Bundesverwaltungsgericht verhandelt über Cannabis-Anbau zur Eigentherapie
Am Mittwoch hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig darüber entschieden, das unter bestimmten Voraussetzungen schwerkranke Menschen Marihuana zur Eigentherapie straffrei anbauen dürfen. Ein an Multipler Sklerose leidender Mann hatte auf die Erlaubnis geklagt, Cannabis für sich selbst zu Hause zu züchten.
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig verpflichtete mit seinem Urteil das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), dem schwer kranken Kläger eine Ausnahmeerlaubnis zum Cannabis-Eigenanbau zu erteilen, “weil das Betäubungsmittel für seine medizinische Versorgung notwendig ist und ihm keine gleich wirksame und erschwingliche Therapiealternative zur Verfügung steht.” Die Entscheidung ist wegweisend für die künftige Verwendung von Cannabis zu medizinischen Zwecken.
Marihuana wird seit langem für medizinische Zwecke eingesetzt
Die Frage, ob man Hanf frei geben soll oder lieber nicht, wird seit Jahren teils erbittert geführt. Vielen Befürwortern geht es dabei auch um die gesundheitlichen Aspekte von Marihuana. Diese sind vielfach wissenschaftlich belegt, etwa bei Beschwerden wie Übelkeit und Erbrechen. Cannabis wird in der Medizin schon seit längerem unter anderem zur Behandlung von chronischen Schmerzen oder gegen spastische Lähmungen und Krämpfe bei Multipler Sklerose (MS) eingesetzt. Auch der 52-jährige Kläger, der seit über 30 Jahren an MS leidet, nutzt Marihuana, um seine Beschwerden zu lindern. Er züchtet die Pflanzen dafür selbst zu Hause. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hatte nun darüber zu entscheiden, ob der schwer kranke Kläger Cannabis zur Eigentherapie selbst anbauen darf.
Cannabis zur Eigentherapie anbauen
Seit 1985 ist der Kläger laut Angaben des Gerichts an Multipler Sklerose erkrankt, deren Symptome er seit etwa 1987 durch die regelmäßige Einnahme von Cannabis behandelt. ZWar wurde er von dem Vorwurf des unerlaubten Besitzes und Anbaus von Betäubungsmitteln zuletzt im Januar 2005 freigesprochen, da das Strafgericht sah sein Handeln als gerechtfertigt ansah, weil ihm keine Therapiealternative zur Verfügung stünden. Doch den seit Mai 2000 gestellten Antrag des Klägers auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zum Anbau von Cannabis zur medizinischen Selbstversorgung lehnte das BfArM bislang ab. Das Verwaltungsgericht hat das BfArM nun allerdings verpflichtete, dem Kläger die beantragte Erlaubnis zu erteilen. Nach § 3 Abs. 2 des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) könne das BfArM eine Erlaubnis zum Anbau von Cannabis nur ausnahmsweise zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken erteilen. Die Behandlung des schwer kranken Klägers mit selbst angebautem Cannabis liege hier ausnahmsweise im öffentlichen Interesse, weil “die Einnahme von Cannabis zu einer erheblichen Linderung seiner Beschwerden führt und ihm gegenwärtig kein gleich wirksames und für ihn erschwingliches Medikament zur Verfügung steht.” Aus Kostengründen komme der Erwerb von so genanntem Medizinalhanf aus der Apotheke als Therapiealternative nicht in Frage. Die Krankenkasse des Klägers hatte eine Kostenübernahme wiederholt abgelehnt.
Grundsatzurteil des Bundesverwaltungsgerichts erwartet
Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig ist als Grundsatzurteil zum Eigenanbau von Cannabis für schwerkranke Menschen zu bewerten. Die Entscheidung kann für tausende unheilbar Kranker von Bedeutung sein. Angaben der Interessenvereinigung Deutscher Hanfverband zufolge hatten Anfang 2015 nur etwa 380 Menschen in Deutschland eine Ausnahmegenehmigung zur Nutzung von medizinischem Cannabis aus der Apotheke. Andere könnten sich die hohen Apothekenpreise nicht leisten und versorgten sich lieber illegal auf dem Schwarzmark. Vergangenen Sommer haben sich 90 Prozent der Deutschen in einer Umfrage für einen leichteren Zugang zu Cannabis für Patienten ausgesprochen, doch noch gibt es in diesem Punkt wenig Bewegung in der Politik. (ad,fp)
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