Depressionen: Männer leiden oft anders als Frauen
Depressionen zählen zu den häufigsten psychischen Krankheiten. Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass Frauen öfter davon betroffen sind als Männer. Zudem gibt es Geschlechterunterschiede bei den Symptomen und Auslösern.
Wie auf dem öffentlichen Gesundheitsportal Österreichs „Gesundheit.gv.at“ erklärt wird, erhalten Frauen häufiger als Männer die Diagnose Depression. Bei Männern kann sich die psychische Erkrankung anders zeigen als bei Frauen. Und es gibt auch Unterschiede bei den Auslösern, berichtet die Medizinische Universität (MedUni) Wien in einer aktuellen Mitteilung.
Zusätzlich gereizt und aggressiv
In den vergangenen Jahren wurde in Fachkreisen das Konzept der „Male Depression“, also der männlichen Depression, entwickelt. Dabei wird davon ausgegangen, dass bei Männern bestimmte Anzeichen oft die üblichen, bekannten Symptome einer Depression überlagern.
Während eine gedrückte Stimmungslage, der Verlust von Interessen und Freude, verminderter Antrieb, jedoch auch Schuldgefühle, vermindertes Selbstwertgefühl, Pessimismus, herabgesetzte Aufmerksamkeit, Suizidgedanken beziehungsweise Suizidhandlungen, Schlafstörungen und verminderter Appetit bei beiden Geschlechtern auf eine Depression hinweisen können, finden sich bei Männern zusätzlich häufiger Reizbarkeit, Aggressivität und Risiko- beziehungsweise Suchtverhalten.
Symptome ernst nehmen
Bislang hat das Wissen über diese Gender-Unterschiede weder in die offizielle Diagnostik noch in das öffentliche Bewusstsein Eingang gefunden. Bekannt hingegen ist, dass Alkoholabhängigkeit bei Männern öfter auftritt als bei Frauen.
Ob es sich dabei um eine durch den Alkoholkonsum „verdeckte“ Depression handelt oder um ein eigenes Krankheitsbild, kann nach aktuellem Stand der Wissenschaft derzeit nicht eindeutig beantwortet werden.
„Jenseits dieser akademischen Diskussion sind die beschriebenen Symptome bei Männern unbedingt ernst zu nehmen und ärztlich abzuklären“, sagt Johannes Wancata, Leiter der Klinischen Abteilung für Sozialpsychiatrie der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der MedUni Wien.
Gender-Unterschiede bei den möglichen Auslösern
Dass Depressionen bei Männern seltener diagnostiziert werden, wird heute nur mehr teilweise darauf zurückgeführt, dass sie seltener ärztliche Hilfe suchen als Frauen. Forschungen zufolge könnten dabei auch die Hormone eine Rolle spielen.
So wird beispielsweise eine unterschiedliche Dichte an Östrogen- und Progesteronrezeptoren in diesem Zusammenhang als weitere mögliche Erklärung diskutiert.
Gender-Unterschiede beschreiben Fachleute auch bei den möglichen Auslösern von Depressionen: „Zahlreiche Studien berichten über soziale Risikofaktoren für das Auftreten von Depressionen bei Frauen. Dazu gehören die Mehrfachbelastung durch Haushalt, Kinderbetreuung und Beruf. Während zwischenmenschliche Konflikte bei Frauen das Erkrankungsrisiko erhöhen, sind dies bei Männern Scheidung, Trennung aus einer Beziehung und Probleme am Arbeitsplatz“, so Wancata.
Zusammenhang zwischen negativem Stress und Depressionen
Doch auch wenn es bei beiden Geschlechtern klare Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen negativem Stress und dem Entstehen von Depressionen gibt, lasse sich laut Wancata die oftmals kolportierte steigende Zahl Betroffener aufgrund der aktuellen Krisenlage nicht eindeutig bestätigen.
„Es ist völlig gesund, auf Bedrohungen oder Krisen etwa mit Angst, Sorgen oder Pessimismus zu reagieren. Wenn jedoch Symptome zumindest über mehrere Wochen durchgehend vorhanden und so ausgeprägt sind, dass der Alltag nur mehr eingeschränkt bewältigt werden kann, sollte eine psychische Erkrankung in Erwägung gezogen werden“, sagt der Experte. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Medizinische Universität Wien: Depressionen zeigen sich bei Männern anders als bei Frauen, (Abruf: 01.11.2022), Medizinische Universität Wien
- Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs „Gesundheit.gv.at“: Depression: Welche Rolle spielt das Geschlecht?, (Abruf: 01.11.2022), Gesundheit.gv.at
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.