Den meisten Menschen dürften die wichtigsten Risikofaktoren für erhöhten Blutdruck bekannt sein: Bewegungsmangel, Übergewicht, ungesunde Ernährung, Stress, Rauchen und erhöhter Alkoholkonsum. Was viele jedoch nicht wissen: Es gibt auch frauenspezifische Risikofaktoren für Bluthochdruck.
In der neuen Bluthochdruckleitlinie der „European Society of Hypertension“ (ESH) werden zwei frauenspezifische Risikofaktoren für Hypertonie hervorgehoben: frühes Einsetzen der Menopause sowie Schwangerschaftskomplikationen (mehrfache Fehl- oder Frühgeburt, Schwangerschaftsbluthochdruck oder Schwangerschafts-Diabetes).
Frauen für neue Risikofaktoren sensibilisieren
Bluthochdruck (Hypertonie) ist ein „Volksleiden“, heißt es in einer Mitteilung der Deutschen Hochdruckliga. Etwa ein Drittel der Menschen in Deutschland ist davon betroffen, bei den Personen ab 60 Jahren sogar rund die Hälfte.
Wird der Blick auf die Geschlechterverteilung der Menschen mit Bluthochdruck gerichtet, fällt vor allem ein markanter Wechsel auf: Während bei den jüngeren Betroffenen (unter 50 Jahren) deutlich mehr Männer als Frauen daran leiden, sind es bei den älteren (über 65 Jahren) mehr Frauen. Das weibliche Geschlecht erhöht somit im Alter das Risiko für Hypertonie.
„Viele Studien haben untersucht, warum das so ist, und haben mehrere frauenspezifische Risikofaktoren zusammengetragen, die in der neuen Leitlinie der ‚European Society of Hypertension (ESH)` erstmals benannt werden – mit dem Hinweis, dass bei Menschen mit Risikofaktoren regelmäßig ein Screening auf Bluthochdruck erfolgen soll“, erläutert Prof. Markus van der Giet, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Hochdruckliga.
„Es ist also wichtig, dass wir Frauen für diese neuen Risikofaktoren sensibilisieren.“
Schwangerschaftskomplikationen und frühe Menopause
Zunächst werden in der Leitlinie verschiedene Schwangerschaftskomplikationen aufgeführt.
Frauen, die während der Schwangerschaft zu hohe Blutdruckwerte hatten oder gar unter bluthochdruckbedingten Komplikationen wie Präeklampsie (sogenannte Schwangerschaftsvergiftung) gelitten haben, jedoch auch Frauen mit Schwangerschafts-Diabetes oder nach mehrfachen Fehl- oder Frühgeburten sind besonders gefährdet, insbesondere im höheren Alter Bluthochdruck zu entwickeln.
„Das bedeutet aber nicht, dass bei diesen Frauen erst ab 60 oder 65 Jahren regelmäßig der Blutdruck kontrolliert werden sollte. Die neue Leitlinie hebt hervor, dass eine regelmäßige Messung bei allen Risikopersonen, egal welchen Alters, erfolgen sollte“, sagt der Experte.
Ein weiterer frauenspezifischer Hypertonie-Risikofaktor ist das frühe Einsetzen der Menopause. „Normalerweise kommen Frauen zwischen dem 45. und 60. Lebensjahr in die Wechseljahre, der Durchschnitt liegt bei 51 Jahren“, so der Mediziner.
„Frauen, die bereits vorher keine Regelblutung mehr bekommen, ohne dass dieses durch einen Eingriff, z. B. im Rahmen einer Krebsoperation oder einer hormonell herbeigeführten Menopause, wie sie bei vielen Brustkrebspatientinnen erfolgt, erklärbar ist, sollten also bewusst auf ihre Blutdruckwerte achten, sobald die frühe Menopause eingesetzt hat“, empfiehlt Prof. van der Giet unter Berufung auf die neue Leitlinie.
Wie der Arzt ausführt, lassen sich diese beiden frauenspezifischen Risikofaktoren nicht ändern, da Frauen natürlich weder einen Einfluss auf das Einsetzen der Wechseljahre und häufig auch nicht auf das Auftreten von Schwangerschaftskomplikationen haben.
„Wichtig ist nur, dass die betroffenen Frauen ihren Blutdruck im Blick behalten und erhöhte Werte (140/90 mmHg oder mehr) rechtzeitig behandelt werden, bevor Folgeschäden an den Organen, allen voran Herz, Nieren und Gefäße, entstehen“, empfiehlt Prof. van der Giet.
Auswirkungen einer Hormonersatztherapie
Immer wieder gab es auch Spekulationen, ob eine Hormonersatztherapie in der Menopause das Risiko für Hypertonie erhöht.
Gemäß der Leitlinie ist dies nicht per se der Fall, dennoch wird empfohlen, unter einer solchen Behandlung regelmäßig den Blutdruck zu kontrollieren und bei Bedarf Bluthochdruckmedikamente einzunehmen.
Haben diese, was nur äußerst selten passiert, keinen ausreichenden blutdrucksenkenden Effekt, soll die Hormontherapie abgebrochen werden. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Deutsche Hochdruckliga: Neue geschlechtsspezifische Risikofaktoren für Bluthochdruck, (Abruf: 22.07.2023), www.hochdruckliga.de
- Mancia Giuseppe, et al.: 2023 ESH Guidelines for the management of arterial hypertension The Task Force for the management of arterial hypertension of the European Society of Hypertension Endorsed by the European Renal Association (ERA) and the International Society of Hypertension (ISH); in: Journal of Hypertension, (veröffentlicht: 21.06.2023), journals.lww.com
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.