E-Health: Regierung warnt vor Risiken durch Medizin-Apps
Auf dem Markt sind mittlerweile Tausende Smartphone-Apps für Gesundheit, Fitness und Medizin erhältlich. Man kann damit Puls messen, sich an die Pille erinnern lassen und sogar erste Diagnosen stellen. Zwar können die Apps viel, einen Arzt ersetzen sie aber nicht. Zudem bergen sie einige Risiken, vor allem hinsichtlich des Datenschutzes.
Nur wenige Apps mit echtem therapeutischen Anspruch
Mittlerweile sind auf dem Markt immer mehr Apps erhältlich, die der Gesundheit dienen sollen. Manche messen Herzfrequenz und Stoffwechsel, andere dienen als Blutdruckmesser, Schmerztagebuch, Pillenwecker oder Ernährungsratgeber. Der Trend der digitalen Selbstüberwachung wird von vielen Menschen sehr kritisch gesehen. Experten bemängeln, dass es nur wenige sinnvolle Gesundheits-Apps gibt. Nur wenige haben einen echten diagnostischen und therapeutischen Anspruch. Zu diesem Ergebnis kam jetzt eine vom Bundesgesundheitsministerium geförderte Studie des Peter-L.-Reichertz-Instituts für Medizinische Informatik. Das Bundesministerium für Gesundheit veröffentlichte die Ergebnisse der Studie in einer aktuellen Pressemitteilung.
Klare Qualitäts- und Sicherheitsstandards für Patienten
Gesundheits-Apps sollen normalerweise Menschen unterstützen und ihnen behilflich sein, erklärt Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) in der Mitteilung: „Für viele sind Apps heute schon ein Ansporn, sich mehr zu bewegen, sich gesünder zu ernähren – und sie unterstützen z. B. auch bei der regelmäßigen Einnahme von Medikamenten.“ Der Politiker fordert eine Verständigung auf „klare Qualitäts- und Sicherheitsstandards“ für Patienten, Ärzte und App-Entwickler. Es gibt mittlerweile schon mehr als 100.000 verschiedene Apps zum Thema Medizin und Gesundheit. Die riesige Auswahl mache es Bürgern und Medizinern nicht einfach, gute Angebote zwischen den vielen schlechten Apps zu identifizieren, fügt Gröhe hinzu. Auf dem App-Markt herrscht zur Zeit eine Art von Wildwuchs. Dieser müsse dringen eingedämmt werden, sagen die Forscher. Es werden bessere Möglichkeiten zur Identifizierung sinnvoller Apps benötigt. Oft seien die Apps als kurzfristige Erfolge ausgerichtet, erläutert der Studienleiter und stellvertretende Leiter des Reichertz-Instituts, Urs-Vito Albrecht. Das Institut wird gemeinsam durch eine Zusammenarbeit von der Technischen Universität Braunschweig und der Medizinischen Hochschule Hannover betrieben.
Studie liefert Ansatzpunkte für weitere Gespräche
Die Entwicklung von Apps für Smartphones und Tablets muss sich grundlegend ändern und Hersteller sollten dringend Programme entwickeln, die sicher und vertrauenswürdig sind, sagen die Forscher. Außerdem benötigen wir genauere Untersuchungen zur Wirkung von solchen Apps. „Grundsätzlich ist die Evidenz zum Thema dünn, was eine objektive Einschätzung des Nutzens der Technologie immens erschwert“, erklärt Studienleiter Albrecht. Die aktuelle Studie soll eine Art Basis für eine wissenschaftliche Bestandsaufnahme des Sektors liefern. Die Untersuchung mit dem Namen „Chancen und Risiken von Gesundheits-Apps“ (CHARISMHA) liefert verschiedene Ansatzpunkte für weitere Gespräche zwischen Medizinern, Politik, Industrie und Anwendern.
Apps halten sich oft nicht die datenschutzrechtlichen Vorgaben
Ein großes Problem der sogenannten Medizin-Apps stellt der Datenschutz dar, erläutert das Bundesgesundheitsministerium. Oft halten Apps die datenschutzrechtlichen Vorgaben nicht ein, so die Mitteilung des Ministeriums weiter. Es ist dringend notwendig, den Verbrauchern eine bessere Hilfestellung zu geben, fügen die Experten des Reichertz-Instituts hinzu. Viele Menschen sehen Apps als eine Art Ansporn, sich gesünder zu ernähren oder mehr zu bewegen. Einige Apps unterstützen kranke Menschen auch bei der Einnahme von Medikamenten. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass Beteiligte dafür sorgen, dass die Produkte auch einen wirklichen Nutzen für die Patienten bringen, fordern die Wissenschaftler. Solche Apps müssten dann so schnell wie möglich auf den Markt gelangen. „Die vorgelegte Studie ist eine wichtige Grundlage für den Fachdialog mit Experten und Verantwortlichen im Gesundheitswesen, in den wir nun eintreten wollen“, erklärt Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe.
Apps zur Diagnostik und Therapie sollten gefördert werden
Die Studie empfiehlt darüber hinaus, die weitergehende wissenschaftliche Evaluation von Präventions-Apps sowie Apps zur Diagnostik und Therapie zu fördern, um mehr Evidenz zu schaffen. Ob sogenannte Medizin-Apps in die Regelversorgung der gesetzlichen Krankenversicherung aufgenommen werden sollen, muss grundsätzlich überprüft werden, so die Empfehlung der Forscher. Vorher müsse aber geklärt werden, ob die Wirksamkeit von Apps in den heute üblichen klinischen Studien evaluiert werden kann, fügen die Wissenschaftler hinzu. (as, ad)
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