Hamm (jur). Dialysepatienten mit besonderen gesundheitlichen Einschränkungen müssen bei der Dialyse auch mit besonderen Maßnahmen behandelt werden. Ist ein Patient blind, kann die Fixierung der Dialysenadel erforderlich sein, um eine lebensgefährliche Lageveränderung der Nadel zu verhindern, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Hamm in einem am Mittwoch, 2. März 2016, bekanntgegebenen Urteil (Az.: 26 U 18/15). Danach müssen auch routinemäßige Behandlungsabläufe immer auf den jeweiligen Patienten abgestimmt werden.
Konkret ging es um einen 67 Jahre alten Patienten aus Arnsberg, der dreimal wöchentlich sich in einer nephrologischen Praxis im Sauerland einer Dialyse unterziehen musste. Als Folge seiner Diabeteserkrankung war der Mann blind. Trotz seiner Erblindung wurde der Mann genauso routinemäßig behandelt wie andere Dialysepatienten auch.
Im Juni 2014 kam es dann zu einem verhängnisvollen Fehler. Eine im linken Oberarm befestigte Dialysenadel löste sich, so dass es zu einer schweren Blutung kam. Der Patient wurde zwar noch reanimiert, er starb aber am Folgetag im Krankenhaus.
Die Ehefrau des Mannes rügte, dass ihr Mann trotz seiner gesundheitlichen Einschränkungen nicht ordnungsgemäß überwacht und zu spät notfallmäßig behandelt wurde. Sie forderte für die Erben, darunter ihre drei Kinder, Schadenersatz und ein Schmerzensgeld in Höhe von 5.000 Euro.
In seinem Urteil vom 16. Februar 2016 gab das OLG der Klägerin weitgehend recht. Die beklagten Ärzte seien zur Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von 5.000 Euro sowie zur Übernahme der Beerdigungskosten in Höhe von rund 2.700 Euro verpflichtet.
Der Arm des Patienten hätte wegen seiner Blindheit fixiert werden müssen, um so das Abrutschen der Dialysenadel von vornherein zu verhindern. Denn die Lage auch einer ordnungsgemäß befestigten Nadel könne sich in seltenen Fällen lebensbedrohlich verändern – beispielsweise bei Bewegungen des Patienten. Rutsche dann eine Nadel ab, könne der Patient in wenigen Minuten ausbluten.
Im konkreten Fall habe der Patient innerhalb von nur drei Minuten einen Liter Blut verloren. Da er aber blind war, habe er nicht rechtzeitig Alarm schlagen können. Die Dialysepraxis hätte daher als besondere Maßnahme gegen das Abrutschen der Nadel den Arm fixieren müssen.
Eine dauerhafte Überwachung sei bei eingeschränkten Patienten aber nicht generell zu fordern, betonte das OLG Hamm. Laut Sachverständigen sei in der Regel eine stündliche Überwachung ausreichend, bei kreislaufinstabilen Patienten allerdings teils häufiger.
Dass die Fixierung nicht gegen den Willen eines Patienten erfolgen könne, schließe die Schadenersatzpflicht nicht aus. Bei blinden Patienten sei es zwingend erforderlich vor Behandlungsbeginn über die erforderliche Fixierung aufzuklären, so das OLG. (fle/mwo)
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