Wenn ältere Menschen unter depressiven Symptomen leiden, geht damit eine Verschlechterung des Gedächtnisses einher. Umgekehrt kann eine Verschlechterung des Gedächtnisses wiederum zu verstärken depressiven Symptomen im Alter führen.
In einer neuen Studie unter Beteiligung von Fachleuten des University College London (UCL) wurde über einen Zeitraum von 16 Jahren untersucht, ob es einen bidirektionalen Zusammenhang zwischen depressiven Symptomen und den kognitiven Funktionen gibt. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift „JAMA Network Open“ veröffentlicht.
Besteht ein Zusammenhang?
Insgesamt wurden 8.268 Teilnehmende der sogenannten English Longitudinal Study of Ageing, für die relevante Daten vorlagen und die mindestens 50 Jahre alt waren, in die aktuelle Untersuchung eingeschlossen. Das Durchschnittsalter der Teilnehmenden lag bei 64 Jahren, berichtet das Team.
Die kognitiven Funktionen wurden anhand von regelmäßigen Gedächtnistests über einen Nachbeobachtungszeitraum von 16 Jahren beurteilt. Gleichzeitig erfolgten regelmäßige Befragungen zu dem Auftreten depressiver Symptome, die anhand der Depressionsskala des Centre for Epidemiologic Studies bewertet wurden, berichtet das Team.
Beschleunigter Abbau kognitiver Funktion
Die Forschenden fanden heraus, dass Teilnehmende, die zu Beginn der Studie unter stärkeren depressiven Symptomen litten, ein erhöhtes Risiko für einen beschleunigten Abbau der kognitiven Funktionen im späteren Leben aufwiesen.
Zudem zeigten Teilnehmende, die im Verlauf der Studie unter einer stärkeren Zunahme von depressiven Symptomen litten, ein erhöhtes Risiko für eine stärkere Verschlechterung des Gedächtnisses, berichtet das Team.
Verstärkte depressive Symptome
Umgekehrt wiesen Teilnehmende, die zu Beginn der Studie unter einem schlechteren Gedächtnis litten, ein erhöhtes Risiko für depressive Symptome im weiteren Leben auf. Auch hier hatten Personen mit einem stärkeren Gedächtnisrückgang während der Studie ein erhöhtes Risiko für eine stärkere Zunahme von depressiven Symptomen, erläutern die Forschenden.
„Es ist bekannt, dass Depressionen und Gedächtnisstörungen bei älteren Menschen häufig zusammen auftreten, aber es war bisher unklar, was zuerst auftritt“, so die Studienautorin Dr. Dorina Cadar in einer Pressemitteilung.
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„Unsere Studie zeigt, dass der Zusammenhang zwischen Depressionen und Gedächtnisschwäche in beide Richtungen geht: Depressive Symptome gehen einer Gedächtnisverschlechterung voraus, und eine Gedächtnisverschlechterung hängt mit nachfolgenden depressiven Symptomen zusammen“, fügt die Medizinerin hinzu.
Depressionen & Gedächtnis eng verbunden
Die Forschenden schließen aus den Ergebnissen, dass Depressionen und das Gedächtnis eng miteinander verbunden sind und sich offenbar gegenseitig beeinflussen. So könnten Maßnahmen zur Linderung depressiver Symptome auch dazu beitragen, den Abbau des Gedächtnisses im weiteren Leben zu verlangsamen, erläutert das Team.
Zudem werde deutlich, wie wichtig es ist, bei älteren Erwachsenen mit depressiven Symptomen die kognitiven Funktionen zu überwachen, um einen Gedächtnisverlust frühzeitig zu erkennen und eine Verstärkung der depressiven Symptome sowie weitere Einbußen der kognitiven Funktionen zu verhindern.
Dr. Cadar fügt hinzu, dass es umgekehrt ebenso wichtig sei, depressive Symptome bei Menschen mit Gedächtnisverlust zu behandeln, um das Risiko für Depressionen mit entsprechenden weiteren negativen Auswirkungen auf das Gedächtnis zu reduzieren. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Jiamin Yin, Amber John, Dorina Cadar: Bidirectional Associations of Depressive Symptoms and Cognitive Function Over Time; in: JAMA Network Open (veröffentlicht 11.06.2024), JAMA Network Open
- University College London: Depressive symptoms may hasten memory decline in older people (veröffentlicht 11.06.2024), UCL
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.