Herzschmerzen sind beängstigend. Schließlich können solche Beschwerden bekanntermaßen auf schwerwiegende Herz-Kreislauf-Erkrankungen hinweisen. Daher sollte stets ärztliche Hilfe gesucht werden. Doch manchmal bleibt die Ursache für die Schmerzen im Brustbereich lange unklar.
Zum Weltherztag macht die Deutsche Herzstiftung auf Gefäßerkrankungen des Herzens aufmerksam und wie man sich vor ihnen schützt. Zusätzlich zur koronaren Herzkrankheit (KHK) als Hauptursache des Herzinfarkts, rücken auch verstärkt Erkrankungen der kleinen Herzgefäße (Mikrogefäße) in den Fokus der Herzmedizin.
Persönliche Gesundheitswerte kennen
Wie die Fachleute erklären, sind Erkrankungen des Herzens, die durch eine verminderte Blutzufuhr und den dadurch entstehenden Sauerstoff- und Nährstoffmangel verursacht werden, die mit Abstand häufigste Herzerkrankung.
Der Herzinfarkt ist darunter die fatalste Erscheinung mit all seinen schwerwiegenden Folgen wie Herzinsuffizienz (Herzschwäche) oder plötzlicher Herztod.
Diesem Ereignis geht allerdings häufig jahrzehntelang unbemerkt die koronare Herzkrankheit (KHK) voraus. Hierbei verengen typischerweise Ablagerungen aus Cholesterin, Kalk, Entzündungszellen sowie Bindegewebe zunehmend die Blutgefäße, vor allem die Koronararterien im Herzmuskel (Arteriosklerose/„Arterienverkalkung“).
„Besonders wichtig ist deshalb, dass jeder seine persönlichen Gesundheitswerte wie LDL-Cholesterin, Blutzucker und Blutdruck kennen sollte, um sein individuelles Herzinfarkt-Risiko zu verringern“, rät Prof. Dr. med. Thomas Voigtländer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen. Herzstiftung.
„Ebenso wichtig ist, die Anzeichen einer Erkrankung der Herzkranzgefäße, die sich bereits lange vor dem Infarkt unter körperlicher Belastung mit Symptomen wie Atemnot, Brustenge und Brustschmerzen bemerkbar machen können, gut zu kennen“, erklärt der Kardiologe anlässlich des Weltherztags unter dem Motto „Schütze Deine Gefäße!“.
Jede Minute zählt
„Wer einen Herzinfarkt erleidet, kann sein Herz vor irreparablen Schäden und Komplikationen bis hin zum Tod nur schützen, indem er oder sie bei Verdacht auf Herzinfarkt sofort den Rettungsdienst mit dem Notruf 112 alarmiert“, warnt Voigtländer, Ärztlicher Direktor des Agaplesion Bethanien-Krankenhauses in Frankfurt am Main.
Denn bei einem Herzinfarkt zählt jede Minute, weil der Infarkt jederzeit in bösartige Herzrhythmusstörungen wie Kammerflimmern übergehen kann, die zum Herzstillstand führen und nach wenigen Minuten den Tod bedeuten.
Herzinfarkte ereignen sich häufig zu Hause. Daher ist es auch wichtig, bei Bewusstlosigkeit und fehlender Atmung schon dort mit der Wiederbelebung zu beginnen.
Das über den Notruf 112 herbeigerufene Rettungsteam kann dann mit einem Defibrillator das flimmernde Herz wieder in seinen normalen Rhythmus und die Patientin oder den Patienten anschließend sofort in die nächstgelegene Klinik zur Infarktversorgung bringen.
Engstellen der ganz kleinen Herzgefäße
Nach Schätzungen von Fachleuten liegen bei 50 Prozent der Patientinnen und Patienten mit Verdacht auf KHK und Angina Pectoris-Symptomen (Brustschmerzen), die eine Herzkatheteruntersuchung erhalten, allerdings nicht die typischen Verengungen der Herzkranzgefäße vor, sondern andere Ursachen.
Zunehmend rücken hierbei Engstellen der ganz kleinen Herzgefäße in den Fokus, welche durch eine Fehlfunktion zu Herzschmerzen und einer deutlich eingeschränkten Belastbarkeit der Patienten oder der Patientinnen führen.
Eine solche sogenannte koronare mikrovaskuläre Dysfunktion (CMD) oder mikrovaskuläre Angina ist durch eine eingeschränkte Dehnbarkeit oder eine verstärkte Verkrampfungsneigung (Koronarspasmen) der kleinen und kleinsten Herzgefäße gekennzeichnet.
„Betroffene mit Symptomen der mikrovaskulären Angina wie Brustschmerzen, Brustenge und Atemnot schon bei geringer körperlicher Belastung unterliegen einem hohen Leidensdruck. Häufig wird aufgrund des fehlenden Befunds in den großen Herzkranzgefäßen auch auf eine psychische Erklärung ausgewichen“, erklärt Prof. Voigtländer.
„Besonders wichtig ist daher eine weitergehende Diagnostik, damit die eigentliche Ursache – nämlich eine mögliche Fehlfunktion der kleinen und kleinsten Herzkranzgefäße gefunden wird.“ Nur so könne auch schnell die passende Therapie gefunden werden.
„Wie bei der KHK, liegen den Erkrankungen der Mikrogefäße des Herzens Risiken wie Bluthochdruck, hohes LDL-Cholesterin, Diabetes oder genetische Faktoren zugrunde, die eine entsprechende Behandlung mit Medikamenten und Veränderungen des Lebensstils erfordern“, erläutert der Kardiologe.
Frauen sind aufgrund hormoneller Unterschiede und der unterschiedlichen Herzanatomie (im Schnitt kleineres Herz, kleinere Gefäße) öfter von mikrovaskulärer Angina betroffen als Männer.
Bis zur Diagnose vergeht oft viel Zeit
Bis es mit Hilfe bildgebender Verfahren wie Herz-Ultraschall, MRT oder Positronenemissionstomographie/PET zur Diagnose einer mikrovaskulären Angina kommt, haben Betroffene häufig eine Odyssee durch eine Vielzahl an (Fach-)Arztpraxen hinter sich.
Entsprechend hoch ist der Leidensdruck, da die Belastbarkeit im Alltag aufgrund der immer wieder auftretenden Beschwerden Atemnot und Brustschmerzen eingeschränkt ist.
Fachleute fordern einen „ganzheitlichen Blick auf die Herzdurchblutung“. Denn diese kleinen und kleinsten feinverzweigten Blutgefäße im Herzmuskel regeln etwa 80 bis 90 Prozent der Durchblutung und sind damit die Hauptversorger des Herzens mit Sauerstoff und Nährstoffen.
Aber noch liege – auch in der Diagnostik – der Blick vor allem auf den großen Herzgefäßen, die aber nur wie große Leitungsrohre das Blut zur eigentlichen Verteilerstelle lieferten.
„Gerade bei Patienten, die über zwei bis drei Jahre über anhaltende Beschwerden im Brustkorb klagen, aber keine Diagnose vorliegt, sollte man deshalb unbedingt auch an eine mikrovaskuläre Angina denken und dazu die vorhandenen modernen Untersuchungsverfahren einsetzen“, betont Prof. Dr. med. Peter Ong, Oberarzt der Abteilung für Kardiologie und Angiologie des Robert-Bosch-Krankenhauses Stuttgart.
Gut behandelbar
Laut Prof. Ong ist nach aktueller Studienlage das Risiko für schwere Ereignisse wie Tod, Herzinfarkt, Schlaganfall durch eine mikrovaskuläre Angina zwar geringer als bei Patientinnen und Patienten, die eine KHK mit Stenosen (Verengungen) der großen Herzgefäße haben. Dennoch bestehe ein nicht zu unterschätzendes Risiko für solche Ereignisse.
Eine medikamentöse Therapie senkt dieses Risiko und verbessert vor allem die Lebensqualität deutlich. Oft lindere bereits die medikamentöse Behandlung von Bluthochdruck, Diabetes und hohem LDL-Cholesterin die Beschwerden.
Individuell kommen für die Betroffenen darüber hinaus – je nach Ursache der mikrovaskulären Angina – weitere Arzneimittel in Frage: Patientinnen und Patienten mit Koronarspasmen profitieren beispielsweise häufig von Kalziumantagonisten und Nitratpräparaten, bei akuten Beschwerden vor allem von einem Nitrospray.
Betroffene mit einer eingeschränkten Erweiterungsfähigkeit der Gefäße profitieren wiederum sehr oft von Betablockern. „Ist erst einmal die Diagnose bei diesen Patienten gestellt, können wir ihnen mit Medikamenten effektiv helfen und dazu beitragen, ihre Belastbarkeit im Alltag und ihre Prognose zu verbessern“, sagt Kardiologe Prof. Ong. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Deutsche Herzstiftung: Unklare Herzschmerzen: Oft stecken die kleinen Gefäße des Herzens dahinter, (Abruf: 01.10.2023), herzstiftung.de
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.