Neue Studie empfiehlt niedrigeren Zielwert bei der Blutdrucksenkung
Bluthochdruck stellt ein gesundheitliches Risiko dar, denn er überlastet auf Dauer das Herz und die Gefäße und kann unbehandelt zu einem Herzinfarkt oder Schlaganfall führen. Bei der Behandlung steht daher vor allem die Senkung des Blutdrucks im Mittelpunkt. Laut der im November letzten Jahres erscheinenden “SPRINT”-Studie sollte dabei ein Zielwert von 120 mmHg angestrebt werden – und nicht mehr wie früher ein Wert von 140 mmHg. Gilt diese Vorgabe für jeden Patienten? Und sind Nebenwirkungen zu erwarten? In einem Interview mit der Zeitschrift „Herz heute“ erläutert der Kardiologe Prof. Heribert Schunkert die wichtigsten Punkte zur Studie und gibt Tipps, worauf Betroffene achten sollten.
Bluthochdruck kann zu Herzinfarkt und Schlaganfall führen
Laut einer aktuellen Mitteilung der Deutschen Herzstiftung leben hierzulande schätzungsweise etwa 20 Millionen Erwachsene mit einem zu hohen Blutdruck. Dieser stellt eine immense Gesundheitsgefahr dar, denn nicht bzw. nicht ausreichend behandelt, erhöht er das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall, Nierenversagen und Herzschwäche deutlich. Bei der Behandlung geht es daher vor allem um die Senkung des Werts, wobei bislang meist ein Zielwert von 140 mmHg (Millimeter Quecksilbersäule) angestrebt wurde. Im November letzten Jahres erschien jedoch die so genannte “SPRINT”-Studie, laut der es für die Gesundheit der Patienten besser ist, wenn der Blutdruck auf 120 mmHg eingestellt wird. Das sorgte bei vielen Patienten für Verunsicherung, denn oft stellt schon die Senkung auf 140 eine enorme Herausforderung dar.
Schädigungen summieren sich bei jüngeren Menschen über die Jahre
Ist beim Blutdruck also 120 das neue 140? Und gilt das für alle Patienten gleichermaßen? „Je jünger und gesünder ein Hochdruckpatient ist, desto näher sollte er an 120 mmHg herangeführt werden”, erklärt der Herzspezialist in dem Gespräch, welches von der Deutschen Herzstiftung veröffentlicht wurde. Denn bei jungen Menschen häufen sich die Schädigungen der Organe durch den Bluthochdruck im Laufe der Jahre an – was jedoch durch eine intensivierte Blutdrucktherapie vermieden werden kann.
„Wenn eine junge Frau oder ein junger Mann mit einem Blutdruck von 140 zu mir kommt, sage ich: ‘Da ist mehr drin’“, führt Prof. Dr. med. Heribert Schunkert weiter aus. Schunkert gehört dem Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung an und ist Ärztlicher Direktor des Deutschen Herzzentrums München.
Gesundheitliche Risiken konnten deutlich gesenkt werden
Die Studie hatte gezeigt, dass eine Blutdrucksenkung auf 120 bei geeigneten Personen beeindruckende Erfolge bringe. Denn durch die intensivierte Behandlung konnte das Risiko für einen Infarkt, Schlaganfall, Herzversagen oder Tod durch ein Herzkreislaufleiden deutlich minimiert werden. Dies bestätigt auch Schunkert, „allerdings muss eine solche Blutdrucksenkung immer von der individuellen Situation des Patienten abhängig gemacht werden“, betont der Experte. Dabei gehe es nicht nur um die richtige Medikation.
Stattdessen könne durch eine Veränderung des Lebensstils durch gesunde Ernährung, Bewegung sowie wenig Salz und Alkohol der Blutdruck um 10 mmHg gesenkt werden. Mit Blutdruckmitteln könne die Behandlung dann zusätzlich intensiviert werden.
Intensivierte Behandlung erfordert ständige Kontrollen
Die intensive Form der Therapie sei laut Schunkert jedoch nur mit hoch motivierten Ärzten und Patienten durchführbar. Denn die Herabsetzung des Blutdrucks auf einen niedrigeren Zielwert erfordert sehr häufige ärztliche Kontrollen, um ernste Nebenwirkungen wie eine Ohnmacht oder Nierenschäden zu vermeiden. Bei älteren Patienten und Personen mit Begleiterkrankungen wie z.B. der koronaren Herzkrankheit müsse hier besonders gut hingeschaut werden, „damit man mit der Blutdruckbehandlung nicht über das Ziel hinausschießt“, warnt der Experte.
Patienten, die nur mit viel Mühe oder gar nicht den bislang geltenden Zielwert von unter
140/90 mmHg erreichen, sollten angesichts der neuen Studie keinesfalls die Motivation verlieren. Stattdessen sei es wichtig, dass sich die Betroffenen die Risiken klar machen und kleinere Ziele stecken: „Wenn es gelingt, einen hohen Blutdruck erheblich zu senken, z.B. auf unter 140/90 mmHg, ist die Gefährdung in großem Maße ausgeschaltet“, erklärt der Kardiologe. Eine weitere Senkung bringe zwar eine Verbesserung, doch die sei vergleichsweise gering. „Mit einem erheblich gesenkten Blutdruck sind die Patienten, auch wenn sie die 120 mmHg nicht erreichen können, auf jeden Fall Gewinner der Blutdrucktherapie“, betont Schunkert. (nr)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.