Blutvergiftung nicht überwiegend Folge einer zu starken Immunreaktion?
Die Blutvergiftung (medizinischer Fachausdruck: Sepsis) ist eine der häufigsten Todesursachen weltweit. Bislang wurde angenommen, dass diese lebensbedrohliche Komplikation bei verschiedensten Infektionskrankheiten überwiegend Folge einer überschießenden Immunreaktion ist. Doch Forschende berichten nun, dass die Immunantwort bereits nach kurzer Zeit erheblich reduziert ist.
Fachleute gehen bislang von der Annahme aus, dass Sepsis und Multiorganversagen überwiegend Folgen einer überschießenden Immunreaktion sind. Doch schon am ersten Tag der Blutvergiftung ist eine eher zu schwache Immunantwort sichtbar. Das haben Forschende festgestellt, die ihre Ergebnisse vor kurzem in der Fachzeitschrift „PLOS One“ veröffentlicht haben.
Immunreaktion schnell verringert
Einer aktuellen Mitteilung zufolge hat ein interdisziplinäres Team aus der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin (Prof. Dr. J. Peters) und dem Institut für medizinische Mikrobiologie (Prof. Dr. C. Kirschning) der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen an Blutproben von Intensivpatientinnen und -patienten festgestellt, dass die Immunantwort bereits am ersten Tag einer Sepsis deutlich reduziert ist.
„Das Blut zeigte zwar hohe Entzündungswerte, reagierte aber im Reagenzglas im Vergleich zum Vollblut Gesunder nur vermindert auf Toll-like Rezeptor-Liganden, Bakterien und bakterielles Lipopolysaccharid, alles Faktoren, die sonst eigentlich eine starke Immunreaktion bewirken“, erläutert Willem Buys, Doktorand am Universitätsklinikum Essen und Co-Erstautor.
„Zudem zeigte sich ex vivo keinerlei Reaktion auf sogenannte Immun-Checkpoint-Inhibitoren, eine Medikamentengruppe, die zur Krebstherapie bereits genutzt und derzeit als mögliche Sepsistherapie erwogen wird, um die Immunreaktion zu verstärken“, sagt Erstautorin Dr. med. Alexandra Bick aus der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin.
Der Frage, ob eine Aktivierung der Immunantwort dennoch als mögliche Sepsistherapie geeignet sein könnte, möchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Folgestudien nachgehen. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Universität Duisburg-Essen: Immunreaktion bei Sepsis: Zu stark, zu schwach oder beides?, (Abruf: 24.09.2022)
- Alexandra Bick, Willem Buys, Andrea Engler, Rabea Madel, Mazen Atia, Francesca Faro, Astrid M. Westendorf, Andreas Limmer, Jan Buer, Frank Herbstreit, Carsten J. Kirschning, Jürgen Peters: Immune hyporeactivity to bacteria and multiple TLR-ligands, yet no response to checkpoint inhibition in patients just after meeting Sepsis-3 criteria; in: PLOS One, (veröffentlicht: 18.08.2022), PLOS One
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.