Kampagne soll über die Risiken von antibiotikaresistenten Bakterien aufklären
Antibiotika sind in der heutigen Zeit für die Medizin unverzichtbar. Die Arznei wird zur Behandlung von bakteriellen Infektionen eingesetzt, egal ob beim Hausarzt oder auf der Intensivstation im Krankenhaus. Aber unsere wichtigste Waffe zu Bekämpfung von bakteriellen Infektionen verliert immer mehr an Wirksamkeit. Hier gilt es, dringend das Bewusstsein der Menschen für Antibiotikaresistenzen zu verbessern.
Antibiotikaresistente Erreger stellen eine große Bedrohung für die Gesundheit aller Menschen dar. Durch den übermäßigen Einsatz von Antibiotika wird eine weitere Entwicklung der Resistenz gefördert. Darum starteten Mediziner von der Berliner Charité mit sechs Partnern eine Aufklärungskampagne, um das Bewusstsein für Antibiotikaresistenzen zu verbessern. 2015 haben sie das Modellprojekt „Rationaler Antibiotikaeinsatz durch Information und Kommunikation“ (RAI) initiiert. Die Wissenschaftler veröffentlichten eine Pressemitteilung, in der sie die Ziele und Absichten der Kampagne erklären.
Unbedachte Anwendung von Antibiotika hat fatale Folgen
An der Charité federführend für RAI ist Prof. Dr. Petra Gastmeier. Die Medizinerin ist die Leiterin des Instituts für Hygiene und Umweltmedizin. Die Expertin berichtet, dass die Konsequenzen der unbedachten Anwendung von Antibiotika fatal seien. Allein in Europa und den USA würden jedes Jahr etwa 50.000 Patienten an Infektionen mit antibiotikaresistenten Krankheitserregern sterben. Und besonders alarmierend sei, dass die Tendenz weiter ansteigt. Für den richtigen Umgang mit Antibiotika ist nach Auffassung der Expertin Aufklärung nötig. Viele Menschen seien nur lückenhaft über das Problem informiert. Diese Lücken müssen dringend geschlossen werden, sagt Prof. Gastmeier.
Aufklärung betrifft nicht nur Mediziner, sondern auch Landwirte, Tierärzte und Patienten
Human- und Tiermediziner haben sich jetzt erstmals mit Design- und Kommunikationsexperten zusammengeschlossen, um innovative Informations- und Kommunikationsstrategien zu entwickeln, die eine verantwortungsvolle Anwendung von Antibiotika ermöglichen. RAI verfolgt einen sektorenübergreifenden Ansatz, erklärt Prof. Dr. Lothar H. Wieler, Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI) und einer der beteiligten Partner. Eines der größten Versäumnisse in der Vergangenheit war, dass man die Initiativen immer nur auf eine bestimmte Gruppierung beschränkt hat, erlutert der RKI-Präsident. Das Versäumte gilt es jetzt, dringend aufzuholen, fügt Prof. Wieler hinzu.
Das Projekt folgt dem sogenannten ganzheitlichen, interdisziplinären One Health Konzept. Dieses Konzept soll die komplexen Zusammenhänge zwischen Mensch, Tier, Umwelt und Gesundheit berücksichtigen. Eine solch integrative Vorgehensweise gilt in der heutigen Zeit als der Schlüssel für ein nachhaltiges Gesundheitsmanagement, sagen die Autoren. Die Experten der RAI richten sich deshalb nicht nur an Hausärzte, Chirurgen und Intensivmediziner in Krankenhäusern, die dort für die Verschreibung von Antibiotika zuständig sind. Es werden auch Tierärzte, Landwirte und Patienten in Hausarztpraxen angesprochen.
Hindernisse und Unsicherheiten beim Umgang mit Antibiotika
Die erste Projektphase legte den Fokus auf die Analyse eines Ist-Zustands bei der Zielgruppe und auf die Entwicklung geeigneter Interventionstools, erläutern die Mediziner. Diese sollten dann in der zweiten Phase getestet werden. Die Ergebnisse der ersten Phase des wichtigen Projekts zeigten, das fast sechzig Prozent der über 1000 befragten Erwachsenen der Meinung waren, dass ihr persönliches Verhalten bei der Verwendung von Antibiotika keinerlei Auswirkungen auf die Entwicklung der Resistenz habe, erklären die Autoren. In Wirklichkeit fördert allerdings die unsachgemäße Einnahme von Antibiotika die Entstehung der resistenten Bakterien.
Auch bei den befragten Tierärzten denkt fälschlicherweise fast jeder zweite, dass sein Verordnungsverhalten die Resistenzsituation in seiner Region nicht beeinflusst, fügen die Mediziner hinzu. Die Untersuchung stellte auch einige praktische Hindernisse und Unsicherheiten beim richtigen Umgang mit Antibiotika fest. Zu diesen gehören zum Beispiel Zeitmangel und Informationsverluste bei der Kommunikation zwischen den verordnenden Ärzten und den Anwendern.
Interventionstools werden die Aufklärung verbessern
Speziell entwickelte Interventionstools, wie beispielsweise der sogenannte Infozept-Generator sollen Hausärzte in Zukunft besser unterstützen. Der Arzt kann hiermit für seine Patienten personalisierte Informationen zu deren Krankheitsbild zusammenstellen. Außerdem kann er auch Informationen zum Thema Antibiotikatherapie hinzufügen, erläutern die Experten. Ein Podcast soll dabei helfen, Tierärzte zeiteffizient und ortsunabhängig über Antibiotika und resistente Krankheitserreger zu informieren. Das Ziel ist es, den Ärzten dadurch Alternativen zu einer Behandlung mit Antibiotika zu zeigen. Die Maßnahmen werden von den RAI-Partnern ab August gestaffelt, Schritt für Schritt eingeführt und im praktischen Umgang getestet. Erste Ergebnisse seien dann im Jahr 2018 zu erwarten, fügen die Autoren hinzu. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.