Ist es ratsam weniger Protein zu sich zu nehmen?
Wenn Menschen mit einem sogenannten metabolischem Syndrom ihre Proteinaufnahme reduzieren, ist dies mit einer Abnahme des Körperfetts und des Gewichts verbunden. Diese hilft, die Hauptsymptome wie Fettleibigkeit, Diabetes und Bluthochdruck unter Kontrolle zu bringen, ohne dass dabei Muskelmasse abgebaut wird.
In einer neuen Studie unter Beteiligung von Fachleuten der University of Sao Paulo (USP) wurde untersucht, ob eine isokalorische Eiweißrestriktion vorteilhafte Auswirkungen bei Personen mit metabolischem Syndrom entfaltet. Die Ergebnisse wurden in dem Fachblatt „Nutrients“ veröffentlicht.
Ernährung der Teilnehmenden überwacht
In der Forschungsarbeit wurden insgesamt 21 vom metabolischem Syndrom betroffene Teilnehmende über einen Zeitraum von 27 Tagen untersucht. Das metabolische Syndrom wird in erster Linie gekennzeichnet durch Übergewicht, erhöhte Blutzuckerwerte und erhöhte Cholesterinwerte sowie Bluthochdruck.
Das Augenmerk des Team lag vor allem auf der Überwachung der Ernährung. Während des gesamten Untersuchungszeitraums waren die Teilnehmenden stationär im Hospital das Clínicas in Ribeirão Preto untergebracht.
Die Fachleute berechneten die tägliche Aufnahme von Kalorien aller Teilnehmenden als Funktion des Ausgangsstoffwechsels (Energieverbrauch im Ruhezustand). Dann wurden die Teilnehmenden in zwei Gruppen eingeteilt.
Wie ernährten sich die Teilnehmenden?
Eine Gruppe erhielt die typische westliche Standardernährung, welche aus 50 Prozent Kohlenhydraten, 20 Prozent Eiweiß und 30 Prozent Fett bestand. Allerdings nahmen die Teilnehmenden dieser Gruppe insgesamt 25 Prozent weniger Kalorien auf, als es normalerweise bei ihnen der Fall gewesen wäre.
Bei den Menschen in der zweiten Gruppe wurde dagegen nur die Proteinzufuhr auf zehn Prozent ihres Normalwerts reduziert. Beide Gruppen nahmen täglich vier Gramm Salz zu sich, so das Team.
Teilnehmende nahmen Körperfett und Gewicht ab
Laut den Fachleuten zeigte sich, dass sowohl die Kalorien- als auch die Proteinrestriktionsgruppe aufgrund einer Abnahme des Körperfetts an Gewicht abnahmen. Zusätzlich verbesserten sich bei beiden Gruppen die Symptome des metabolischen Syndroms.
Bereits zuvor war bekannt, dass eine Reduzierung des Körperfetts mit einer Senkung des Blutzuckerspiegels und einer Normalisierung der Blutfettwerte und des Blutdrucks verbunden ist, berichten die Forschenden.
In der aktuellen Studie hatten „nach 27 Tagen Beobachtung beide Gruppen ähnliche Ergebnisse in Bezug auf einen niedrigeren Blutzucker, Gewichtsverlust, kontrollierten Blutdruck und niedrigere Triglycerid- und Cholesterinwerte“, betont die Studienautorin Maria Cristina Foss de Freitas in einer Pressemitteilung.
Teilnehmende bauten keine Muskelmasse ab
Die Medizinerin fügt hinzu, dass beide Formen der Ernährungseinschränkung zudem die Insulinempfindlichkeit verbesserten und das Körperfett sowie Taillen- und Hüftumfang reduzierten, ohne einen Abbau der Muskelmasse mit sich zu bringen.
„Die Studie hat gezeigt, dass eine Verringerung der Proteinzufuhr auf 0,8 g pro kg Körpergewicht ausreicht, um fast die gleichen klinischen Ergebnisse zu erzielen wie eine Einschränkung der Kalorienzufuhr, jedoch ohne die Notwendigkeit, die Kalorienzufuhr zu reduzieren“, fasst Studienautor Rafael Ferraz-Bannitz zusammen.
Proteinrestriktion leichter umzusetzen
Daher könnte eine Ernährung, bei der die Proteinaufnahme beschränkt ist, für Menschen mit metabolischem Syndrom eine attraktivere und leichter zu befolgende Ernährungsstrategie darstellen, um ihre Beschwerden unter Kontrolle zu bringen, fügt der Experte hinzu.
In der Studie habe die Manipulation der Makronährstoffe (Proteine, Kohlenhydrate und Fette) ausgereicht, um die positiven Auswirkungen einer Ernährungseinschränkung zu erzielen.
Proteinrestriktion reduziert Körperfett und erhält Muskeln
„Wir haben gezeigt, dass eine Proteinrestriktion das Körperfett reduziert und gleichzeitig die Muskelmasse erhält. Das ist wichtig, da die Gewichtsabnahme bei restriktiven Diäten häufig mit dem Verlust von Muskelmasse einhergeht“, erläutert Ferraz-Bannitz.
Molekularen Mechanismen unklar
Die molekularen Mechanismen, welche die vorteilhaften Wirkungen der Proteinrestriktion erklären könnten, wurden in der aktuellen Studie nicht analysiert. Das Team nimmt allerindgs an, dass eine niedrige Proteinzufuhr eine Veränderung des Stoffwechsels auslöst oder das Energiemanagement des Organismus verbessert.
„Wir haben bisher nur Hypothesen. Eine davon ist, dass molekulare Wege aktiviert werden, die die Verringerung der essenziellen Aminosäuren als Signal zur Verringerung der Nahrungsaufnahme interpretieren und zur Produktion von Hormonen führen, die normalerweise beim Fasten ansteigen“, berichtet Studienautor Marcelo Mori.
Aus Untersuchungen an Tiermodellen sei bereits bekannt, dass solche Wege an den Auswirkungen von Protein- und Kalorienrestriktion beteiligt sind, welche beide zum Fettabbau führen, fügt der Mediziner hinzu.
Vegane Ernährung vorteilhaft bei metabolischen Syndrom
Das Team weist allerdings darauf hin, dass die Ernährung der Teilnehmenden in der Studie personalisiert war und zusätzlich nur Personen mit metabolischem Syndrom untersucht wurden, was die Aussagekraft der Ergebnisse einschränke.
„Dennoch ist es verlockend, die Ergebnisse zu extrapolieren. Wir wissen, dass die Forschung gezeigt hat, dass sich eine vegane Ernährung positiv auf das metabolische Syndrom auswirkt. Es wurde auch festgestellt, dass die übermäßige Proteinzufuhr, die in der westlichen Standardernährung üblich ist, ein Problem darstellen kann“, so Mori.
Allerdings sei zu bedenken, dass ein Mangel von Eiweiß in der Ernährung auch zu schweren gesundheitlichen Problemen führen kann, beispielsweise bei schwangeren Frauen. Eine Restriktion der Eiweißaufnahme sollte daher idealerweise ärztlich begleitet werden. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Rafael Ferraz-Bannitz, Rebeca A. Beraldo, A. Augusto Peluso, Morten Dall, Parizad Babaei, et al.: Dietary Protein Restriction Improves Metabolic Dysfunction in Patients with Metabolic Syndrome in a Randomized, Controlled Trial; in: Nutrients (veröffentlicht 28.06.2022), Nutrients
- Fundação de Amparo à Pesquisa do Estado de São Paulo: Protein restriction can be effective in combating obesity and diabetes, study suggests (veröffentlicht 20.09.2022), Fundação de Amparo à Pesquisa do Estado de São Paulo
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.