Länder-Vergleich: Deutsche schlafen kürzer als der Durchschnitt
Mithilfe einer App haben Forscher das Schlafverhalten in verschiedenen Nationen weltweit untersucht. Deutsche schlafen demnach unterdurchschnittlich lange. Den längsten Schlaf gönnen sich Nachbarn von uns. Wer nachts zu wenig ruht, gefährdet seine Gesundheit.
Schlafmangel gefährdet die Gesundheit
Eine alte Binsenweisheit besagt, dass man durch Schlafmangel krank, dick und dumm wird. In der Tat hat schon so manche wissenschaftliche Untersuchung einen Zusammenhang zischen mangelnder Nachtruhe und Krankheiten hergestellt. So belegte eine Studie von Wissenschaftlern der University of California in San Francisco, dass wer wenig schläft, sich viel öfter erkältet. Und finnische Mediziner der University of Helsinki haben vor kurzem in einer Pressemeldung berichtet, dass schon nach einer Woche zu wenig Schlaf das Risiko für Herzkrankheiten steigt. Die Nachtruhe sollte also nicht zu kurz ausfallen. Wie lange Menschen in verschiedenen Ländern der Welt schlafen, war Bestandteil einer neuen Untersuchung, über die die Nachrichtenagentur dpa berichtet. Die Bundesbürger schlafen demnach weniger als der Durchschnitt.
Niederländer schlafen am längsten
Wie aus einer großen Studie, die weltweites Schlafverhalten erstmals mittels einer App unter Tausenden Probanden ermittelte, hervorgeht, schlafen Menschen in Japan und Singapur nachts am wenigsten – im Durchschnitt nur sieben Stunden und 24 Minuten. Die längste Nachtruhe unter den Einwohnern verschiedener Industrienationen gönnen sich die Niederländer mit acht Stunden und zwölf Minuten. Und die Deutschen liegen mit rund sieben Stunden und 45 Minuten Schlaf pro Nacht unterhalb des Durchschnitts der 20 untersuchten Länder. Wie das Team um die US-Forscherin Olivia Walch von der University of Michigan im Fachjournal „Sciences Advances“ schreibt, bedeute jede halbe Stunde Schlaf einen deutlichen Unterschied in puncto Leistungsfähigkeit des Gehirns und auch Langzeitgesundheit – auch wenn die Spannbreite nicht so groß erscheine.
Biologische Uhr hat starken Effekt auf die Aufwachzeit
Darüber hinaus ergab die Auswertung der Daten von rund 5.500 Teilnehmern und Teilnehmerinnen, dass vor allem der Zeitpunkt des Einschlafens durch Umgebung und soziale Normen bestimmt und – teils entgegen dem eigenen Schlafbedürfnis – nach hinten verschoben wird. „Über alle Daten hinweg scheint es so zu sein, dass die Gesellschaft die Einschlafzeit regelt und die innere Uhr des Einzelnen die Aufwachzeit, und dass eine spätere Einschlafzeit zu einem Verlust an Schlaf führt“, erläuterte Mitautor und Mathematiker Daniel Forger. Zwar gebe es Verpflichtungen wie Job, Kinder und Schule am Morgen, doch seien dies nicht die einzigen Faktoren beim Aufstehen. Nicht nur der Wecker, sondern auch die biologische Uhr der Probanden und Probandinnen habe einen starken Effekt auf ihre Aufwachzeit gehabt. Außerdem kämen noch die genetische Veranlagung hinzu, beispielsweise bei Menschen mit sehr geringem Schlafbedürfnis, sowie der Chronotyp jedes Einzelnen – ob Frühaufsteher oder Nachteule, wie Forger erklärte. „Diese inhärenten Faktoren müssen ebenfalls berücksichtigt werden“, denn sie spielten neben den sozialen Faktoren für die Einschlafzeit eine wichtige Rolle.
„Ein paar Tage Schlafdefizit und man ist wie betrunken“
Die Forscher stellten zudem fest, dass Männer mittleren Alters am wenigsten schlafen, häufig weniger als die empfohlenen sieben bis acht Stunden pro Nacht. Frauen schlafen, vor allem zwischen 30 und 60 Jahren, durchschnittlich etwa eine halbe Stunde länger als Männer. Das ist auch gut so, denn Experten zufolge sind Frauen dringender auf den Schlaf angewiesen als Männer. Des Weiteren zeigte sich, dass Menschen, die sich tagsüber unter freiem Himmel aufhalten, zumeist früher ins Bett gehen und damit mehr Schlaf bekommen. Hauptautorin Walch hob laut dpa hervor, dass die Studie nicht ermittelte, wie viel Schlaf der Einzelne braucht, sondern nur den Durchschnitt beschreibt. Durch zu kurzen Schlaf könne die Leistung stark eingeschränkt werden: „Es braucht nur ein paar Tage Schlafdefizit und man ist wie betrunken.“ Allerdings merkten dies übermüdete Menschen selbst kaum und schätzten ihre Leistungsfähigkeit regelmäßig zu hoch ein.
Abendliche Aktivitäten bestimmen die Schlafdauer maßgeblich
Die Wissenschaftler gewannen die Daten über die von ihnen entwickelte, kostenlose App „Entrain“. Diese war ursprünglich dafür gedacht, Menschen beim Umgang mit dem Jetlag zu helfen. Die Teilnehmer geben neben ihrem Aufenthaltsort in der App regelmäßig ihre Schlafzeiten an und berichten, wie lange sie sich in Räumen oder unter freiem Himmel aufgehalten haben. Alfred Wiater, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM), nannte die Erhebungsmethode über Apps richtungsweisend für künftige Studien dieser Art. „Inhaltlich zeigt sich, dass bezüglich des Schlafverhaltens noch intensiver als bisher Alters- und Gender-spezifische Aspekte zu berücksichtigen sind“, so der Experte. Wie es heißt, sollte die Kernaussage der Studie – dass abendliche Aktivitäten maßgeblich die Schlafdauer bestimmen – auch mit Blick auf den abendlichen Medienkonsum von Kindern und Jugendlichen zu denken geben. Nicht zuletzt, weil Untersuchungen zeigten, dass Smartphones und Co in der Nacht den Schlaf rauben. (ad)
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