Verbreitung von Syphilis und Gonorrhö begünstigte offenbar die „Einehe“
Monogamie liegt biologisch betrachtet eigentlich nicht in der Natur des Menschen. Dennoch ist sie heute in zahlreichen Kulturen das am weitesten verbreitete Beziehungsmodell. Wie kann das sein? Feste Bindungen mit nur einem einzigen Partner leisten offenbar einen wertvollen Beitrag für die Gesellschaft. Denn wie zwei Forscher aus Kanada und Deutschland im Fachmagazin “Nature Communications” berichten, schützen monogame Beziehungen in größeren Gruppen vor der Ausbreitung von Geschlechtskrankheiten.
Die meisten Menschen entscheiden sich für eine exklusive Partnerschaft
In den meisten westlichen Kulturen gehen die Menschen heutzutage eine feste Bindung mit nur einem einzigen Partner ein und streben eine dauerhafte Beziehung mit diesem an. Wie kommt es aber, dass sich so viele für die Monogamie entscheiden, obwohl die so genannte „Einehe“ eigentlich gar nicht der Natur des Menschen entspricht? Zwei Forscher aus Kanada und Deutschland haben nun entdeckt, dass möglicherweise die Ausbreitung sexuell übertragbarer Krankheiten in größeren Gruppen dazu geführt haben könnte, dass wir heute monogam leben.
Von „Vielweiberei“ hin zu monogamem Leben
Chris Bauch von der University of Waterloo in Kanada und Richard McElreath vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig stellten sich die Frage, warum sich in einigen Kulturen mit Beginn des Ackerbaus vor etwa 10.000 Jahren die Monogamie als soziale Norm durchsetzte. Denn zuvor lebten (und leben auch heute noch) viele der historisch bekannten menschlichen Populationen in polygynen Gesellschaften, welche es dem Mann erlauben, mehr als eine Frau zu heiraten. Um diese Entwicklung zu verstehen, erstellten die beiden Forscher eine Computersimulation, ausgehend von Daten zur Bevölkerungsentwicklung und zur Verbreitung von Infektionskrankheiten. Es zeigte sich, dass der Grund für den Wandel hin zu einem monogamen Leben möglicherweise mit der Ausbreitung sexuell übertragbarer Krankheiten zusammenhängen könnte, so eine Mitteilung der University of Waterloo.
Geschlechtskrankheiten nur für größere Gruppen bedrohlich
Da Krankheiten wie Syphilis, Gonorrhö oder Chlamydien-Infektionen häufig zu Unfruchtbarkeit führen, können sie dadurch die Entwicklung einer Population maßgeblich beeinflussen. Wie bedrohlich Geschlechtskrankheiten für eine Bevölkerungsgruppe war, war den Angaben zufolge offenbar größtenteils abhängig von ihrer Größe. In kleineren Gruppen mit nicht mehr als 30 Erwachsenen verschwanden solche Infektionen demnach relativ schnell wieder, da eine Verbreitung angesichts der wenigen Menschen nur begrenzt möglich war. In größeren Gesellschaften, wie sie sich im Zuge der aufkommenden Landwirtschaft entwickelten, breiteten sich die Krankheiten hingegen rasend schnell aus und stellten dadurch eine massive Gefahr für das Weiterbestehen der Gruppe dar. Die sesshaften bäuerlichen Gemeinschaften konnten ihr Überleben daher letztendlich nur mit dem Verzicht auf die „Vielweiberei“ sichern.
„Diese Forschung zeigt, wie Ereignisse in natürlichen Systemen, etwa die Verbreitung ansteckender Krankheiten, die Entwicklung sozialer Normen und vor allem unsere gruppenorientierte Beurteilung erheblich beeinflussen können”, so Bauch in der Mitteilung seiner Universität. „Unsere Untersuchung zeigt, wie mathematische Modelle nicht nur genutzt werden, um die Zukunft vorherzusagen, sondern auch, um die Vergangenheit zu verstehen.”
Umwelt wird durch soziale Normen geformt
Die Entwicklung sozialer Normen sei den Wissenschaftlern zufolge ein komplexer Vorgang, der durch Wechselwirkungen mit Prozessen in unserer natürlichen Umgebung geprägt ist: „Unsere soziale Normen wurden von unserer natürlichen Umwelt geprägt. Im Gegenzug verstehen wir immer mehr, dass die Umwelt durch unsere sozialen Normen geformt wird“, so Professor Bauch weiter. Vermutlich hätten neben der Gefahr durch sexuell übertragbare Krankheiten noch andere Mechanismen dafür gesorgt, dass immer mehr Menschen ein monogames Leben wählten. Hierzu zählen unter anderem die Wahl der Frauen bei der Suche nach einem Mann, pathogener Stress oder technologische Einflüsse, so die Mitteilung der Universität. (nr)
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