Die Infektionskrankheit Toxoplasmose könnte einer Studie zufolge für mehr Schädigungen bei Säuglingen in Deutschland verantwortlich sein als bisher angenommen. Dies berichten aktuell Experten des Robert-Koch-Institus (RKI) im Fachmagazin „Scientific Reports”. Demnach könne von jährlich 345 geschädigten Neugeborenen ausgegangen werden – gemeldet werden jedoch nur 8 bis 23 Fälle im Jahr.
Ansteckung über Katzenkot und rohes Fleisch
Bei der Toxoplasmose handelt es sich um eine häufig auftretende Infektionskrankheit, welche durch den Erreger Toxoplasma gondii ausgelöst wird. Während Katzen dem Parasiten als Hauptwirt dienen, fungieren alle anderen Säugetiere, einschließlich des Menschen, als Zwischenwirte. Diese können sich z.B. durch die Aufnahme der von Katzen ausgeschiedenen Eier (Oozysten) des Erregers anstecken (z.B. durch Katzenkot in der Gartenerde). Möglich ist aber auch eine Übertragung durch verunreinigte Lebensmittel wie z.B. ungewaschenes Obst, zudem stellen rohe bzw. nicht ausreichend erhitzte Fleischprodukte aus infizierten Schlachttieren (vor allem Schweine- und Schaffleisch) eine wichtige Infektionsquelle dar.
Infektion kann schwere neurologische Schäden verursachen
Bei Katzen verläuft die Erkrankung meist symptomlos, doch für den Menschen kann sie sehr gefährlich werden. Das gilt vor allem für Schwangere beziehungsweise für das ungeborene Kind, wenn die Mutter keine Immunität gegen den Parasiten besitzt. Je nach dem, in welchem Stadium der Schwangerschaft sich die Frau ansteckt, kann der Erreger im Ernstfall zu schweren bleibenden neurologischen Schäden und Beeinträchtigungen des Sehvermögens oder einer Fehlgeburt führen.
Hat sich eine Mutter bereits vor der Schwangerschaft infiziert und daher eine Immunität gegenüber dem Erreger aufgebaut, ist das ungeborene Kind im Normalfall nicht gefährdet. Bei gesunden Menschen verläuft die Infektion meist ohne Symptome, nur in seltenen Fällen treten grippeähnliche Beschwerden wie z.B. leichtes Fieber, Abgeschlagenheit und geschwollene Lymphknoten auf, die jedoch meist von selbst wieder verschwinden. Laut dem Robert Koch-Institut wird angenommen, dass ca. 30% der Weltbevölkerung den Toxoplasmose-Erreger in sich tragen.
Infektion im Mutterleib ist meldepflichtig
Wird ein Kind hierzulande bereits während der Schwangerschaft mit Toxoplasmen infiziert (Kongenitale Toxoplasmose), muss dies den Angaben des RKI nach eigentlich gemeldet werden. Doch laut den Experten des Instituts gäbe es Hinweise, dass dies längst nicht in allen Fällen geschieht. Dementsprechend könnte die Infektion möglicherweise für mehr Schädigungen bei Neugeborenen verantwortlich sein als bislang angenommen. Eine Studie hatte demnach ergeben, dass es jährlich 345 Neugeborene z.B. mit Nervenschäden oder Augenbeschwerden infolge einer Infektion mit dem Parasiten im Mutterleib geben müsse. Gemeldet würden jedoch lediglich 8 bis 23 Fälle im Jahr, so die Information des RKI.
Leichte Symptome würden nach der Geburt sehr wohl erkannt – doch meist nicht mit dem Erreger Toxoplasma gondii in Verbindung gebracht, so der RKI-Infektionsepidemiologe Hendrik Wilking gegenüber der Nachrichtenagentur „dpa“.
Ältere deutlich häufiger infiziert
Wie das RKI informiert, wurden für die aktuelle Studie Blutproben von insgesamt 6.663 Personen auf Antikörper untersucht. Die Proben waren ursprünglich für die repräsentative Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS) genommen worden, welche zuletzt von 2008 bis 2011 durchgeführt wurde und den Gesundheitszustand Erwachsener im Alter von 18-79 Jahren erhebt. Es zeigte sich, dass mehr als die Hälfte (3.602) der getesteten Proben seropositiv war, wobei der Anteil bei den Älteren deutlich höher ausfiel. Demnach stieg die Anzahl der positiven Fälle von 20 % in der Altersgruppe der jungen Erwachsenen (18-29 Jahre) auf 76,8% bei den Senioren (70-79 Jahre). Diese altersabhängigen Zuwächse waren in den ostdeutschen Bundesländern stärker als im Westen. Als unabhängige Risikofaktoren für eine Seropositivität konnten die Experten des RKI ein männliches Geschlecht, Katzenhaltung und einen Body Mass Index von (über) 30 ausmachen.
Die Ergebnisse der neuen Studie könnten laut Wilking vor allem für den Bereich der Prävention hilfreich sein. Ob ein Schwangeren-Screening auf T.-gondii-Antikörper, wie es z.B. in Frankreich durchgeführt wird, sinnvoll sei, müssten jedoch Experten verschiedener Disziplinen diskutieren, so der RKI-Infektionsepidemiologe gegenüber der Nachrichtenagentur. Wie die „dpa“ berichtet, hatte eine Neugeborenenstudie in Mecklenburg-Vorpommern ergeben, dass die Mehrheit der schwangeren Frauen keinen Toxoplasmose-Test zur Vorsorge durchführen lässt. Dieser gilt als umstritten, da die Frau ohne einen begründeten Verdacht die Kosten zwischen 14 und 16 Euro selbst tragen muss. Zudem ermittelt ein erster Test in der Schwangerschaft lediglich, ob sich im Blut der Frau bereits Antikörper gegen Toxoplasmen befinden. Wann genau sich diese gebildet haben, ob vor oder während der Schwangerschaft, muss durch weitere spezielle Untersuchungen überprüft werden.
Schwangere sollten im Umgang mit Katzen vorsichtig sein
Deuten diese auf eine frische Ansteckung mit dem Erreger hin, erhält die Schwangere Antibiotika, informiert die Techniker Krankenkasse (TK). Doch ob diese Behandlung das Kind vor den gefürchteten Toxoplasmose-Schädigungen schützen könne, sei der TK zufolge nicht gesichert. Daher sollten Schwangere vorsorglich auf den Verzehr von rohem bzw. ungenügend erhitztem Fleisch und ungewaschenem Gemüse verzichten. Ebenso sollte in der Schwangerschaft besondere Vorsicht bei der Nahrungszubereitung, beim Verarbeiten von rohem Fleisch sowie bei der Gartenarbeit walten, da sich in der Erde infizierte Reste von Katzenkot befinden könnten. Generell sei außerdem immer auf einen hygienischen Umgang mit Katzen zu achten, so die Krankenkasse. (nr)
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