Wirkung ungesunder Ernährung auf die Lebenserwartung
Der in vielen Ländern zunehmende Verzehr von sogenannten ultra-hochverarbeiteten Lebensmitteln ist mit einem stark erhöhten Risiko verbunden, vorzeitig aus vermeidbaren Gründen zu versterben. Insgesamt scheinen die Auswirkungen auf die Lebenserwartung der Bevölkerung äußerst bedenklich.
In einer aktuellen Studie unter Beteiligung von Fachleuten der University of São Paulo in Brazilien wurden untersucht, wie sich der Verzehr von ultra-hochverarbeiteten Lebensmitteln auf die Lebenserwartung und das Risiko eines vorzeitigen Todes auswirkt. Die Ergebnisse wurden in dem englischsprachigen Fachblatt „American Journal of Preventive Medicine“ (AJPM) publiziert.
Konsum ultra-hochverarbeitetet Lebensmittel untersucht
Ultra-hochverarbeitete Lebensmittel umfassen beispielsweise abgepackte Suppen, Soßen, Tiefkühlpizza, Fertiggerichte, Hotdogs, Würstchen, Limonaden, Eiscreme aber auch Kekse, Kuchen, Süßigkeiten und Donuts, welche in Supermärkten erworben werden können.
In der neuen Studie wurden landesweit repräsentative Erhebungen zum Thema Ernährung ausgewertet, um einzuschätzen, wie hoch die Grundaufnahme von ultra-hochverarbeiteten Lebensmitteln je nach Geschlecht und in verschiedenen Altersgruppen ausfällt, so das Forschungsteam.
Dann wurden statistische Analysen verwendet, um einzuschätzen, wie hoch der Anteil der Gesamttodesfälle ausfiel, der auf den Konsum von ultra-hochverarbeiteten Lebensmitteln zurückzuführen war.
Außerdem versuchten die Forschenden anhand der Daten auch abzuschätzen, wie es sich auswirken würde, wenn sich der Verzehr von ultra-hochverarbeiteten Lebensmitteln um zehn, 20 oder 50 Prozent reduziert.
Es zeigte sich, dass der Anteil der ultra-hochverarbeiteten Lebensmittel im untersuchten Zeitraum zwischen 13 und 21 Prozent der gesamten Nahrungsaufnahme in Brasilien ausmachte. Dies galt für alle Altersgruppen und Geschlechter, berichten die Fachleute.
Alleine im Jahr 2019 verstarben in Brasilien laut dem Team 541.260 erwachsene Personen im Alter von 30 bis 69 Jahren vorzeitig. Von diesen Todesfällen betrafen 261.061 vermeidbare, nicht übertragbare Krankheiten.
57.000 Todesfälle durch ultra-hochverarbeitete Lebensmittel
Das in der Untersuchung verwendete Modell ergab, dass ungefähr 57.000 der vermeidbaren Todesfälle auf den Verzehr von ultra-hochverarbeiteten Lebensmitteln zurückzuführen waren.
Dieser Wert entsprach 10,5 Prozent aller vorzeitigen Todesfälle und 21,8 Prozent aller Todesfälle durch vermeidbare, nicht übertragbare Krankheiten bei Erwachsenen im Alter von 30 bis 69 Jahren, berichtet das Team.
Auswirkungen könnten in westlichen Ländern schlimmer ausfallen
Da in Brasilien generell weniger ultra-hochverarbeitete Lebensmittel als in vielen westlichen Ländern verzehrt werden, sind die Fachleute der Meinung, dass die Auswirkungen in Ländern mit einem hohen Einkommen wie beispielsweise den USA, Kanada, dem Vereinigten Königreich und Australien noch höher ausfallen könnten.
Aber auch in Brasilien hat laut Dr. Nilson der Verzehr von ultra-hochverarbeiteten Lebensmitteln im Laufe der Zeit den Verzehr traditioneller Vollwertkost wie Reis und Bohnen immer weiter zurückgedrängt.
Den Fachleuten zufolge wäre es allerdings möglich, durch verschiedene Interventionen und Maßnahmen des öffentlichen Gesundheitswesens den Konsum von ultra-hochverarbeiteten Lebensmitteln zu reduzieren, was mit einer gesünderen Lebensmittelauswahl einhergehen würde.
Die Reduzierung des Verzehrs von ultra-hochverarbeiteten Lebensmitteln um zehn bis 50 Prozent in Brasilien könnte dabei jedes Jahr etwa 5.900 bis 29.300 der dort auftretenden vorzeitigen Todesfälle verhindern, so das Team.
Vorherige Forschung bezog sich meist auf einzelne Inhaltsstoffe
„Frühere Modellstudien haben die gesundheitliche und wirtschaftliche Belastung durch kritische Inhaltsstoffe wie Natrium, Zucker und Transfette sowie durch bestimmte Lebensmittel oder Getränke wie zuckergesüßte Getränke abgeschätzt”, erläutert Studienleiter Eduardo A.F. Nilson in einer Pressemitteilung.
Bisher habe aber keine Studie die potenziellen Auswirkungen von ultra-hochverarbeiteten Lebensmitteln auf vorzeitige Todesfälle abgeschätzt. Das neu gewonnene Wissen könne nun helfen, viele Krankheiten und vorzeitige Todesfälle zu verhindern.
Gefährliche Erkrankungen durch ungesunde Ernährung
Der Verzehr von ultra-hochverarbeiteten Lebensmitteln werde mit vielen Krankheiten in Verbindung gebracht, wie beispielsweise Fettleibigkeit, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und einigen Formen von Krebs.
Und wenn man den Verzehr von ultra-hochverarbeiteten Lebensmitteln so zurückschrauben würde, dass dieser wieder bei dem Wert von vor zehn Jahren liegt, wäre dies mit einer Reduzierung der damit verbundenen vorzeitigen Todesfälle um 21 Prozent verbunden, so Nilson.
Die neue Studie liefere ein Instrument zur Schätzung von Todesfällen, welche auf ultra-hochverarbeitete Lebensmittel zurückzuführen sind. Dies könne Ländern helfen, die gesundheitlichen Belastungen durch entsprechende Lebensmittel abzuschätzen und gleichzeitig dazu beitragen, wirksame Optionen zur Förderung eines gesünderen Lebensmittelumfelds zu entwickeln.
Der Mediziner fügt hinzu, dass die Studie deutlich zeige, wie dringend politische Maßnahmen benötigt werden, die helfen, den Konsum von ultra-hochverarbeiteten Lebensmitteln einzuschränken. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Eduardo A.F. Nilson, Gerson Ferrari, Maria Laura C. Louzada, Renata B. Levy, Carlos A. Monteiro, et al.: Premature Deaths Attributable to the Consumption of Ultraprocessed Foods in Brazil; in: American Journal of Preventive Medicine (veröffentlicht 07.11.2022), AJPM
- Elsevier: Ultraprocessed foods linked to premature deaths (veröffentlicht 07.11.2022), Elsevier
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.