Herzrhythmusstörungen mit speziellen Smartphone-Apps aufspüren
Millionen Menschen leiden an Vorhofflimmern. Allerdings bleibt die häufigste Herzrhythmusstörung oft lange Zeit unbemerkt. Forschende berichten nun aber, dass die Arrhythmie mithilfe von einer Smartphone-App in Kombination mit einem Fitnessarmband aufgespürt werden kann.
Fitnessarmbänder in Verbindung mit speziellen Smartphone-Apps können unbemerkte Herzrhythmusstörungen aufspüren. In einer in der Fachzeitschrift „European Heart Journal – Digital Health“ veröffentlichten Studie erhielten ältere Menschen, bei denen bis dahin keine Rhythmusstörung bekannt war, ein Armband, mit dem sie ihren Herzrhythmus überprüften. Dabei wurden Arrhythmien im Herzvorhof bei fünf Prozent der Teilnehmenden gefunden.
Vorhofflimmern bleibt oft lange unerkannt
Laut einer Mitteilung des Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V. (AFNET), das die Studie durchgeführt hat, ist Vorhofflimmern die häufigste Herzrhythmusstörung und eine zunehmende Volkskrankheit, an der etliche Millionen Menschen in Europa leiden. Betroffen sind vor allem Ältere.
Bei vielen verursacht die Rhythmusstörung zunächst keine Beschwerden und bleibt daher häufig lange unerkannt und unbehandelt. Das kann gefährlich sein, denn ältere Menschen mit Arrhythmien im Herzvorhof haben ein erhöhtes Risiko für Schlaganfälle und andere schwere Komplikationen – möglicherweise auch dann, wenn die Rhythmusstörung nur zeitweise vorliegt und von den Betroffenen selber gar nicht wahrgenommen wird.
Wenn die Rhythmusstörung rechtzeitig erkannt wird, kann eine Behandlung, beispielsweise durch blutgerinnungshemmende Medikamente, Schlaganfälle verhindern.
Fachleute raten deshalb dazu, im Rahmen eines Screenings in der älteren Bevölkerung gezielt nach Rhythmusstörungen zu suchen. Moderne Fitnessarmbänder, sogenannte Wearables, in Verbindung mit Smartphone-Apps eröffnen dafür einen neuen unkomplizierten Weg.
Studie mit Älteren
Die aktuelle Studie wurde in Deutschland, Polen und Spanien während der COVID-19-Pandemie im Jahr 2021 durchgeführt. 882 ältere Menschen im Alter zwischen 65 und 90 Jahren erhielten ein kontinuierliches Screening auf Vorhofrhythmusstörungen.
Bedingung war, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bisher kein bekanntes Vorhofflimmern hatten und keine gerinnungshemmenden Medikamente einnahmen.
„Wir brauchen einfache Methoden zur Erkennung von Vorhofrhythmusstörungen bei Risikogruppen, um Vorhofflimmern rechtzeitig entdecken und eine Behandlung einleiten zu können“, erläutert die wissenschaftliche Leiterin der Studie, Prof. Larissa Fabritz, Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf (UKE) und Universität Birmingham, Großbritannien, den Hintergrund der Studie.
„Daher haben wir die Smart in OAC – AFNET 9 Studie durchgeführt, in der wir die Brauchbarkeit eines vollständig digitalen Nachweissystems für Vorhofrhythmusstörungen bei älteren Menschen überprüft haben.“
Kontinuierliche Überwachung des Herzrhythmus
Seniorinnen und Senioren wurden auf unterschiedlichen Wegen zur Teilnahme eingeladen. Die Mehrheit der Teilnehmenden wurden durch Aufrufe in Zeitungen oder im Fernsehen erreicht oder auf Informationsveranstaltungen angesprochen.
Die restlichen Probandinnen und Probanden wurden durch Broschüren, über Hausärztinnen und Hausärzte, auf einer Website, in Krankenhausambulanzen oder Apotheken auf die Studie aufmerksam gemacht.
Wer sich zur Studienteilnahme entschied, erhielt ein Armband mit einem Sensor, welcher in Verbindung mit einer App auf dem Smartphone den Puls messen konnte. Damit wurde eine kontinuierliche Überwachung des Herzrhythmus für acht Wochen ermöglicht, die angesichts der Corona-Pandemie vollständig kontaktlos von zu Hause durchgeführt werden konnte.
Hohe Nachweisrate
Bei 44 Personen (fünf Prozent der Teilnehmenden) wurden Vorhofrhythmusstörungen innerhalb von vier Wochen gefunden. Dabei wurden in der allerersten Woche deutlich mehr Arrhythmien nachgewiesen als in den folgenden Wochen. Nur bei wenigen Personen traten Rhythmusstörungen nach über vier Wochen erstmalig auf.
„Smart in OAC – AFNET 9 hat ein Smartphone- und Wearable-basiertes Nachweissystem für Rhythmusstörungen bei älteren Menschen in verschiedenen europäischen Ländern erfolgreich angewandt“, sagt Prof. Fabritz.
„Angebote zur technischen Unterstützung aus der Ferne wurden von den Teilnehmenden gerne angenommen, und die Bereitschaft zur Teilnahme war hoch. Das zeigt die Durchführbarkeit für diese Altersgruppe. Unser Screening hat Vorhofrhythmusstörungen bei fünf Prozent der älteren Erwachsenen entdeckt“, erklärt die Wissenschaftlerin.
„Die Nachweisrate war in der ersten Woche hoch und nahm danach ab. Das legt nahe, dass relativ kurze Beobachtungszeiträume ausreichen, um ältere Menschen mit Vorhofrhythmusstörungen zu finden. Diese Ergebnisse ermutigen dazu, ein vollständig digitales, auf Alltagselektronik basierendes System für ein Screening auf Vorhofrhythmusstörungen bei älteren Menschen zu nutzen.“ (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V. (AFNET): Wearable-basiertes Screening entdeckt Vorhofrhythmusstörungen bei fünf Prozent der Älteren, (Abruf: 29.11.2022), Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V. (AFNET)
- L Fabritz, D L Connolly, E Czarnecki, D Dudek, E Guasch, D Haase, T Huebner, A Zlahoda-Huzior, K Jolly, P Kirchhof, J Obergassel, U Schotten, E Vettorazzi, S J Winkelmann, A Zapf, R B Schnabel, for the Smart in OAC—AFNET 9 investigators: Smartphone and wearable detected atrial arrhythmias in Older Adults: Results of a fully digital European Case finding study; in: European Heart Journal - Digital Health, (veröffentlicht: 01.11.2022), European Heart Journal - Digital Health
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.