Kommen Jugendliche das erste Mal mit alkoholischen Getränken in Kontakt, hat das oft heftige Folgen. Weil sie die Wirkung noch nicht einschätzen können, sind Übelkeit und Erbrechen nach dem Trinken nichts Seltenes – doch im Ernstfall kann der Abend auch im Krankenhaus enden. Daher sollten Eltern mit ihren Kindern offen über Alkohol sprechen und den richtigen Umgang mit Getränken wie Bier und Wein üben.
Jugendliche können die Wirkung von Alkohol nicht einschätzen
Starten Jugendliche die ersten „Trinkversuche“, endet das häufig mit einer Nacht über der Toilettenschüssel und einem schweren Kater am nächsten Tag. Kein Wunder, denn die Wirkung von Bier, Wein und Co. auf den eigenen Körper ist in diesem Alter noch unbekannt. „Woher sollen die Jugendlichen denn wissen, wie man mit der legalen Droge Alkohol umgeht, wenn es ihnen keiner beibringt?“, sagt Professor Klaus Hurrelmann, Erziehungswissenschaftler an der Hertie School of Governance in Berlin, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur „dpa“.
Erste Trink-Erfahrungen oft schon mit 13 Jahren
Damit der richtige Umgang mit Alkohol gelernt werden kann, müsse dem Experten zufolge ein Umdenken erfolgen. Denn viele Eltern würden sich auf Verbote und das Jugendschutzgesetz berufen, nach welchem Bier, Wein oder Sekt erst ab 16 sowie hochprozentiges alkoholische Getränke (Spirituosen) erst ab 18 Jahren erlaubt sind. Mit Sätzen wie „Das ist noch nichts für dich” oder „Lass die Finger davon, das tut Dir nicht gut“ versuchen viele Mütter und Väter ihre Kinder vom Trinken fern zu halten. Doch dass sei laut Hurrelmann unrealistisch, denn Alkohol sei überall verfügbar und viele Jugendliche würden die ersten Erfahrungen heute schon mit 12, 13 Jahren machen. „Wir müssen weg von Verboten und Tabuisierung, denn die Erfahrung zeigt, dass damit nichts bewirkt werden kann“, betont der Experte.
Mädchen probieren früher als Jungs
Häufig probieren Teenies alkoholische Getränke zuerst gemeinsam mit Freunden, wobei Mädchen noch etwas früher starten als Jungs, erläutert Jörg Kreutziger vom Frühinterventionsprojekt HaLT weiter gegenüber der „dpa“. Die unangenehmen Folgen des „Partysaufens“ würden dabei oft in Kauf genommen, denn vielen Jugendlichen gehe es darum, sich auszuprobieren und mit anderen zu messen, so Johannes Lindenmeyer, Suchtexperte und Begründer des Projekts “Lieber schlau als blau”. Sprechen Eltern das Thema „Alkohol“ zu Hause nicht an, würden sie daher laut Hurrelmann ihre pädagogische Aufgabe ignorieren, das Kind beim richtigen Umgang damit zu unterstützen.
Laut Lindenmeyer verhalte es sich beim Alkohol-Trinken ähnlich wie beim Fahrradfahren: „Natürlich kann man einem Kind einfach ein Fahrrad hinstellen und es so lange allein damit experimentieren lassen, bis es von ganz alleine lernt, damit zu fahren.” Auch wenn die besorgten Eltern immer wieder warnen, dass es stürzen könne, würde das Kind demnach trotzdem fahren, „deshalb geben wir Kindern Stützräder und Sturzhelme, so sollten wir es beim Alkoholtrinken auch halten“, führt der Suchtexperte weiter aus.
Mit dem Kind im Gespräch bleiben
Doch was können Eltern tun, um mit ihrem Kind den Umgang mit Alkohol richtig zu „trainieren“? Laut Klaus Hurrelmann eine generell schwer zu beantwortende Frage, denn während das eine Kind schon früh Interesse zeigt, lassen Bier und Wein andere völlig kalt. Daher sollten Eltern versuchen, den richtigen Zeitpunkt heraus zu finden und sich mit ihrem Kind auszutauschen. Wird im Gespräch klar, dass die Freunde schon Kontakt mit Alkohol haben, sollte dem Experten zufolge unbedingt reagiert werden.
„Üben“ sollte hier jedoch nicht falsch verstanden werden, denn einem Jugendlichen Alkohol zu geben und zu sagen „Los geht’s!“ sei nicht der richtige Weg. Stattdessen gelte es, den richtigen Rahmen wie z.B. den Geburtstag der Oma zu wählen, damit Kinder lernen, dass Alkohol an besonderen Anlässen und in Gesellschaft getrunken wird. Hier könnten auch Jugendliche unter 16 Jahren unter der Aufsicht der Eltern ruhig schon mal mit einem Glas Sekt anstoßen oder ein Alster zum Essen trinken. Wichtig sei es jedoch, „im Vorfeld darüber zu sprechen und die Menge klar zu begrenzen“ so Hurrelmann weiter. Generell sei es zudem wichtig, dass die Eltern als Vorbild fungieren und auf der Feier selbst nur in begrenztem Maße zu Wein, Bier o.ä. greifen, betont Jörg Kreutziger.
Teenies sachlich über mögliche Folgen aufklären
Kinder, die keinen Alkohol trinken möchten, bräuchten den Konsum natürlich auch nicht zu üben. Andersrum könnten Eltern, die nicht trinken, das Thema jedoch nicht ignorieren. „Man kann dem Jugendlichen natürlich immer sagen, dass man Alkohol ablehnt”, doch die Gefahr, dass dieser dadurch an Attraktivität gewinnt, sei nicht zu unterschätzen, so der Experte weiter. Stattdessen sollte das Augenmerk auf die Aufklärung über mögliche Folgen gerichtet werden, denn viele Teenager wüssten nicht, dass man z.B. nach dem „Komasaufen“ im Schlaf an seinem Erbrochenen ersticken könne. Sprechen Eltern diese Bedenken sachlich an, würden Kinder diese auch annehmen und selbst wenn der erste „Absturz“ bereits erlebt wurde, hätten Eltern weiterhin großen Handlungsspielraum.
„Mit Verständnis und Strenge sollte dann klargestellt werden: So nicht.” Hat das Kind das Interesse am Alkohol nicht verloren, sollte dann aufgezeigt werden, wie es „wenigstens mit klugem Kopf“ trinken könne. Hierfür könne man den Teenie im gemeinsamen Beisammensein etwas trinken lassen und hinterher z.B. Matheübungen rechnen, um zu demonstrieren, wie schon kleine Mengen Alkohol wirken. Ein solches Training sei laut Hurrelmann „die beste Vorbeugung für einen Vollrausch.” (nr)
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