Krebs-Forschung: Ferroptose für Therapien nutzbar machen
Die Ferroptose oder der Eisentod ist eine Art des programmierten Zelltods, der durch die Anhäufung bestimmter Lipide in Zellen ausgelöst wird. Der Prozess wurde erst im Jahr 2012 als ein natürlicher Mechanismus entdeckt, mit dem der Körper kranke, defekte oder überflüssige Zellen abtötet. Laut aktueller Studie könnte die Ferroptose auch gezielt für die Krebs-Immuntherapie genutzt werden.
Forschende des Georg-Speyer-Hauses, des Universitätsklinikums Frankfurt sowie der Goethe-Universität Frankfurt konnten an Mäusen nachweisen, dass sich durch die gezielte Förderung der Ferroptose die Wirksamkeit von Immuntherapien gegen Leberkrebs und Darmkrebs-Metastasen verstärken lässt. Die Studienergebnisse wurden kürzlich in dem Fachjournal „Gut“ vorgestellt.
Was ist die Ferroptose?
Kennzeichnend für die Ferroptose ist die Anhäufung von Eisen beziehungsweise Lipidperoxiden in den Zellmembranen. Diese Anreicherung führt zu Membran-Schäden und schließlich zum Zelltod. Solchen Formen des programmierten Zelltods sind wichtige Steuerungselemente des Körpers beispielsweise bei Entwicklungsprozessen oder der Eliminierung defekter oder entarteter Zellen.
Die Ferroptose wird mit einer Vielzahl physiologischer und pathologischer Prozesse in Verbindung gebracht, darunter Krebs, neurodegenerative Erkrankungen und ischämische Organschäden. Der Eisentod ist im Fokus zahlreicher Forschungsarbeiten, um den Prozess medizinisch nutzbar zu machen.
- Passend zum Thema: Krebs: Schwachstelle entdeckt – Krebszellen sind abhängig von Eisen.
Immuntherapien gegen Krebs
Immuntherapien stehen seit einigen Jahren als Behandlungsoption bei bestimmten Krebs-Arten zur Verfügung. Dabei wird das körpereigene Immunsystem stimuliert, um Krebszellen effektiver bekämpfen zu können.
Bei der Bekämpfung von Krebszellen spielen sogenannte T-Zellen eine besondere Rolle. Diese Immunzellen sind in der Lage, Krebszellen abzutöten. T-Zellen besitzen jedoch eine Art „Aus-Schalter“, mit dessen Hilfe das Immunsystem die Aktivität von T-Zellen herunterregulieren kann. Diese Schalter werden in der Medizin als Immun-Checkpoints bezeichnet.
Wie Krebszellen Immunzellen ausschalten
Um T-Zellen „auszuschalten“, sind bestimmte Proteine erforderlich, die sich an die Immunzellen binden. Viele Krebszellen in Tumoren sind allerdings ebenfalls in der Lage, die entsprechenden Proteine zu bilden und angreifende T-Zellen so zu entschärfen. Eine medikamentöse Blockade dieses Schalters gehört daher zum Standard bei vielen Immuntherapien.
Leberkrebs derzeit nicht mit Immuntherapien behandelbar
Doch nicht bei allen Krebs-Arten funktioniert dieses Vorgehen. Bei Leberkrebs ist das Ansprechen auf diese Art der Behandlung leider nur gering. Das liegt nach Angaben des Forschungsteams vor allem an zwei Faktoren:
- Leberkrebszellen bilden ein Protein zum „Ausschalten“ von T-Zellen.
- Bei Leberkrebs werden weitere Immunzellen, die sogenannten Myeloide Suppressor-Zellen, aktiviert, die die Immunantwort des Körpers zusätzlich ausbremsen.
Ferroptose in die Immuntherapie einbinden
An dieser Stelle kann die bereits oben erwähnte Ferroptose einen entscheidenden Unterschied machen. Wie die Arbeitsgruppe herausfand, führt die gezielte Auslösung der Ferroptose zur Aktivierung von T-Zellen, die dann die Krebszellen in der Leber gezielt abtöten.
Neue Dreierkombination gegen Leberkrebs
Damit dies funktioniert, wurde den Mäusen eine Dreierkombination verabreicht, die zum einen aus einem Ferroptose-Aktivator besteht, zum anderen aus einem Immun-Checkpoint-Blocker und darüber hinaus aus einer Substanz, die verhindert, dass Myeloide Suppressorzellen angelockt werden.
Therapie bislang nur in der Leber wirksam
Die Kombinationstherapie zeigte sich nicht nur wirksam gegen Tumore in der Leber, sondern auch bei Metastasen, die von einem streuenden Darmtumor stammten. Bei Darmkrebs erwies sich die Dreierkombination allerdings nicht als wirkungsvoll.
„Offenbar ist die Kombinationstherapie von der Mikroumgebung der Leber abhängig und hängt nicht vom Ursprung des Krebses ab“, folgert Studienerstautor Professor Fabian Finkelmeier. Dies ist ihm zufolge eine Hinweis darauf, dass die entdeckte Kombinationstherapie bei Leber-Metastasen jeder Krebsart wirksam sein könnte.
„Mit dieser neuen Kombinationstherapie greifen wir das Immunsystem von drei Seiten an“, ergänzt Dr. Claire Conche, die ebenfalls Erstautorin der Studie ist. Die Therapie mache tumorbekämpfende T-Zellen reaktiv gegenüber Tumorzellen und beseitige gleichzeitig die Hindernisse, die den Prozess dämpfen würden. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Georg-Speyer-Haus: Ferroptose ermöglicht Immuntherapien zur Bekämpfung von Lebertumoren und Lebermetastasen (veröffentlicht: 01.02.2023), georg-speyer-haus.de
- Conche et. al. Combining ferroptosis induction with MDSC blockade renders primary tumours and metastases in liver sensitive to immune checkpoint blockade; in: Gut (2023), http://dx.doi.org/10.1136/gutjnl-2022-327909, gut.bmj.com
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.