Der hohe Zuckerkonsum wird mit weitreichenden nachteiligen Auswirkungen auf die Gesundheit in Zusammenhang gebracht und verursacht Milliardenkosten im Gesundheitssystem. Eine Abgabe auf zuckerhaltige Softdrinks könnte laut einer aktuellen Studie das Erkrankungsrisiko deutlich senken und bis zu 16 Milliarden Euro einsparen.
Ein internationales Team unter Beteiligung von Forschenden der Technischen Universität München (TUM) hat in einer aktuellen Studie analysiert, welche Auswirkungen die Einführung einer sogenannten Zuckersteuer in Deutschland hätte. Die Studienergebnisse sind in dem Fachmagazin „PLOS Medicine“ veröffentlicht.
Zu hohe Zuckeraufnahme
Tägliche nehmen die Deutschen im Durchschnitt fast die doppelte Menge der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen maximalen Zuckerzufuhr zu sich. Gezuckerte Getränke spielen hierbei eine wesentliche Rolle, aber auch in anderen Lebensmitteln befindet sich häufig zugesetzter Zucker.
Verschiedene frühere Studien haben bereits gezeigt, wie zugesetzter Zucker dem Körper schadet. So kann Zucker entzündliche Prozesse im Körper fördern und ein zu hoher Zuckerkonsum wird unter anderem mit Übergewicht, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Zusammenhang gebracht.
Angesichts der gesundheitlichen Folgen empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation den Regierungen weltweit eine Besteuerung von zuckergesüßten Getränken und einige Länder haben bereits Steuern oder Abgaben auf Softdrinks eingeführt. Dabei lassen sich zwei verschiedene Ansätze unterscheiden.
Verschiedene Ansätze der Zuckersteuer
So kann eine Abgabe festgesetzt werden, die sich nach der Zuckermenge in den Softdrinks richtet, wie es beispielsweise in Großbritannien der Fall ist, oder es wird eine grundsätzliche Steuer auf Softdrinks erhoben – unabhängig vom Zuckergehalt, erläutern die Forschenden.
Die Ergebnisse aus internationalen Studien zeigen dabei, dass letztere Variante vor allem zu einer verringerten Nachfrage nach Softdrinks führt, während erstere Variante auch Änderungen der Rezepturen hin zu weniger Zucker in den Softdrinks bewirken kann, so die Fachleute weiter.
Hierzulande wird bislang allerdings auf eine Selbstverpflichtung der Getränkeindustrie gesetzt, wobei ein Team um Professor Dr. Michael Laxy von der TUM Anfang dieses Jahres eine Studie veröffentlichte, in der deutlich wurde, dass dieser Ansatz bislang nicht die erhofften Erfolge bewirken konnte.
Auswirkung der Zuckersteuer berechnet
Daher haben die Forschenden in der neuen Studie berechnet, welche Auswirkungen die Einführung der unterschiedlichen Besteuerungen von zuckerhaltigen Getränken in Deutschland hätte. „Dabei haben uns kurz- und längerfristige Auswirkungen gleichermaßen interessiert“, so Professor Laxy.
Das Team simulierte, wie sich die gängigsten internationalen Besteuerungsansätze im Zeitraum von 2023 bis 2043 auswirken würden. In dem Berechnungsmodell für die deutsche Gesellschaft fanden laut den Forschenden auch Daten zur individuellen Ernährung, zu Erkrankungen wie Diabetes, zu gesundheitlichen Risikofaktoren und offizielle Bevölkerungsstatistiken Berücksichtigung.
Allerdings wurden nur Menschen im Alter ab 30 Jahren berücksichtigt, da die meisten der modellierten Erkrankungen vor allem in der zweiten Lebenshälfte auftreten, erläutert das Team.
Rückgang des Zuckerkonsums erreichbar
Den Berechnungen zufolge würde bei einem pauschalen 20-prozentigen Aufschlag auf die Softdrink-Preise der Zuckerkonsum pro Tag und Person um ein Gramm sinken, berichten die Forschenden. Bei ausschließlicher Betrachtung der Männer im Alter zwischen 30 und 49 Jahren seien es sogar knapp drei Gramm.
Der zweite Ansatz einer Besteuerung des Zuckergehalts in den Getränken könne sogar eine noch stärkere Wirkung entfalten. Hier sei mit einer Reduktion des Zuckers in den Rezepturen um 30 Prozent zu rechnen und durch weniger Zucker in den Getränken würde der Pro-Kopf-Konsum um täglich 2,3 Gramm reduziert – beziehungsweise um 6,1 Gramm für Männer im Alter zwischen 30 und 49 Jahren.
Beide Besteuerungsmodellen würden laut den Forschenden zu deutlich weniger Fällen von Übergewicht, Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen. „Besonders eindrücklich sind die Zahlen für Typ-2-Diabetes“, betont Erstautor Karl Emmert-Fees von der TUM.
„Durch eine Besteuerung würden unseren Modellen zufolge innerhalb der nächsten 20 Jahre bis zu 244.100 Menschen später oder gar nicht an Typ-2-Diabetes erkranken“, so Emmert-Fees weiter.
Einsparungen bis zu 16 Milliarden Euro
Grundsätzlich wären bei einer Abgabe auf gezuckerte Getränke weniger Behandlungen erforderlich, die Kosten durch Krankheitstage würden sinken und die Fälle von Arbeitsunfähigkeit würden ebenfalls zurückgehen.
So könnten bei einer gestaffelten Herstellerabgabe volkswirtschaftliche Einsparungen von rund 16 Milliarden Euro erzielt werden , davon etwa vier Milliarden Euro an Gesundheitskosten, berichten die Forschenden. Bei einer 20-prozentigen Steuer seien es immerhin insgesamt noch etwa 9,5 Milliarden Euro.
Zwar erscheint eine durchschnittliche Reduktion des Zuckerverbrauchs um wenige Gramm pro Kopf nicht viel, zumal rein statistisch in Deutschland durchschnittlich etwa 95 Gramm Zucker täglich pro Kopf konsumiert werden.
Allerdings ist laut den Fachleuten zu bedenken, dass in der Bevölkerung große Unterschiede beim Konsum von Softdrinks vorliegen und während manche Menschen große Mengen trinken, greifen andere praktisch nie zu Softdrinks.
„Entsprechend stärker wäre die Verringerung des Zuckerkonsums für die Menschen, die viel Softdrinks konsumieren“, betont Professor Dr. Michael Laxy von der TUM.
Da außerdem nur Personen im Alter über 30 Jahren in den Berechnungen Berücksichtigung fanden, jedoch der Softdrink-Konsum im Teenageralter am höchsten ist, könne die tatsächlich erreichbare durchschnittliche Reduktion des Zuckerkonsums noch drastischer und der positive gesundheitliche Nutzen noch größer sein.
Informationskampagnen nicht ausreichend
Die Forschenden kommen zu dem Schluss, dass eine Abgabe beziehungsweise eine Steuer auf gezuckerte Getränke eine relevante Maßnahme zur Prävention von Übergewicht, Diabetes und Herzerkrankungen ist, während andere Ansätze wie Informationskampagnen zwar ihre Berechtigung haben, aber nicht ausreichend seien, um eine entsprechende Wirkung zu entfalten. (fp)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Karl M. F. Emmert-Fees, Ben Amies-Cull, Nina Wawro, Jakob Linseisen, Matthias Staudigel, Annette Peters, Linda J. Cobiac, Martin O’Flaherty, Peter Scarborough, Chris Kypridemos, Michael Laxy: Projected health and economic impacts of sugar-sweetened beverage taxation in Germany: A cross-validation modelling study; in: PLOS Medicine (veröffentlicht 21.11.2023), plos.org
- : Ya-Nan Shi, Ya-Jin Liu, Zhifang Xie, Weiping J. Zhang: Fructose and metabolic diseases: too much to be good; in: Chinese Medical Journal l (veröffentlicht 05.07.2021), lww.com
- PLOS: Taxing sugar-sweetened beverages in Germany would improve population health and save money (veröffentlicht 21.11.2023), eurekalert.org
- Technische Universität München (TUM): Zuckersteuer könnte bis zu 16 Milliarden Euro einsparen (veröffentlicht 21.11.2023), tum.de
Wichtiger Hinweis:
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