Dass Mikroplastik der Gesundheit schadet, ist keine neue Erkenntnis. Doch in Kombination mit anderen Schadstoffen scheint die Wirkung auf die Darmgesundheit und das Gehirn wesentlich toxischer, als bisher vermutet.
In einer aktuellen Studie hat ein chinesisches Forschungsteam die kombinierte Wirkung von Mikroplastik und Triphenylzinn-Verbindungen (TPT) auf Darm und Gehirn untersucht. Die Ergebnisse wurden in dem Fachmagazin „Environmental Science and Ecotechnology“ veröffentlicht.
Einzelbetrachtung der Risiken
Bisher erfolgt die Risikobewertungen von Schadstoffen auf Basis einer Einzelbetrachtung und kombinierte Toxizitäten und Wechselwirkungen von Stoffgruppen werden dabei weitgehend ignoriert, erläutern die Forschenden.
In der realen Welt sei jedoch die kombinierte Exposition die Norm, da Schadstoffe selten einzeln, sondern eher als komplexe Mischungen mit anderen Schadstoffen auftreten. Mikroplastik sei heute in Wasserquellen rund um den Globus nachweisbar, darunter auch im Polareis und in tiefen Meeresbecken. TPT komme in hohen Konzentrationen vor allem in Küstengewässern vor.
In Klärschlämmen und Abwässern seien hohe Konzentrationen von Mikroplastik in Kombination mit anderen Umweltschadstoffen wie TPT feststellbar. Mikroplastik biete hier eine große Oberfläche für die Adsorption oder Anlagerung und werde so zum Träger für andere Chemikalien und Stoffe.
Kombinierte Wirkung untersucht
Wird das Mikroplastik anschließend von Lebewesen aufgenommen, gelangen die adsorbierten Schadstoffe direkt in deren Verdauungstrakt. Anhand von Karpfen haben die Forschenden daher nun untersucht, wie sich die kombinierte Toxizität von TPT und Mikroplastik auf der „Darm-Hirn-Achse“ manifestiert.
Diese Achse ist ein kompliziertes Informationsaustauschsystem zwischen Gehirn und Darm, das aus den neuroendokrinen, vagalen und immunologischen Bahnen besteht, erläutert das Team
Jeweils eine Gruppe der Karpfen wurde über einen Zeitraum von 42 Tagen jedem Schadstoff einzeln ausgesetzt, während eine dritte Gruppe einer Kombination aus beiden Schadstoffen ausgesetzt wurde. In regelmäßigen Abständen nahmen die Forschenden Proben, um die Auswirkungen auf den Darm und das Gehirn zu bewerten.
Wesentlich höhere Toxizität
Die Studie ergab, dass die Schadstoffe sowohl einzeln als auch in Kombination toxische Wirkungen auf die Darm-Hirn-Achse des Karpfens haben, allerdings mit wesentlichen Unterschieden. So unterdrückte Mikroplastik allein hauptsächlich die Immunität, während TPT den Lipidstoffwechsel beeinträchtigte.
In Kombination verstärkte TPT jedoch die toxische Wirkung von Mikroplastik. Biochemische Untersuchungen sowie die genetische Sequenzierung der Darmflora und des Hirngewebes des Karpfens deuteten auf eine verstärkte Toxizität bei gleichzeitiger Exposition hin, berichtet das Team.
Mikroplastik allein könne bereits die Darmflora aus dem Gleichgewicht bringen, die Struktur der Darmzotten verändern und die Darmschleimhaut verändern. Mit anderen Schadstoffen kombiniert sei jedoch eine wesentlich stärkere toxische Wirkung zu erwarten, die es bei der Bewertung des Risikos zu berücksichtigen gilt. (fp)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Eurasia Academic Publishing Group: Microplastics and triphenyltin amplify toxicity via the gut-brain axis (veröffentlich 08.06.2023), eurekalert.org
- Si-Qi Zhang, Ping Li, Shu-Wen He, Shao-Ying Xing, Zhi-Han Cao, Xue-Li Zhao, Cuici Sun, Zhi-Hua Li: Combined effect of microplastic and triphenyltin: Insights from the gut-brain axis; in: Environmental Science and Ecotechnology (veröffentlicht 23.03.2023), sciencedirect.com
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