution may spur irregular heart rhythms in healthy teens (veröffentlicht 14.09.2022), AHA
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.