Altersbedingter Muskelabbau könnte aufgehalten werden
Mit zunehmendem Alter bauen sich unsere Muskeln ab. Ein Prozess, der bereits ab 30 Jahren beginnt. Der altersbedingte Muskelschwund ist Teil des natürlichen Alterungsprozesses und lässt sich nicht aufhalten – oder doch? Ein Forschungsteam entdeckte nun die mögliche Ursache für den Muskelabbau im Alter und einen potenziellen Weg, den Verlust zu stoppen.
Ein internationales Forschungsteam identifizierte eine mögliche Ursache für den altersbedingten Muskelabbau. Die Erkenntnisse eröffnen eine Möglichkeit, den natürlichen Muskelschwund zu stoppen, sodass Menschen ihre Muskelkraft und ihre Mobilität bis ins hohe Alter bewahren könnten. Die Forschungsergebnisse wurden kürzlich in dem renommierten Fachjournal „Nature Aging“ vorgestellt.
Altersbedingter Muskelschwund – ein natürlicher Alterungsprozess
Der altersbedingte Muskelabbau ist ein natürlicher Teil des Alterungsprozesses, bei dem der Körper mit zunehmendem Alter an Muskelmasse verliert. Der Prozess kann bereits in einem Alter ab 30 Jahren beginnen. Ab 80 Jahren haben Menschen durchschnittlich rund 50 Prozent ihrer Muskelmasse verloren.
Der Prozess wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst, darunter hormonelle Veränderungen, körperliche Aktivität und die Art der Ernährung. Ein weit fortgeschrittener Muskelabbau stellt eine zunehmende Gesundheitsgefahr für Betroffene dar und bringt beispielsweise ein erhöhtes Risiko für Stürze, Knochenbrüche, eingeschränkte Mobilität und verminderten Stoffwechsel mit sich.
Mögliche Ursache für altersbedingten Muskelschwund entdeckt
Warum genau der altersbedingte Muskelschwund eintritt, konnte bislang nicht abschließend geklärt werden. Eine internationale Forschungsgruppe unter Leitung von Johan Auwerx von der Schweizer Universität École Polytechnique Fédérale de Lausanne entdeckte nun eine potenzielle Ursache für den Muskelabbau und eröffnete gleichzeitig einen möglichen Weg, den Muskelschwund aufzuhalten.
Im Alter lagern sich Ceramide in den Muskeln ab
Das Team entdeckte an Mäusen, dass sich mit zunehmendem Alter vermehrt Ceramide in den Muskeln anlagern. Dabei handelt es sich um Fette, die natürlicherweise in der Haut vorkommen und oftmals in Pflegeprodukten enthalten sind.
Zurückzuführen ist diese Anreicherung der Studie zufolge auf eine Überlastung verschiedener Proteine, die für die Umwandlung von Fettsäuren und Aminosäuren in Ceramide benötigt werden.
Muskelschwund konnte bei Mäusen aufgehalten werden
Als die Forschenden die Ceramid-Synthese in den Muskeln der Mäuse blockierten, wurde der Verlust von Muskelmasse während des Alterns deutlich reduziert. Die Mäuse wiesen im Vergleich zu gleichaltrigen Tieren, bei denen die Ceramid-Synthese nicht blockiert wurde, im hohen Alter eine höhere Muskelmasse auf und waren in der Lage, längere Strecken zu laufen.
Durch eine RNA-Sequenzierung fand die Arbeitsgruppe heraus, warum eine Blockierung der Ceramid-Bildung diesen Effekt hatte. „Es stellte sich heraus, dass die Blockade der Ceramid-Produktion die Muskelstammzellen aktiviert, so dass die Muskeln mehr Proteine aufbauen und sich der Fasertyp in Richtung der schnell zuckenden, glykolytischen Muskeln verschiebt, wodurch die Muskeln der gealterten Mäuse größer und stärker werden“, erklärt Studienhauptautorin Dr. Pirkka-Pekka Laurila.
Menschen mit bestimmter Genetik verlieren weniger Muskeln
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler überprüften die Entdeckung auch bei älteren Menschen aus Helsinki. 25 Prozent der untersuchten 70- bis 80-jährigen Teilnehmenden wiesen eine bestimmte Form eines Gens auf, welches die Ceramid-Produktion in den Muskeln reduziert.
Menschen mit dieser Gen-Form konnten im Alter länger gehen, waren kräftiger und konnten sich besser von einem Stuhl erheben als Teilnehmende, die diese Gen-Form nicht aufwiesen.
„Diese Ergebnisse sind sehr wichtig, da sie uns einen starken Anreiz geben, Hemmstoffe zu entwickeln, die am Menschen getestet werden könnten“, resümiert Forschungsleiter Auwerx.
Natürliche Maßnahmen gegen Muskelschwund
Ob und wann daraus ein Medikament gegen den altersbedingten Muskelschwund entsteht ist jedoch unklar. Jede Person kann allerdings selbst eine Reihe von Maßnahmen ergreifen, um den Muskelabbau auf natürliche Weise einzudämmen.
Zu den wichtigsten Maßnahmen gehören eine regelmäßige körperliche Betätigung, eine gesunde und eiweißreiche Ernährung sowie gezieltes Muskeltraining, beispielsweise mit Hanteln oder Widerstandsbändern. Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr und ausreichend Schlaf sind ebenfalls wichtig für die Gesundheit der Muskeln. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Laurila, PP., Wohlwend, M., Imamura de Lima, T. et al. Sphingolipids accumulate in aged muscle, and their reduction counteracts sarcopenia. Nat Aging (2022). https://doi.org/10.1038/s43587-022-00309-6, nature.com
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.