Alzheimer anhand von Biomarkern im Blut erkennen
Lässt sich Alzheimer mittels eines Bluttests bereits frühzeitig diagnostizieren? Diese Frage beschäftigt Forschungsteams weltweit und immer mehr Studien deuten darauf hin, dass eine verlässliche Prognose möglich ist. Ein Forschungsverbund unter Federführung des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen e.V. (DZNE) möchte nun Klarheit schaffen.
Verschiedene Studien haben bereits Biomarker im Blut identifiziert, die mit Alzheimer assoziiert sind, und Anfang des Jahres berichteten Forschende aus den USA, dass ein Alzheimer-Bluttest effektiv zur Früherkennung nutzbar ist. Ein entsprechender Test mit der Bezeichnung „Precivity AD“ wird von C₂N Diagnostics, einem Startup-Unternehmen der Washington University, vermarktet.
Auch ein japanisches Forschungsteam hat einen Ansatz entwickelt, der mittels Blutuntersuchung eine Früherkennung von Alzheimer ermöglichen soll. Hierfür haben die Forschenden der Universität Hokkaido und des Technical Research Institute, Toppan Inc. eine Biosensor-Technologie entwickelt, die Beta-Amyloid-bindende Exosomen nachweisen kann. (siehe Alzheimer im Blut nachweisen).
Alzheimer-Bluttest scheint umsetzbar
Die Aussichten auf einen massentauglichen Bluttest zur Alzheimer-Früherkennung scheinen demnach besser denn je, doch einige wichtige Fragestellung sind bisher nicht abschließend geklärt.
Der Forschungsverbund unter Federführung des DZNE möchte nun anhand der Blutproben von mehreren tausend Patientinnen und Patienten untersuchen, ob Biomarker im Blut tatsächlich für die Vorhersage und Diagnose von Alzheimer geeignet sind. Zwei weitere Fragestellung stehen dabei laut DZNE im Fokus der Forschenden.
Wie zuverlässig sind die Blutproben?
Zunächst die Frage, wie zuverlässig sich Blutproben, die unter verschiedenen Bedingungen genommen (z.B. Hausarztpraxis und universitäre Forschungseinrichtungen) wurden, auf Biomarker hin untersuchen lassen.
Denn „bislang werden Blutproben von Alzheimerpatienten in Gedächtnisambulanzen genommen, wo sie schnell prozessiert und auf Trockeneis oder minus 80 Grad eingefroren werden“, erläutert die Leiterin des Forschungsprojekts am DZNE, Professorin Dr. Anja Schneider.
Dank des hohen Aufwands seien die Ergebnisse möglicherweise besonders zuverlässig. Doch in Hausarztpraxen gebe es diese Möglichkeiten normalerweise nicht und der Versand der Proben an Labore erfolge bei Raumtemperatur. Dies könnte die Aussagekraft der Blutbiomarker in den Proben beeinflussen.
Welche Biomarker sind entscheidend?
Anderseits bleibe die Frage, welche der Blutbiomarker (möglicherweise auch in Kombination) am zuverlässigsten zur Diagnose von Alzheimer und der Vorhersage der Erkrankung nutzbar sind. „Der daraus ermittelte kombinierte Marker soll die Basis für individualisierte Diagnostik und Therapie bilden“, so die Mitteilung des DZNE.
Für das Forschungsprojekt können „wir auf mehr als 3.000 Blutproben aus verschiedenen Kohortenstudien zurückgreifen“ und „die Kohorten beinhalten kognitiv gesunde Personen, die im weiteren Verlauf über viele Jahre gesund geblieben sind oder sich in Richtung einer Demenz weiterentwickelt haben“, erläutert Professorin Schneider.
Darüber hinaus seien Daten von Alzheimer-Erkrankten in unterschiedlichen Stadien sowie von Personen mit anderen neurodegenerativen Erkrankungen verfügbar. Aus den über viele Jahre hinweg gesammelten Langzeitdaten lasse sich ablesen, wer von den anfänglich gesunden Menschen anschließend erkrankt ist und bei wem die Erkrankung welchen Verlauf genommen hat.
Die Forschenden können also rückwirkend untersuchen, wie die spätere Krankheitsentwicklung mit welchen Biomarkern aus den anfangs genommenen Blutproben korreliert, wobei laut DZNE insbesondere die Proteine Amyloid ß42 und Amyloid ß40 sowie phosphoryliertes Tau und das Neurofilament Leichte Kette (NFL) im Fokus des Interesses stehen.
Neben den Forschenden vom DZNE sind auch die Arbeitsgruppen um Professor Dr. Alfredo Ramirez vom Universitätsklinikum Köln, Professor Dr. Matthias Schmid und Professor Dr. Michael Wagner vom Universitätsklinikum Bonn sowie Professor Dr. Oliver Peters von der Charité – Universitätsmedizin Berlin an dem aktuellen Forschungsprojekt beteiligt. (fp)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e.V. (DZNE) : Biomarker aus dem Blut zur Alzheimer-Diagnose (veröffentlicht 10.10.2022), dzne.de
- Yan Li, Suzanne E. Schindler, James G. Bollinger, Vitaliy Ovod, Kwasi G. Mawuenyega, et al.: Validation of Plasma Amyloid-β 42/40 for Detecting Alzheimer Disease Amyloid Plaques; in: Neurology (veröffentlicht 15.02.2022), neurology.org
- Kohei Yuyama, Hui Sun, Yasuyuki Igarashi, Kenji Monde, Takumi Hirase, Masato Nakayama & Yoichi Makino: Immuno-digital invasive cleavage assay for analyzing Alzheimer’s amyloid ß-bound extracellular vesicles; in: Alzheimer's Research & Therapy, (veröffentlicht: 03.10.2022, biomedcentral.com
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