Alongshan-Virus in Deutschland zunehmend verbreitet
Zecken können auch hierzulande das Alongshan-Virus übertragen, wobei eine Infektion ähnliche Symptomen wie eine Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) auslösen kann. Wie groß das Risiko für Menschen ist, bleibt bislang schwer abzuschätzen.
Ein Forschungsteam der Tierärztlichen Hochschule Hannover und des Niedersächsischen Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) hat nachgewiesen, dass das Alongshan-Virus (ALSV) auch in Niedersachsen bei Zecken verbreitet ist. Die entsprechenden Studienergebnisse wurden in dem Fachmagazin „Microorganisms“ veröffentlicht.
Zecken als Krankheitsüberträger
Lange ist bekannt, dass Zecken zum Beispiel Borrelien und FSME-Viren übertragen können, wobei insbesondere das Risiko für die Übertragung von FSME in den vergangene Jahren deutlich gestiegen ist. Waren vor einigen Jahrzehnten die FSME-Übertragungsgebiete in Deutschland noch relativ begrenzt, so gilt mittlerweile keine Region in Deutschland mehr als sicher.
Doch auch andere Krankheitserreger machen sich in der heimischen Zeckenpopulation breit. Hierzu zählt laut der aktuellen Studie das Alongshan-Virus (ALSV) aus der Gruppe der Jingmenviren.
Alongshan-Virus bei Zecken aus Niedersachsen
„Die neu entdeckte Gruppe der Jingmenviren infiziert nachweislich ein breites Spektrum von Wirten und wird mit fiebrigen Erkrankungen beim Menschen in Verbindung gebracht“, erläutern die Forschenden. Und bei der Untersuchung von Zecken aus Niedersachsen auf Jingmenviren sei das Alongshan-Virus festgestellt worden.
Der Erreger wurde in den Körpern und im Speichel von Zecken nachgewiesen, die an verschiedenen Orten in Niedersachsen gesammelt wurde, berichten die Forschenden. In den Zeckenarten Ixodes ricinus (Gemeiner Holzbock) und Dermacentor reticulatus (Auwaldzecke) konnte sich das Virus ihnen zufolge auch replizieren.
In weiteren Untersuchungen stellten die Fachleute fest, dass eine Übertragung des Virus während der Blutaufnahme der Zecken möglich ist und in Serumprobe von Haus- und Wildtieren aus verschiedenen Orten in Niedersachsen konnten Antikörper gegen ALSV nachgewiesen werden.
Zecken ein unterschätztes Virenreservoir
„Insgesamt zeigen diese Ergebnisse die weite Verbreitung von ALSV in Zecken in Niedersachsen und lassen aufgrund der serologischen Untersuchungen eine häufige Exposition von Tieren vermuten“, resümieren die Forschenden. Welche Risiken hiervon für die Gesundheit von Mensch und Tier ausgehen, müsse nun weiter untersucht werden.
Und vermutlich werden nach ALSV noch einige weitere Erreger folgen, über die man sich nach einem Zeckenstich sorgen muss. Denn Anfang des Jahres hat ein chinesisches Forschungsteam in einer Studie das RNA-Virom bei 31 Zeckenarten analysiert und 724 RNA-Viren identifiziert, von denen einige auch Wirbeltiere inklusive uns Menschen infizieren können.
Bei Aufenthalten in der Natur sollte daher stets auf einen angemessenen Zeckenschutz geachtet werden und im Anschluss empfiehlt es sich, den Körper gründlich auf Zecken abzusuchen. Wird eine Zecke entdeckt, sollte diese umgehend entfernt werden. Eine Zeckenzange oder ähnliche Hilfsmittel können hierbei hilfreich sein, vor allem ist es jedoch wichtig, die Zecke möglichst zeitnah zu beseitigen. (fp)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Cara Leonie Ebert, Lars Söder, Mareike Kubinski, Julien Glanz, Eva Gregersen, Katrin Dümmer, Domenic Grund, Ann-Sophie Wöhler, Laura Könenkamp, Katrin Liebig, Steffen Knoll, Fanny Hellhammer, Anna-Katharina Topp, Paul Becher, Andrea Springer, Christina Strube, Uschi Nagel-Kohl, Marcel Nordhoff, Imke Steffen, Benjamin Ulrich Bauer, Martin Ganter, Karsten Feige, Stefanie C. Becker, Mathias Boelke: Detection and Characterization of Alongshan Virus in Ticks and Tick Saliva from Lower Saxony, Germany with Serological Evidence for Viral Transmission to Game and Domestic Animals; in: Microorganisms (veröffentlich 21.02.2023), mdpi.com
- Xue-Bing Ni, Xiao-Ming Cui, Jin-Yue Liu, Run-Ze Ye, Yu-Qian Wu, Jia-Fu Jiang, Yi Sun, Qian Wang, Marcus Ho-Hin Shum, Qiao-Cheng Chang, Lin Zhao, Xiao-Hu Han, Ke Ma, Shi-Jing Shen, Ming-Zhu Zhang, Wen-Bin Guo, Jin-Guo Zhu, Lin Zhan, Liang-Jing Li, Shu-Jun Ding, Dai-Yun Zhu, Jie Zhang, Luo-Yuan Xia, Xiang-Yong Oong, Xiang-Dong Ruan, Hong-Ze Shao, Teng-Cheng Que, Guang-Yuan Liu, Chun-Hong Du, En-Jiong Huang, Xin Wang, Li-Feng Du, Chong-Cai Wang, Wen-Qiang Shi, Yu-Sheng Pan, Yu-Hao Zhou, Jiang-Li Qu, Jiang Ma, Cai-Wei Gong, Qi-Qing Chen, Qian Qin, Tommy Tsan-Yuk Lam, Na Jia, Wu-Chun Cao: Metavirome of 31 tick species provides a compendium of 1,801 RNA virus genomes; in: Nature Microbiology (veröffentlicht 05.01.2023), nature.com
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.