Hohe Blutfettwerte werden mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Zusammenhang gebracht. Um das Cholesterin zu senken, wird meist ein gesünderer Lebensstil empfohlen. Häufig kommen auch Cholesterinsenker, sogenannte Statine, zum Einsatz. Diese können jedoch auch Muskelbeschwerden verursachen. Fachleute erklären, was dann zu tun ist.
Statine werden angewendet, um bei Personen mit hohen Blutfettwerten den Cholesterinspiegel zu senken. Allerdings sind diese Medikamente bei vielen Menschen unbeliebt, weil sie den Ruf haben, mit diversen Nebenwirkungen wie Muskelbeschwerden einher zugehen. In einer Mitteilung der Deutschen Herzstiftung wird erläutert, was getan werden kann, wenn Cholesterinsenker Beschwerden verursachen.
Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Ein hoher Cholesterinspiegel zählt zu den größten Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Vor allem hohe Werte des LDL (LDL = Low Density Lipoprotein)-Cholesterins (LDL-C) sind kennzeichnend für dieses Risiko.
Statine sind Cholesterinsenker erster Wahl, wenn es darum geht, hohe LDL-C-Werte zu normalisieren und so das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle zu senken – insbesondere bei Personen, die bereits ein kardiovaskuläres Ereignis hatten (sogenannte Sekundärprävention).
Doch Patientinnen und Patienten sind oft unsicher bei der Einnahme, weil Berichte zu Muskelbeschwerden mit Statinen verbreitet sind.
„Nehmen Patienten Cholesterinsenker ein und es kommt zu Beschwerden, sollten sie zeitnah mit ihrem Arzt sprechen. Er kann klären, was genau die Ursache der Beschwerden ist. Denn oft sind es gar nicht die Medikamente“, so der Kardiologe und Lipidspezialist Prof. Dr. med. Ulrich Laufs vom Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung.
„Auf keinen Fall sollten Betroffene eigenhändig ihr Statin absetzen oder die Dosierung reduzieren.“
Beschwerden können auch andere Ursachen haben
Große Studien haben gezeigt, dass nur ein sehr geringer Teil der Menschen, die Statine einnehmen und von solchen Beschwerden berichten, diese tatsächlich nicht oder nicht in einer hohen Dosierung vertragen.
„Neun von zehn Personen, die im Rahmen dieser Studien über Muskelbeschwerden berichten, können ein Statin einnehmen. Ihre Beschwerden waren nicht durch Statine verursacht“, erläutert Prof. Laufs, Direktor der Klinik und Poliklinik für Kardiologie am Universitätsklinikum Leipzig.
„Wenn ein Patient Beschwerden hat, nehmen wir das natürlich sehr ernst. Die berichteten Beschwerden werden nicht in Frage gestellt“, sagt der Leipziger Kardiologe. Die Frage, die es gemeinsam mit Patientinnen und Patienten zu klären gelte, sei aber, ob die Statine tatsächlich die Beschwerden verursachen oder ob eine andere Ursache vorliegt.
„Muskuloskelettale Beschwerden sind leider sehr häufig. Liegt es tatsächlich am Statin oder handelt es sich vielleicht um altersbedingte Beschwerden im Bewegungsapparat?“, so Prof. Laufs.
„Es ist wichtig, sich mit den Patienten die Zeit zu nehmen, um das Problem zu klären, damit nicht die Einnahme der Lipid-senkenden Therapie gefährdet wird.“
Frauen öfter betroffen
Wenn es zu Muskelbeschwerden aufgrund eines Statins kommt, sind meist große Muskelgruppen wie Oberschenkel-, Schultergürtel- und Oberarmmuskulatur beidseitig betroffen. Frauen berichten öfter als Männer von solchen Beschwerden.
„Setzt man dann das Statin ab – dies unbedingt in Absprache mit dem Arzt –, dann gehen die Beschwerden in der Regel innerhalb kurzer Zeit zurück“, erklärt der Leiter der Lipid-Ambulanz am Leipziger Uniklinikum.
Bei Beschwerden könne man beispielsweise die medikamentöse cholesterinsenkende Therapie für zwei bis vier Wochen pausieren, um zu prüfen, wie es dem Patienten oder der Patientin dann geht.
„Eventuell kann man anschließend das Präparat wechseln, zum Beispiel von Simvastatin zu Atorvastatin. Man beginnt zunächst niedrig dosiert und erhöht dann die Dosis“, erläutert Prof. Laufs.
Wenn die Statin-Dosierung, die eine Patientin oder ein Patient beschwerdefrei verträgt, für eine cholesterinsenkende Wirkung nicht ausreicht, ist eine Kombinationstherapie möglich.
Individuelle Behandlung
Prof. Laufs, wie auch andere Fachleute, betonen, dass für eine Behandlung bei hohen LDL-C-Werten immer die individuelle Person, also auch ihr Gesamtrisiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, zu betrachten ist.
Ist beispielsweise nur das LDL-C leicht erhöht? Oder liegen noch zusätzlich Risikofaktoren für Infarkte vor, die ebenfalls ein Handeln erfordern? Bei hohen LDL-C-Werten ist mit Lebensstilmaßnahmen allein meist nur wenig zu erreichen. Daher muss früher mit einer medikamentösen Behandlung gestartet werden.
„Wissenschaftlich am besten gesichert sind hierfür Statine“, betont Laufs. Dennoch sei ein gesunder Lebensstil generell für die Gefäßgesundheit wichtig, um das Infarktrisiko zu verringern.
Bei lediglich leicht erhöhten LDL-C-Werten könne das Umstellen der Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten oft reichen, um das kardiovaskuläre Risiko zu senken.
Gesunder Lebensstil
Bei erhöhten Triglyzerid-Werten steht hingegen der Lebensstil an erster Stelle. Wenn das nicht hilft, kommen Medikamente ins Spiel.
Fachleute empfehlen für die tägliche Bewegung 30 bis 45 Minuten Ausdaueraktivitäten wie Radfahren, Laufen, flottes Spazierengehen, Joggen oder Schwimmen.
Für eine ausgewogene herzgesunde Ernährung wird häufig zur Mittelmeerküche geraten. Dieser Ernährungsweise werden positive Effekte zugeschrieben, die sich aber nicht an einer Senkung des Cholesterin-Spiegels ablesen lassen.
Diese Küche ist reich an frischem Gemüse, Obst, Salaten, Hülsenfrüchten, Vollkornprodukten, Fisch, Nüssen, Kräutern und pflanzlichen Ölen (zum Beispiel Olivenöl), die mehrfach ungesättigte Fettsäuren enthalten. Zudem werden insgesamt nur wenige tierische Produkte genutzt.
„Die Prävention durch eine Lebensstil-Anpassung – insbesondere die körperliche Aktivität und das Nicht-Rauchen – sollte in das Gesamtkonzept einer Fettstoffwechsel-Behandlung stets mit eingebunden werden. Arzt und Patienten sollten das gemeinsam besprechen“, empfiehlt der Herzstiftungs-Experte. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Deutsche Herzstiftung: Cholesterinsenker Statine: Was tun bei Beschwerden?, (Abruf: 16.06.2024), herzstiftung.de
- Wood FA et al.: N-of-1 Trial of a Statin, Placebo, or No Treatment to Assess Side Effects; in: The New England Journal of Medicine, (veröffentlicht: 15.11.2020), www.nejm.org
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.