Pflegedienste begehen milliardenschwerden Sozialbetrug
In den vergangenen Jahren haben zahlreiche Organisationen auf die Missstände im deutschen Gesundheitssystem hingewiesen und dabei den Pflegenotstand kritisiert. Wie jetzt bekannt wurde, findet im Pflegebereich ein massiver Abrechnungsbetrug statt. Es geht dabei um mindestens eine Milliarde Euro im Jahr. Es bleibt zu hoffen, das sich die Pflege nicht weiter verschlechtert.
Betrug im Gesundheitswesen
Seit Jahren wird immer wieder über Korruption und Betrug im Gesundheitswesen berichtet. Waren es früher insbesondere Hinweise auf Abrechnungsbetrug bei sogenannten Heilmitteln wie Physiotherapie, Krankengymnastik oder Massagen, wurden in den letzten Jahren vor allem auch Mauscheleien im Bereich der Pflege untersucht. Womöglich wurde hier Betrug auch einfacher, da es einen massiven Anstieg der Leiharbeit in der Pflege gegeben hat. Wie die Nachrichtenagentur dpa berichtet, begehen russische Pflegedienste nach Erkenntnissen des Bundeskriminalamts (BKA) milliardenschweren Sozialbetrug. Informationen der „Welt am Sonntag“ und des Bayerischen Rundfunks (BR) zufolge hat das BKA inzwischen Hinweise auf Strukturen organisierter Kriminalität.
Jährlicher Schaden von einer Milliarde Euro
Laut den Recherchen entsteht den Sozialkassen ein jährlicher Schaden von mindestens einer Milliarde Euro. Regionale Schwerpunkte gibt es der Agentur zufolge in Berlin, Niedersachsen und Bayern. Ein BKA-Sprecher erläuterte: „Das Phänomen des Abrechnungsbetrugs mit Pflegediensten von Staatsangehörigen aus der ehemaligen Sowjetunion ist dem BKA bekannt. Wir beobachten es gemeinsam mit den Bundesländern sehr sorgfältig.“ Wie das Recherche-Team der Zeitung und des Rundfunksenders mit Bezug auf einen vertraulichen Bericht des BKA berichtete, entstünden vor allem den kommunalen Sozialhilfeträgern sowie den gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen beträchtliche finanzielle Schäden.
Nicht erbrachte Leistungen abgerechnet
Weiter heißt es, dass es in Einzelfällen Informationen gebe, wonach „die Investition in russische, ambulante Pflegedienste ein Geschäftsfeld russisch-eurasischer organisierter Kriminalität ist“. Die Betrugsformen seien laut dpa vielfältig. Demnach rechneten Pflegedienste beispielsweise systematisch mit gefälschten Pflege-Protokollen nicht erbrachte Leistungen ab. In manchen Fällen seien Patienten aus den ehemaligen Sowjetrepubliken in den Betrug verwickelt. Patient und Pflegedienst teilten den Erlös dann. Den Angaben zufolge verlagerten die osteuropäischen Gruppen ihr Geschäft auch auf lukrative Intensivpflegepatienten. Laut den beiden Medien zweigen sie damit bis zu 15.000 Euro pro Patient und Monat aus den Sozialsystemen ab.
Schärfere Kontrollen gefordert
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz hat angesichts dieser Berichte schärfere Kontrollen von Wohngemeinschaften und Pflegeheimen gefordert. „Bund und Länder müssen alarmiert sein, wenn sich die organisierte Kriminalität in der Pflege ausbreitet“, sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch. „Regelmäßige unangekündigte Kontrollen finden in den Wohngruppen kaum statt. Die meisten Länder haben die Aufsicht auf ein Minimum zurückgefahren.“ Brysch verlangte, in den Bundesländern Schwerpunktstaatsanwaltschaften einzurichten. „Erschreckend ist, dass jetzt Pflege in einem Zusammenhang mit Prostitution und Drogenhandel genannt wird.“ Allerdings gehe es nicht nur um das Geld, das den Sozialkassen verloren gehe. „Vor allem sind es die pflegebedürftige Menschen, die unter der Russenmafia leiden.“ (ad)
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