Ärzte vertrauen bei neuen Medikamenten meist auf Informationen der Produzenten
In Deutschland werden immer mehr Medikamente verschrieben. Geht es um neue Arzneimittel, vertrauen Ärzte vor allem darauf, was sie von den Herstellern erzählt bekommen. Experten der Techniker Krankenkasse würden sich wünschen, dass die Mediziner „ihre Informationen stärker aus unabhängigen Quellen beziehen“.
Worauf Ärzte bei der Verordnung neuer Medikamente vertrauen
Erst vor kurzem wurde berichtet, dass die Arzneimittelausgaben in Deutschland ein neues Rekordhoch erreicht haben. Bundesweit sind die Arzneimittelausgaben der Krankenkassen in den vergangenen Jahren drastisch gestiegen. Wenn es um die Verordnung von neuen Medikamenten geht, vertrauen Ärzte am häufigsten darauf, was ihnen auf Fortbildungsveranstaltungen erzählt wird. Das hat eine Umfrage von DocCheck Research im Auftrag der Techniker Krankenkasse (TK) ergeben. Laut einer Mitteilung der TK antworteten 49 Prozent der befragten Ärzte, dass sie Fortbildungen am häufigsten für die Entscheidung nutzen, ob sie ein neues Medikament verordnen. 37 Prozent gaben demnach Fachzeitschriften als Quelle an und 30 Prozent Gespräche mit Pharmavertretern (Mehrfachnennungen waren möglich).
Fortbildungsveranstaltungen werden von der Pharmaindustrie finanziert
„Die meisten Fortbildungsveranstaltungen und Fachzeitschriften werden von der Pharmaindustrie finanziert. Ein kritischer Diskurs über den Einsatz von neuen Arzneimitteln findet in diesen Foren daher kaum statt“, erläuterte Tim Steimle, Leiter Fachbereich Arzneimittel der Techniker Krankenkasse. „Wir würden uns wünschen, dass die Ärzte ihre Informationen stärker aus unabhängigen Quellen beziehen.“ Mit ebenfalls 30 Prozent nannten die Ärzte medizinische Leitlinien genauso häufig als Quelle zur Entscheidungsfindung wie den Außendienst der Pharmaindustrie. 16 Prozent der befragten Mediziner gaben an, im Austausch mit Kollegen zu handeln oder sich auf Fachkongressen inspirieren zu lassen. Die unabhängigen Informationen des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) und vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) landeten mit 15 Prozent lediglich auf Platz sieben.
Neue Medikamenten oft ohne Zusatznutzen
Steimle sagte: „Damit sich das ändert, müssen die Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses zur frühen Nutzenbewertung in den medizinischen Leitlinien berücksichtigt werden. Das würde Ärzte bei der Therapiewahl unterstützen und gleichzeitig dem Einfluss der Pharmaindustrie entgegenwirken. Denn derzeit erhalten einige Patienten neue Therapien nicht schnell genug, andere bekommen teure Präparate, die keinen Zusatznutzen haben.“ In der Tat ist es so, dass neue Arzneien häufig ohne Mehrwert auf den Markt kommen, obwohl für die Neueinführung von Medikamenten verschärfte Transparenzregeln gelten und die Arzneien nach Vorgaben des Arzneimittelmarktneuordnungsgesetzes (AMNOG) einer Nutzenbewertung unterzogen werden, in der sie ihren Zusatznutzen gegenüber bereits zugelassenen Medikamenten unter Beweis stellen müssen. (ad)
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Wichtiger Hinweis:
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