OLG Hamm: sozial-familiäre Beziehung erforderlich
Hamm (jur). Erkennt ein Mann die rechtliche Vaterschaft für ein nicht von ihm stammendes Kind an, muss er auch eine sozial-familiäre Beziehung aufbauen. Andernfalls kann der leibliche Vater des Kindes die rechtliche Vaterschaft des Mannes erfolgreich anfechten, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Hamm in einem am Freitag, 8. April 2016, bekanntgegebenen Beschluss (Az.: 12 UF 244/14). Von einer sozial-familiären Beziehung sei in der Regel davon auszugehen, wenn der rechtliche Vater mit der Mutter verheiratet ist oder mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammenlebt und er damit Verantwortung übernimmt.
Im entschiedenen Vaterschafts-Rechtsstreit ging es um ein 2011 geborenes Kind. Die aus Guinea stammende, heute 24-jährige Mutter war 2010 als Asylbewerberin nach Deutschland gekommen. Aus einer unehelichen Beziehung mit dem ebenfalls aus Guinea stammenden Antragsteller ging das Kind hervor.
Die rechtliche Vaterschaft für das Kind übernahm jedoch ein heute 50-jähriger Deutscher, der jedoch nicht mit der Mutter, sondern mit einer anderen Frau zusammenlebt. Die Mutter und er leben in Münster und haben für den Jungen eine gemeinsame Sorgerechtserklärung abgegeben. Der rechtliche Vater zahlt auch Unterhalt und hat zum Kind regelmäßig Kontakt.
Der in Dortmund lebende leibliche Vater focht die rechtliche Vaterschaft des anderen Mannes an. Die Anerkennung der Vaterschaft sei nur aus aufenthaltsrechtlichen Gründen erfolgt, so sein Einwand.
Mutter und rechtlicher Vater hielten die Vaterschaftsanfechtung für nicht berechtigt. Sie würden eine „sozial-familiäre Beziehung“ mit dem Kind leben. Der rechtliche Vater sei damit auch ein „richtiger“ Vater.
Das OLG gab jedoch in seinem Beschluss vom 11. Februar 2016 dem Antragsteller recht. Der biologische Vater sei als Vater für das Kind anzusehen. Eine vom Gesetz geschützte sozial-familiäre Beziehung bestehe nur dann, wenn der rechtliche Vater für das Kind tatsächliche Verantwortung trägt, so die Hammer Richter. Dies sei in der Regel der Fall, wenn er mit der Mutter verheiratet ist oder mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft lebt. Beides sei hier nicht der Fall.
Zwar könne auch außerhalb dieser Regelvermutungen eine Vaterschaftsanfechtung ausgeschlossen sein, wenn der rechtliche Vater zu dem Kind eine „schützenswerte, sozial gehaltvolle Beziehung“ unterhalte. Dies ergebe sich aber nur aus der Wahrnehmung „typischer Elternrechte und -pflichten des rechtlichen Vaters“.
Auch dies sei bei dem rechtlichen Vater nicht feststellbar. Die gemeinsame Sorgerechtserklärung und Unterhaltszahlungen reichten nicht aus. So lebe die Mutter mittlerweile mit einem anderen Mann zusammen, der rechtliche Vater habe zudem keine aktuell erbrachten Betreuungsleistungen für das Kind benennen können. Dass der Junge zu ihm „Papa“ sage, genüge nicht, da dieser den neuen Partner der Mutter auch so bezeichne. (fle)
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