Je emotionaler der Ehekrach, desto größer das Trennungsrisiko
Ein lauter, emotionsgeladener Konflikt in einer Partnerschaft kann auf eine baldige Trennung hindeuten. Das zeigte eine Langzeitstudie der Technischen Universität Braunschweig. Einer frühzeitigen Prävention kommt eine große Bedeutung zu. Bei Familientherapien spielt insbesondere die Qualität der Kommunikation eine wichtige Rolle.
Mögliche Hinweise auf ein Scheitern der Beziehung
Werden Konflikte in der Partnerschaft sehr emotional und mit erhobener Stimme ausgetragen, kann dies auf eine baldige Trennung oder Scheidung hindeuten. Zumindest gilt dies für Frauen. Bei Männern kann ein erhöhter Spiegel des Stresshormons Cortisol während des Ehestreits ein möglicher Hinweis auf ein bevorstehendes Scheitern der Beziehung sein. Das hat eine aktuelle Langzeitstudie ergeben, in der Wissenschaftler um Kurt Hahlweg, Professor für Klinische Psychologie, Psychotherapie und Diagnostik der Technischen Universität Braunschweig, untersuchten, inwieweit bestimmte Parameter Trennungen vorhersagen können. Auf dem Deutschen Kongress für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie in Potsdam, der unter dem Motto „Beziehung und Gesundheit“ stattfand, berichteten die Experten über die Untersuchung.
Vorhersagekraft von Trennung und Scheidung
Laut dem „Informationsdienst Wissenschaft“ (idw) werteten die Forscher für die Untersuchung eine Reihe von Parametern im Hinblick auf ihre Vorhersagekraft von Trennung und Scheidung aus. Dazu gehörten unter anderem physiologische Werte wie Blutdruck, Puls, Cortisolspiegel und Sprachgrundfrequenz. Die Daten waren in den 1990er Jahren bei Paaren erhoben worden, die auch Fragebögen zu ihrem Konflikt- und Kommunikationsverhalten ausfüllen mussten. Zudem wurden Videoaufzeichnungen von Streitsituationen angefertigt. Elf Jahre später hatten sich von den 68 Paaren etwa ein Drittel (32,5 Prozent) scheiden lassen. Die Wissenschaftler berichteten im Fachmagazin „Journal of Family Psychology“ über ihre Ergebnisse.
Parameter die auf emotional ausgetragene Konflikte hindeuten
Den Forschern zufolge zeigten sich die Sprachgrundfrequenz bei Frauen und eine erhöhte Cortisol-Ausschüttung bei Männern in Konfliktsituationen als einzig signifikante Prädiktoren, also Vorhersagefaktoren für Trennung oder Scheidung. „Parameter wie Sprachgrundfrequenz und Cortisol-Ausschüttung sind wichtige Indizes emotionaler Erregung“, so Hahlweg. Erhöhte Werte bei diesen Parametern deuten laut dem Experten darauf hin, dass Konflikte emotional ausgetragen werden.
„Die Ergebnisse bestätigen, wie wichtig es für die Stabilität einer Beziehung ist, dass Konflikte nicht zu häufig zu emotional ausgetragen werden.“ Wie es heißt, ist die Studie weltweit die erste, die sowohl physiologische Parameter als auch das Kommunikationsverhalten über einen so langen Zeitraum hinsichtlich ihrer Vorhersagekraft bezüglich Scheidung und Trennung untersuchte. Weitere Forschungen müssten diese Erkenntnisse nun erweitern.
Mehr als jede dritte Ehe scheitert
Etwa 35 Prozent der Ehen in Deutschland scheitern. „Dies belastet nicht nur die unmittelbar Betroffenen und ihre Kinder“, sagte Hahlweg. „Betrachtet man allein die gesundheitlichen Auswirkungen familiärer Konflikte hat dies auch soziale und ökonomische Folgen“. Einer frühzeitigen Prävention kommt daher große Bedeutung zu. Betroffenen Paaren ist meist ein Gang zum Paartherapeuten oder Familientherapeuten zu empfehlen. Insbesondere die Qualität der Kommunikation zwischen den Familienmitgliedern spielt dabei eine entscheidende Rolle, um das gesetzte Ziel der positiven Veränderung und Entwicklung der Beziehungen untereinander zu erreichen. Zudem können Rituale in der Partnerschaft helfen. Diese können dem Partner signalisieren, wie wichtig er einem ist.
Partner-Programme zeigen Wirkung
Ein Angebot, das von Experten empfohlen wird, ist das sogenannte EPL-Programm – das „Partnerschaftliche Lernprogramm“. Darin trainieren Paare unter anderem den Umgang mit Konflikten und eine auf Problemlösung ausgerichtete Kommunikation. Professor Hahlweg hat den Erfolg des Programms zusammen mit Kollegen untersucht. Im Fachjournal „Behaviour Research and Therapy“ berichteten sie, dass die Wahrscheinlichkeit, zusammenzubleiben, bei Paaren, die das Training absolviert haben, doppelt so hoch wie bei Paaren ohne ein solches Training ist.
Keine signifikanten Unterschiede gab es jedoch bei Langzeitpaaren mit und ohne EPL-Erfahrung in Bezug auf die Zufriedenheit mit der Beziehung: Zwischen 75 und 81 Prozent derjenigen, deren Partnerschaft mehr als 20 Jahre Bestand hatte, äußerten sich laut den Forschern zufrieden mit ihrer Beziehung – auch unter denjenigen, die nicht an einem EPL-Programm teilgenommen hatten. Hahlweg schlussfolgerte: „Paare, die es mehr als 20 Jahre miteinander ausgehalten haben, sind zum Großteil auch glücklich miteinander.“ (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
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