Food Compass soll Krankheits- und Sterberisiko senken
Bereits im Jahr 2021 wurde ein neues Bewertungssystem für Lebensmittel namens Food Compass vorgestellt. Nun zeigt eine aktuelle Studie, dass Menschen ihr Krankheits- und Sterberisiko senken können, wenn sie sich nach den Empfehlungen dieses Systems ernähren.
Das Bewertungssystem „Food Compass“ wurde von der Friedman School of Nutrition Science and Policy an der Tufts University (USA) entworfen, um Lebensmittel umfangreich bezüglich ihres gesundheitlichen Nutzens zu bewerten. Nun zeigt eine aktuelle Studie, dass dieses System bei Berücksichtigung in der täglichen Ernährung dazu beitragen kann, Krankheitsrisiken zu senken. Die Forschungsergebnisse wurden in dem renommierten Fachjournal „Nature Communications“ vorgestellt.
Altes Wissen und dennoch schwer umsetzbar
Dass die Ernährung einen entscheidenden Einfluss auf unsere Gesundheit hat, ist eine uralte Erkenntnis und wurde bereits von dem griechischen Arzt und Lehrer Hippokrates um das Jahr 400 v. Chr. thematisiert.
Doch gerade in der modernen Gesellschaft gestaltet sich die Umsetzung dieses alten Wissens nicht immer leicht. Gesunde Lebensmittel in Supermärkten und Restaurants von ungesundem Essen zu unterscheiden ist auf einen Blick kaum möglich, es sei denn, man kauft die Grundzutaten und kocht selbst.
Was ist Food Compass?
Das neue Konzept „Food Compass“ soll Menschen dabei helfen, gesündere Entscheidungen bei der Auswahl von Lebensmitteln zu treffen. Das System bewertet dabei den Gesamternährungswert eines Lebensmittels, eines Getränkes oder eines Fertiggerichtes. Hierzu werden neun Bereiche eines Produktes berücksichtigt, darunter beispielsweise
- das Nährstoffverhältnis,
- die Zutaten,
- die Vitamine,
- die Mineralstoffe,
- der Grad der Verarbeitung,
- verwendete Zusatzstoffe.
Bereits 10.000 Produkte bewertet
In den USA wurden bereits 10.000 häufig verkaufte Lebensmittel mithilfe des Systems bewertet. Jedes Produkt erhält dabei eine Punktzahl zwischen 1 und 100, je höher, desto gesünder. Die Forschenden, die Food Compass entwickelten, raten dazu, größtenteils nur Speisen zu verzehren, die eine Bewertung von über 70 Punkten erzielen.
Lebensmittel mit einer Bewertung von 31 bis 69 sollten reduziert und nur in Maßen konsumiert werden. Auf Produkte, die nur 30 Punkte oder weniger erhielten, sollte zugunsten der Gesundheit weitgehend verzichtet werden.
Nutzen des Food Compass überprüft
„Ein System zur Erstellung von Nährwertprofilen soll ein objektives Maß dafür sein, wie gesund ein Lebensmittel ist“, erläutert Studienhauptautorin Meghan O’Hearn von der Friedman School. Ihr zufolge müssten Menschen, die ein solches System in der Ernährung berücksichtigen, auch eine bessere Gesundheit aufweisen. Ob dies tatsächlich der Fall ist, wurde in der aktuellen Studie überprüft.
Die Arbeitsgruppe verwendete hierfür repräsentative Ernährungsaufzeichnungen und Gesundheitsdaten von rund 48.000 US-amerikanischen Erwachsenen im Alter von 20 bis 85 Jahren. Die Daten wurden in den Jahren 1999 bis 2018 erhoben.
Die erste erschreckende Erkenntnis der Studie war, dass der Gesamtdurchschnittswert der Ernährung bei allen Teilnehmenden nur bei 35,5 von 100 Punkten lag. Im Durchschnitt ernährten sich die Probandinnen und Probanden also eher ungesund.
„Eine der alarmierendsten Entdeckungen war, wie schlecht die nationale Durchschnittsernährung ist“, bestätigt O’Hearn. Dies sei ein deutlicher Aufruf zum Handeln, um die Qualität der Ernährung zu verbessern.
Im Rahmen der Studie verglichen die Forschenden die ermittelten Ernährungswerte der einzelnen Personen mit deren Gesundheitsaufzeichnungen. Dabei wurden gängige Risikofaktoren berücksichtigt wie zum Beispiel Alter, Geschlecht, Bildung, Einkommen, Raucherstatus, Alkoholkonsum, körperliche Aktivität und Grunderkrankungen wie Diabetes.
Höhere Durchschnittspunktzahl = bessere Gesundheit
Die Auswertung der Daten zeigte, dass eine höhere Punktzahl nach dem Food-Compass-Ernährungswert mit niedrigeren Werten für den Blutdruck, Blutzucker, Cholesterin und den Body-Mass-Index verbunden war.
Darüber hinaus war auch die Prävalenz von verschiedenen Erkrankungen wie Krebs und dem metabolischen Syndrom geringer. Pro zehn Punkte Anstieg sank das Risiko für einen vorzeitigen Tod aus allen Ursachen um sieben Prozent.
„Bei der Suche nach gesunden Lebensmitteln und Getränken kann es ein bisschen wie im Wilden Westen zugehen“, kommentiert Ernährungsprofessor Dariush Mozaffarian. Die Ergebnisse der Studie untermauern ihm zufolge, dass der Food Compass ein funktionierendes Instrument für gesündere Lebensmittel-Kaufentscheidungen darstellt.
Food Compass: Umfangreicher als andere Systeme
Das System bewerte im Vergleich zu anderen Ernährungsbewertungen die Produkte umfangreicher. Anstatt beispielsweise den Gehalt an Fetten, Natrium oder Ballaststoffen isoliert zu messen, werde eine nuanciertere und ganzheitlichere Sichtweise eingenommen, indem das Verhältnis von gesättigten zu ungesättigten Fetten, von Natrium zu Kalium und von Kohlenhydraten zu Ballaststoffen bewertet wird.
Für Zutaten wie beispielsweise Obst, Gemüse, Bohnen, Hülsenfrüchte, Vollkorngetreide, Nüsse und Samen, Fisch, Joghurt und pflanzliche Öle, die nachweislich gesundheitsfördernd sind, steigt die Gesamtpunktzahl eines Produktes.
Für Zutaten, die nachweislich einen negativen Effekt auf die Gesundheit haben, wie beispielsweise raffiniertes Getreide, rotes und verarbeitetes Fleisch sowie hochverarbeitete Lebensmittel und Zusatzstoffe, sinkt die Gesamtpunktzahl eines Produktes.
Verglichen mit dem in Deutschland üblichen Nutri-Score ist der Food Compass wesentlich komplexer in der Bewertung und berücksichtigt mehr Feinheiten.
Fortlaufende Aktualisierungen
Die Bewertung der einzelnen Produkte wird fortlaufend auf Grundlage der aktuellen Studienlage aktualisiert. „Wir wissen, dass der Food Compass nicht perfekt ist“, unterstreicht Mozaffarian. Aber er biete eine bessere und ganzheitlichere Bewertung des Nährwerts als bestehende Systeme. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Tufts University: Tufts Researchers Find Link Between Foods Scored Higher By New Nutrient Profiling System and Better Long-Term Health Outcomes (veröffentlicht: 16.11.2022), now.tufts.edu
- O’Hearn, M., Erndt-Marino, J., Gerber, S. et al. Validation of Food Compass with a healthy diet, cardiometabolic health, and mortality among U.S. adults, 1999–2018. Nat Commun 13, 7066 (2022). https://doi.org/10.1038/s41467-022-34195-8, nature.com
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.