Soziale Kontakte zu anderen Menschen zu haben, scheint bei Diabetes das Risiko für Herzkrankheiten zu reduzieren. Jetzt wurde festgestellt, dass Einsamkeit bei Diabetes sogar einen größeren Risikofaktor für Herzerkrankungen darstellt als die Ernährung, Bewegung, Rauchen und Depressionen.
In einer neuen Studie von Fachleuten der Tulane University School of Public Health and Tropical Medicine wurde untersucht, wie Einsamkeit und soziale Isolation mit dem Risiko kardiovaskulärer Erkrankungen bei Menschen mit Diabetes verbunden sind. Die Ergebnisse sind in dem „European Heart Journal“ veröffentlicht.
18.509 Teilnehmende untersucht
„Einsamkeit und soziale Isolation sind in der heutigen Gesellschaft weit verbreitet (…), insbesondere aufgrund der COVID-19-Pandemie und der fortschreitenden Digitalisierung der Gesellschaft“, berichten die Forschenden in einer Pressemitteilung. Dies könne auch Auswirkungen auf die Herzgesundheit haben.
In der neuen Forschungsarbeit hat das Team daher an insgesamt 18.509 erwachsenen Personen im Alter von 37 bis 73 Jahren, die bereits zu Studienbeginn unter Diabetes litten, aber keine Herzerkrankungen aufwiesen, den Effekt der Einsamkeit auf die kardiovaskuläre Gesundheit untersucht.
Die Teilnehmenden wurden angewiesen Fragebögen zur erlebten Einsamkeit und Isolation zu beantworten. Diese wurden dann von dem Team ausgewertet, wobei Hochrisikomerkmale für Einsamkeit mit jeweils einem Punkt bewertet wurden.
Solche Risikomerkmale für Einsamkeit umfassten das Gefühl der Einsamkeit und die Empfindung, mit niemanden sprechen oder sich niemanden anvertrauen zu können, was zwei maximalen Punkten für Hochrisikomerkmale von Einsamkeit entsprach.
Zusätzlich werteten die Forschenden auch Hochrisikofaktoren für soziale Isolation aus. Diese betrafen das Alleinleben, keine Teilnahme an sozialen Aktivitäten, welche mindesten einmal in der Woche stattfinden, und nur seltenen Besuch (weniger als einmal im Monat) von Freunden und Familie.
Somit konnten in Bezug auf die soziale Isolation maximal drei Punkte für Hochrisikofaktoren der sozialen Isolation erreicht werden.
Soziale Kontakte wichtig für die Gesundheit
Einsamkeit bezieht sich auf die Qualität der sozialen Kontakte. Isolation bezieht sich dagegen auf die Quantität der sozialen Kontakte. Menschen sind von Natur aus sozial. Es reicht aber nicht aus, dass andere Personen anwesend sind, Menschen benötigen auch sinnvolle soziale Beziehungen, um sich gesund bis zum Erwachsenenalter weiterzuentwickeln, erklärt das Team
Insgesamt seien soziale Kontakte zu Familie, dem Freundeskreis, Menschen in der Nachbarschaft oder Personen am Arbeitsplatz sehr wichtig für das körperliche und geistige Wohlbefinden.
Wie sind Einsamkeit und Herzerkrankungen verbunden?
Im Laufe der durchschnittlichen Nachbeobachtungszeit (10,7 Jahre) entwickelten 3.247 Teilnehmende der Studie eine kardiovaskuläre Erkrankung. Insgesamt traten 2.771 koronare Herzkrankheiten und 701 Schlaganfälle auf, wobei manche Personen unter beiden Erkrankungen litten, so das Team.
Als nächstes analysierten die Forschenden die Verbindung zwischen Einsamkeit, Isolation und neu auftretenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Dabei zeigte sich, dass Teilnehmende, die den niedrigsten Einsamkeitswert aufwiesen, ein um elf Prozent geringeres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankung hatten, als Personen mit einem Punkt auf der Risikoskala für Einsamkeit.
Bis zu 26 Prozent erhöhtes Risiko
Wurden zwei Punkte auf der Einsamkeitsskala erreicht, war dies laut dem Team mit einem um 26 Prozent höheren Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden, verglichen mit Teilnehmenden mit dem niedrigsten Einsamkeitswert. Ähnliche Ergebnisse beobachteten die Forschenden auch bei einer Einzelbertachtung der koronaren Herzkrankheit.
Für Personen mit Diabetes scheint dabei die Qualität der sozialen Kontakte eine wichtigere Rolle in Bezug auf die Herzgesundheit zu spielen, als die Anzahl der sozialen Kontakte, erläutert Studienautor Professor Lu Qi.
Kein Einfluss auf das Schlaganfallrisiko
Dagegen konnte aber keine Verbindung zwischen Einsamkeit und Schlaganfällen festgestellt werden, fügen die Fachleute hinzu. Zudem habe es keinen signifikanten Zusammenhang zwischen erhöhten Werten der sozialen Isolation und kardiovaskulären Ereignissen gegeben.
Auch stellten die Fachleute fest, dass die Folgen von körperlichen Risikofaktoren (schlecht eingestellter Blutzucker, hoher Blutdruck, hoher Cholesterinspiegel, Rauchen und schlechte Nierenfunktion) bei Menschen mit Diabetes stärker ausfielen, wenn diese unter Einsamkeit litten.
Was tun bei Einsamkeit?
Daher raten die Forschenden Menschen mit Diabetes, die unter Einsamkeit leiden, sich einer Gruppe oder einem Kurs anzuschließen und zu versuchen, Freundschaften mit Menschen zu schließen, mit denen gemeinsame Interessen vorliegen.
Zudem könne es sinnvoll sein, in Zukunft Menschen mit Diabetes als Teil der Standardbehandlung zu ihren sozialen Kontakten zu befragen, um festzustellen ob sie unter Einsamkeit leiden. So könnte Betroffenen geholfen werden, indem sie an psychosoziale Dienste überwiesen werden, um das Risiko für Herzerkrankungen zu reduzieren. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- European Society of Cardiology: Loneliness linked with elevated risk of cardiovascular disease in patients with diabetes (veröffentlicht 29.06.2023), European Society of Cardiology
- Xuan Wang, Hao Ma, Xiang Li, Yoriko Heianza, Vivian Fonseca, Lu Qi: Joint association of loneliness and traditional risk factor control and incident cardiovascular disease in diabetes patients; in: European Heart Journal (veröffentlicht 29.06.2023), European Heart Journal
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.