Metastasen stoppen: Erkenntnisse über die Ausbreitung von Krebs
Ein internationales Forscherteam hat einen neuen Mechanismus aufgedeckt, der es Krebszellen ermöglicht, sich im ganzen Körper auszubreiten. Die Erkenntnisse eröffnen einen neuen Angriffspunkt, um die Bildung von Metastasen zu stoppen, die für rund 90 Prozent aller Krebs-Todesfälle verantwortlich sind.
Forschende der University of Alberta berichten in dem renommierten Fachjournal „Nature“ von einem neuen potenziellen Ziel, um die Metastasierung von Krebs zu stoppen. Die Kernerkenntnis der Studie ist, dass Krebszellen sich besonders schnell ausbreiten, wenn die Flüssigkeit, von der sie umgeben sind, eine bestimmte Viskosität aufweist und dass diese Fließfähigkeit vom Primärtumor beeinflusst wird.
Viskosität bestimmt die Fähigkeit zur Ausbreitung
Dass Zellen auf physikalische Reize wie Druck reagieren, ist bereits lange bekannt. Wie sich physikalische Faktoren jedoch auf die pathologischen Bedingungen zur Verbreitung von Krebs im Körper auswirken, gilt bislang als nicht ausreichend verstanden. Die aktuelle Forschungsarbeit bringt an dieser Stelle mehr Licht ins Dunkel und eröffnet so neue Angriffspunkte gegen Metastasen.
Zähflüssiger Lymphabfluss beschleunigt die Ausbreitung
Wie die Arbeitsgruppe mithilfe modernster Bildgebung nachweisen konnte, brauchen Krebszellen eine bestimmte Viskosität in der Flüssigkeit, von der sie umgeben sind. Je zähflüssiger die Umgebung ist, desto besser können sich die Krebszellen darin bewegen und sich so schneller verbreiten.
Der Haupttumor selbst beeinflusst dabei über einen Signalweg, der im Rahmen der Studie identifiziert wurde, die Viskosität der Umgebungsflüssigkeit und schafft so Bedingungen, in denen sich die Krebszellen gut bewegen können.
Die Tumorzellen können sich umso schneller ausbreiten, je dicker die Lymph-Flüssigkeit ist. Der Primärtumor beeinträchtigt über einen Signalweg gezielt den Lymphabfluss, um die Viskosität zugunsten der Krebszellen zu verändern.
90 Prozent der Krebs-Todesfälle durch Metastasen verursacht
Diese Erkenntnis spielt bei allen Krebserkrankungen eine Rolle, bei denen die Metastasierung zum Tod führt – was in etwa bei 90 Prozent aller Krebserkrankungen mit tödlichem Verlauf der Fall ist. Die Beeinflussung des entdeckten Signalwegs könnte den Forschenden zufolge Optionen eröffnen, um die Ausbreitung von Krebs zu verlangsamen oder sogar zu stoppen.
Erste Studie dieser Art
„Dies ist das erste Mal, dass die Viskosität der extrazellulären Flüssigkeit im Detail untersucht wurde“, betont Professor John D. Lewis von der University of Alberta.
„Jetzt, da wir wissen, dass die Viskosität der Flüssigkeit den Krebszellen signalisiert, sich auf eine bestimmte Art und Weise zu bewegen, können wir möglicherweise Medikamente einsetzen, um diesen Signalweg kurzzuschließen und die Krebszellen dazu zu bringen, langsamer zu werden oder vielleicht sogar zu stoppen“, folgert der Wissenschaflter.
„Wir haben gezeigt, dass, wenn dieser Signalweg in Krebszellen gestört wird, sich ihre Fähigkeit verändert, aus dem Blutkreislauf zu entkommen und Metastasen zu bilden“, betont Lewis. Er gibt allerdings auch zu bedenken, dass es noch zehn bis 15 Jahre dauern kann, bis Patientinnen und Patienten von dieser Erkenntnis profitieren. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Bera, K., Kiepas, A., Godet, I. et al. Extracellular fluid viscosity enhances cell migration and cancer dissemination. Nature 611, 365–373 (2022). https://doi.org/10.1038/s41586-022-05394-6, nature.com
- University of Alberta: New clue discovered for how and why cancer cells spread (veröffentllicht: 05.12.2022), ualberta.ca
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.