Verbindung zwischen Übergewicht und Darmkrebs
Welche Rolle Übergewicht als Risikofaktor für Darmkrebs spielt, wurde bisher offenbar stark unterschätzt. Dies ist darauf zurückzuführen, dass viele Menschen bereits Jahre vor der Darmkrebs-Diagnose unbeabsichtigt Gewicht abnehmen, was die Ergebnisse von Studien zu diesem Thema stark verfälscht.
In einer neuen Forschungsarbeit unter Beteiligung von Fachleuten des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) wurde untersucht, welcher Zusammenhang zwischen dem Darmkrebsrisiko und dem Körpergewicht Jahre vor der Diagnose besteht. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift „JAMA Network Open“ veröffentlicht.
Welche Rolle spielt Übergewicht bei Darmkrebs?
Es ist bereits bekannt, dass Übergewicht das Risiko für viele verschiedene Formen von Krebs erhöht, was beispielsweise bei Gebärmutterkrebs, Nierenkrebs und Darmkrebs der Fall ist. Bisherige Schätzungen gehen davon aus, dass Menschen mit Fettleibigkeit ein um etwa ein Drittel erhöhtes Risiko für Darmkrebs haben, verglichen mit Personen mit einem normalen Gewicht.
Doch die neuen Studienergebnisse zeigen, dass das Risiko für Darmkrebs bei Menschen mit Fettleibigkeit bisher offenbar deutlich unterschätzt wurde.
Daten von mehr als 6.600 Menschen analysiert
Um einzuordnen, wie stark das Risiko für Darmkrebs durch das Gewicht wirklich beeinflusst wird, und wie eine Gewichtsabnahme vor der Krebsdiagnose die Ergebnisse von vorherigen Untersuchungen verfälscht haben könnte, analysierte das Team die Daten der sogenannten DACHS-Studie. Dies ist eine der größten Fall-Kontroll-Studien zum Thema Darmkrebs weltweit und sie wurde bereits im Jahr 2003 am Deutschen Krebsforschungszentrum begonnen.
Insgesamt 6.602 Personen, die zwischen dem Jahr 2003 und Jahr 2020 an Darmkrebs erkrankten, und eine Kontrollgruppe aus 7.950 Teilnehmenden ohne Darmkrebs wurden in der neuen Studie berücksichtigt. Alle Teilnehmenden hatten auch ihr Körpergewicht zum Zeitpunkt ihrer Diagnose und sowie an den zurückliegenden runden Geburtstagen angegeben.
Zunächst war es dem Team nicht möglich, Hinweise auf einen weitergehenden Zusammenhang zwischen dem Körpergewicht und dem Risiko für Darmkrebs zu identifizieren. Dies änderte sich jedoch, als das frühere Körpergewicht der Teilnehmenden mit einbezogen wurde.
Hierbei stellten die Forschenden einen starken Zusammenhang zwischen Übergewicht und dem Darmkrebsrisiko fest. Dieser fiel acht bis zehn Jahre vor der Diagnose von Darmkrebs am stärksten aus. Teilnehmende, welche zu diesem Zeitpunkt unter Fettleibigkeit litten, erkrankten tatsächlich doppelt so häufig an Darmkrebs wie Personen mit einem normalen Gewicht, berichtet das Team.
„Hätten wir, wie in vielen früheren Studien geschehen, nur auf das bei Studieneintritt gemessene Gewicht geschaut, so hätten wir den Zusammenhang zwischen Übergewicht und erhöhtem Darmkrebsrisiko völlig übersehen“, erläutert Studienautor Marko Mandic.
Zudem bemerkten die Forschenden, dass viele der an Darmkrebs erkrankten Teilnehmenden vor der Diagnose unbeabsichtigt Gewicht abgenommen hatten. So nahmen an Krebs erkrankte Personen in den zwei Jahren vor der Diagnose 7,5 Mal häufiger unbeabsichtigt mindestens zwei Kilogram ab, verglichen mit der Kontrollgruppe.
Dies ist laut den Fachleuten darauf zurückzuführen, dass der Krebs bereits im Körper vorhanden war, aber noch nicht erkannt wurde. So sollte bei ärztlichen Untersuchungen regelmäßig nach einem unbeabsichtigtem Gewichtsverlust gefragt werden, da dieser ein früher Hinweis auf Darmkrebs, andere Krebsarten und weitere Erkrankungen sein kann, fügen die Fachleute hinzu.
Schwächen vorheriger Untersuchungen
Weil in früheren Untersuchungen nicht berücksichtigt wurde, dass viele Menschen bereits Jahre vor ihrer Krebsdiagnose Gewicht abnehmen, sei „der Risikobeitrag von Übergewicht in vielen Studien deutlich unterschätzt worden“, erläutert der Epidemiologe Hermann Brenner vom Deutschen Krebsforschungszentrum in einer Pressemitteilung. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Marko Mandic, Fatemeh Safizadeh, Tobias Niedermaier, Michael Hoffmeister, Hermann Brenner: Association of Overweight, Obesity, and Recent Weight Loss With Colorectal Cancer Risk; in: JAMA Network Open (veröffentlicht 21.04.2023), JAMA Network Open
- Deutschen Krebsforschungszentrums: Übergewicht als Risikofaktor für Darmkrebs bislang unterschätzt – Gewichtsverlust vor der Diagnose verschleiert Zusammenhänge (veröffentlicht 04.05.2023), DKFZ
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.