Wie reaktive Sauerstoffspezies mit Krebs verbunden sind
Reaktive Sauerstoffspezies, die oft vereinfacht als freie Radikale oder Sauerstoffradikale bezeichnet werden, wurden bereits in mehreren Studien mit der Entstehung von Krebs in Verbindung gebracht. Ein Forschungsteam wies nun erstmals nach, dass nicht alle reaktiven Sauerstoffspezies gleich gefährlich sind.
Fachleute der Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V. stellen die Ergebnisse einer neuen Studie vor, die kürzlich in dem Fachjournal „Angewandte Chemie“ veröffentlicht wurde. Im Rahmen der Forschungsarbeit wurde erstmals belegt, dass bei Bauchspeicheldrüsen-Krebszellen vor allem der Wasserstoffperoxid-Spiegel erhöht ist, wodurch dieses Sauerstoffradikal zu einem interessanten Ziel in der Krebsbekämpfung werden könnte.
Was sind reaktive Sauerstoffspezies?
Reaktive Sauerstoffspezies werden im englischsprachigen Raum als reactive oxygen species bezeichnet, woher sich die Abkürzung ROS ableitet. Dabei handelt es sich um schädliche Formen des Sauerstoffs, die bei oxidativem Stress sowie bei der Alterung und bei verschiedenen Krankheiten eine Rolle spielen.
Viele unterschiedliche Sauerstoffverbindungen gehören zu den ROS. Sie entstehen überwiegend als Nebenprodukt der Zellatmung sowie bei Entzündungsreaktionen, um Viren und Bakterien abzutöten. Alle ROS sind hochreaktiv und haben ein starkes Bedürfnis, sich an andere Moleküle zu binden, beziehungsweise eine chemische Reaktion einzugehen.
Dabei können sie Zellbausteine wie Lipide und andere Moleküle angreifen und verändern. Die Zellen verfügen jedoch auch von sich aus über viele unterschiedliche Mechanismen, um ROS unschädlich zu machen.
Sind ROS an der Entstehung von Krebs beteiligt?
In vorherigen Krebsforschungsarbeiten wurde immer wieder eine Beteiligung von reaktiven Sauerstoffspezies an der Entstehung von Krebs nahegelegt. Dabei wurden diese Sauerstoffverbindungen stets als eine Gruppe betrachtet, in der die verschiedenen reaktiven Sauerstoffspezies ähnliche Wirkungen auf den Körper haben.
Die Analyse dieser kleinen Moleküle gestaltet sich laut der Gesellschaft Deutscher Chemiker jedoch als schwierig, da ROS sehr kurzlebig sind. Einer Arbeitsgruppe der ETH Zürich um Renato Zenobi ist es nun gelungen, die drei weitverbreiteten ROS Wasserstoffperoxid, Superoxid und Hydroxylradikale in Krebszellen zu messen.
Nicht alle ROS haben die gleiche Auswirkung
Dabei konnte das Team erstmals nachweisen, dass gerade Wasserstoffperoxid gegenüber den anderen Molekülen in Krebszellen der Bauchspeicheldrüse deutlich erhöht ist. Dieser erhöhte Spiegel trage entscheidend zur Vitalität der Krebszellen bei.
Wasserstoffperoxid als neues Ziel in der Krebsbekämpfung
Der Spiegel der anderen reaktiven Sauerstoffspezies in Bauchspeicheldrüsenkrebszellen ist laut der Studie jedoch nicht erhöht, wodurch „Wasserstoffperoxid zum interessanten Ziel in der Krebsbekämpfung“ werden könnte, schreiben die Forschenden.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler folgern daraus, dass in Zellen des Bauchspeicheldrüsenkrebs die Regulation von Wasserstoffperoxid gestört ist, nicht aber die Regulation anderer ROS. Die Arbeitsgruppe empfiehlt daher, reaktive Sauerstoffspezies und insbesondere Wasserstoffperoxid in Zukunft differenzierter zu betrachten. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V.: Reaktive Sauerstoffspezies in Krebszellen (veröffentlicht: 09.02.2023), nachrichten.idw-online.de
- Qinlei Liu, Wenjie Ge, Renato Zenobi, et al.: Mass Spectrometry Reveals High Levels of Hydrogen Peroxide in Pancreatic Cancer Cells; in: Angewandte Chemie (2023), onlinelibrary.wiley.com
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.