Einsamkeit ist mehr als ein bedrückendes Gefühl – die Folgen können tödlich sein. Eine neue Langzeitstudie zeigt, dass das Risiko frühzeitig zu versterben mit der Dauer des Alleinseins deutlich ansteigt.
Ein Forschungsteam unter Beteiligung von Fachleuten der University of Sydney hat die kausalen Auswirkungen von Einsamkeit auf die Sterblichkeit australischer Frauen ab einem Alter von 45 Jahren untersucht. Die Ergebnisse sind in dem Fachjournal „BMJ Medicine“ nachzulesen.
Einsamkeit als unterschätztes Gesundheitsrisiko
Einsamkeit steht schon länger im Verdacht, unsere Gesundheit zu beeinträchtigen. Doch bislang war es wissenschaftlich schwer zu fassen, ob tatsächlich ursächliche Zusammenhänge mit einem erhöhten frühzeitigen Sterberisiko bestehen – oder ob Einsamkeit lediglich ein Begleitfaktor anderer Erkrankungen ist.
Die neue Untersuchung sollte für mehr Klarheit sorgen. Die Forschenden analysierten hierfür die Daten von 11.412 Frauen, ie mindesten 45 Jahre alt waren. Über einen Zeitraum von 18 Jahren wurden regelmäßig Daten zur Lebenssituation, insbesondere zum Erleben von Einsamkeit, erhoben.
In der Untersuchung konzentrierten sich die Fachleute auf zwei Dimensionen der Einsamkeit: Persistenz (also wie häufig jemand über die Jahre Einsamkeit angab) und Chronizität (wie viele dieser Zeitpunkte direkt aufeinander folgten).
Zusammenhang mit dem Sterberisiko
Die Ergebnisse der Studie sind alarmierend. Laut den Forschenden zeigte sich ein klarer Dosis-Wirkungs-Zusammenhang zwischen der Anzahl der erlebten Einsamkeitsphasen und dem Sterberisiko.
Frauen, die bei zwei Befragungen angaben, einsam zu sein, hatten ein um 49 Prozent erhöhtes Risiko frühzeitig zu versterben – verglichen mit jenen, die angaben, nie unter Einsamkeit zu leiden. Bei vier Einsamkeitsphasen stieg das Risiko bereits um 118 Prozent, bei sechs um drastische 215 Prozent, berichtet das Team.
Auch der absolute Unterschied war beachtlich: Frauen, die durchgehend einsam waren, zeigten laut den Forschenden im Studienzeitraum eine um 10,86 Prozent höhere Sterberate als jene ohne Einsamkeitserfahrungen.
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Besonders auffällig: Die negativen Effekte waren nicht nur bei wiederholter Einsamkeit sichtbar, sondern verstärkten sich, wenn die Einsamkeit über mehrere Befragungszeitpunkte hinweg ununterbrochen anhielt.
Einsamkeit ein eigenständiger Risikofaktor
Die Ergebnisse sind ein Weckruf – insbesondere für Gesundheitssysteme, in denen soziale Faktoren oft noch unterschätzt werden. Einsamkeit muss als eigenständiges Gesundheitsrisiko anerkannt und in der medizinischen Versorgung und Prävention berücksichtigt werden, so das Forschungsteam.
Screening-Programme, gezielte Präventionsmaßnahmen und psychosoziale Unterstützung könnten nach Ansicht der Fachleute helfen, die voranschreitende Epidemie der Einsamkeit einzudämmen. Denn gerade mit dem demografischen Wandel und einer wachsenden Zahl älterer Menschen werde das Thema in Zukunft noch drängender.
Einsamkeit ist kein bloßes Randphänomen und die Studie macht deutlich: Wer sich langfristig einsam fühlt, hat ein deutlich höheres Risiko frühzeitig zu sterben. Wir sollten daher unsere sozialen Kontakte auch im Alter pflegen, uns aktiv vernetzen und Hilfe suchen, wenn die Einsamkeit zur Belastung wird. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Neta HaGani, Philip Clare, Dafna Merom, Ben J. Smith, Ding Ding: Loneliness and all cause mortality in Australian women aged 45 years and older: causal inference analysis of longitudinal data; in: BMJ Medicine (veröffentlicht 06.04.2025), BMJ Medicine
Wichtiger Hinweis:
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