BSG: Fehlende Brustanlage „keine behandlungsbedürftige Krankheit“
Kassel (jur). Die gesetzlichen Krankenkassen müssen Frauen ohne Brüste keine künstliche Brust bezahlen. Das gilt auch, wenn dies auf eine Erbkrankheit zurückgeht, urteilte am Dienstag, 8. März 2016, das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel (Az.: B 1 KR 35/15 R). Die fehlende Brustanlage sei „für sich genommen keine behandlungsbedürftige Krankheit“.
Damit wies das BSG eine heute 31 Jahre alte Frau aus Sachsen-Anhalt ab. Sie leidet am Camurati-Engelmann-Syndrom, einer erblichen Knochenkrankheit. Diese führte zu einer Verzögerung der Pubertät, weshalb sich keine weibliche Brust entwickelte. Auch der Einsatz von Hormonpräparaten blieb ohne Erfolg.
Bei ihrer Krankenkasse, der AOK Sachsen-Anhalt, beantragte die Frau, sie mit einer künstlichen Brust zu versorgen. Die Krankenkasse lehnte dies ab. Es liege keine behandlungsbedürftige Krankheit vor.
Dem ist das BSG gefolgt. Die Anlage einer künstlichen Brust ändere nichts an der Erbkrankheit und könne auch die Stillfähigkeit der Klägerin nicht herstellen. Dass die Brust fehle, sei keine Krankheit, sondern betreffe lediglich das Erscheinungsbild der Frau.
Die Korrektur einer Abweichung vom üblichen Körper müsse die Krankenkasse aber nur bezahlen, wenn diese zu Funktionsbeeinträchtigungen oder zu einer starken Entstellung führt. Funktionsbeeinträchtigungen lägen hier nicht vor. Eine Entstellung müsse derart schwerwiegend sein, dass sie schon „quasi im Vorbeigehen“ die Blicke auf sich zieht und „regelmäßig zur Fixierung des Interesses Anderer führt“. Auch dies sei hier nicht der Fall.
Ohne Erfolg blieb auch die Forderung nach einer Gleichbehandlung mit Brustkrebspatientinnen und Transsexuellen. Wenn bei einer Brustkrebspatientin eine oder beide Brüste abgenommen werden müssten, gehe es anschließend darum, den vorherigen Zustand möglichst wieder herzustellen. Hier wolle die Klägerin aber „einen neuen Zustand“.
Transsexuelle könnten zwar Anspruch auf eine Brustoperation haben, wenn Hormonbehandlungen ergebnislos bleiben. Dies sei hier aber Teil einer umfassenden Gesamtbehandlung und auch eines schwierigen psychischen Prozesses. Vergleichbare psychische Probleme seien bei der Klägerin aber nicht festgestellt worden. (mwo/fle)
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