Wie Bildschirme und Lebensstil unseren Biorhythmus stören
Technische Geräte samt ihrer Bildschirme vereinfachen uns den Alltag und bescheren uns Unterhaltung in der Freizeit. Doch laut aktuellen Studien beeinflussen sie auch unseren biologischen Rhythmus – also die innere Uhr, was wiederum Einfluss auf Gesundheit und Wohlbefinden haben könnte.
Forschende des FOM Hochschule sowie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung haben im Rahmen des Projekts CIRCADIA eine systematische Bestandsaufnahme der Zusammenhänge zwischen biologischen Rhythmen, Gesundheit und Wohlbefinden durchgeführt. Die Ergebnisse wurden in einem Policy Brief zusammengefasst.
Was ist der circadiane Rhythmus?
Alle Zellen in unserem Körper richten sich an dem natürlichen Tag-Nacht-Wechsel in einem Zeitfenster von circa 24 Stunden aus. Durch diesen Prozess, der oft als innere Uhr bezeichnet wird, werden lebensnotwendige Abläufe wie der Schlaf-Wach-Rhythmus im menschlichen Körper reguliert.
Der Körper muss diesen Rhythmus ständig anpassen. Der stärkste Faktor, der Einfluss darauf nimmt, ist das Licht. Fehlendes Tageslicht sowie künstliches Licht zur falschen Zeit geben dem circadianen Rhythmus falsche Impulse und können schlimmstenfalls zu einer Störung des Biorhythmus führen.
Von „Lerchen“ und „Eulen“
Darüber hinaus ist die innere Uhr nicht bei allen Menschen gleich getaktet. Das Leistungshoch des Tages ist von Person zu Person unterschiedlich und zum Teil genetisch festgelegt. Darauf basieren sogenannte Chronotypen wie „Lerchen“, die eher am frühen Morgen leistungsstark sind, und „Eulen“, die ihr Leistungshoch erst später am Tag erreichen.
Der circadiane Rhythmus ist essentiell für unser Überleben
Wie die Arbeitsgruppe unterstreicht, ist der circadiane Rhythmus essentiell für unser Überleben. Dennoch wird er bei vielen Menschen völlig vernachlässigt und unterdrückt, beispielsweise durch Nachtschichten, nächtliches Surfen im Internet oder auch durch das Klingeln des Weckers am frühen Morgen.
Was bei Nichtbeachtung der inneren Uhr passiert
Das Nichtberücksichtigen des Biorhythmus kann nach Angaben des Forschungsteams
- Wohlempfinden und Gesundheit belasten,
- die Stressbelastung steigern,
- den Schlaf verschlechtern,
- die innere Uhr aus dem Takt bringen.
Circadiane Desynchronisation
Die innere Uhr kann als Zentrum der Leistungsfähigkeit betrachtet werden. Bereits nach einer Nacht schlechtem Schlaf sinkt unsere Leistungsfähigkeit deutlich. Langfristig kann dies zu Störungen führen und vielfältige gesundheitliche Probleme begünstigen.
Der circadiane Rhythmus ist unter anderem an der Ausschüttung von Hormonen, an physiologischen Prozessen wie gesundem Schlaf, an der Regelung des Immunsystems sowie an der Funktion des Herz-Kreislaufsystems beteiligt. Störungen des Biorhythmus werden in der Medizin als circadiane Desynchronisation beschrieben.
Es mangelt noch an gesellschaftlichem Interesse
Bei der Sichtung der bisherigen Forschungsergebnisse zu dem Thema, kommt die Arbeitsgruppe zu dem Schluss, dass der circadiane Rhythmus einen enormen Einfluss auf unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden zu haben scheint. Das Interesse an dem Thema müsse in der Politik, Wirtschaft und Gesellschaft jedoch noch deutlich gesteigert werden.
Außerdem muss in kommenden Studien noch mehr über die grundlegenden Mechanismen herausgefunden werden, um besser zu verstehen, wie die innere Uhr unsere Gesundheit beeinflusst und wie eine Entrhythmisierung vermieden oder verringert werden kann.
„In unserem ersten CIRCADIA-Policy Brief weisen wir daraufhin, dass es zunächst einer stärkeren gesellschaftlichen Aufmerksamkeit für das Thema circadiane Tagesrhythmen bedarf“, resümiert Professorin Dr. Kerstin Cuhls, die das Projekt am Fraunhofer ISI leitet.
Innere Uhr als individuelles Merkmal wahrnehmen
„Unsere innere Uhr sollte als ein individuelles, biologisches Merkmal vergleichbar mit der Körpergröße, dem Körpergewicht oder dem Geschlecht verstanden werden“, hebt Professorin Cuhls hervor.
Ihr zufolge lässt sich der Chronotyp jedes Menschen wissenschaftlich ermitteln und damit auch die individuelle innere Uhr. Dies könnte beispielsweise für individuellere Arbeitszeitmodelle oder Lernprogramme genutzt werden.
Sommerzeit als potenzieller Störfaktor
„Die Abschaffung der Sommerzeit wäre eine Möglichkeit, einen menschengemachten Störfaktor für die menschlichen Rhythmen auszuschließen“, ergänzt Professor Dr. habil. Thomas Kantermann, der das Projekt an der FOM Hochschule koordiniert.
„Und nicht zuletzt bedarf es mehr Aufklärung und Vorsorge im Hinblick auf die Frage, wie Licht unsere innere Uhr beeinflusst, wie wichtig natürliches Tageslicht für den Menschen ist und wie sich insgesamt mehr Lichtexposition im Alltag von Menschen erreichen ließe“, so der Professor. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Policy Brief: Der circadiane Rhythmus Essenziell für unser Überleben, häufig vernachlässigt (PDF, veröffentlicht: 01.02.2023), isi.fraunhofer.de
- FOM Hochschule: Beeinflussen Bildschirme unseren Biorhythmus? (veröffentlicht: 02.02.2023), fom.de
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.