Apotheker sollen Patienten über Cannabis aufklären
Die Bundesregierung bereitet derzeit ein Gesetz vor, in dem die Kostenübernahme der Krankenversicherungen für medizinisches Cannabis geplant ist. Schon 2017 könnte es entsprechende Arzneimittel auf Kassenkosten geben. Apotheker meinen, Patienten, die aus medizinischen Gründen Cannabis brauchen, benötigen auch „eine eindeutige Gebrauchsanweisung“.
Positive Wirkung auf die Gesundheit
Dass Marihuana eine positive Wirkung auf die Gesundheit hat, konnte schon vielfach wissenschaftlich belegt werden, etwa bei Beschwerden wie Übelkeit und Erbrechen. In der Tat wird Cannabis in der Medizin schon seit längerem zur Behandlung von beispielsweise chronischen Schmerzen oder gegen spastische Lähmungen und Krämpfe bei Multipler Sklerose (MS) eingesetzt. Bislang müssen Patienten die Kosten für sogenannten Medizinalhanf aus eigener Tasche zahlen. Und die Cannabis-Präparate in den Apotheken sind teuer. Nur in Einzelfällen zahlen die Kassen. Vergangenen Sommer haben sich 90 Prozent der Deutschen in einer Umfrage für einen leichteren Zugang zu Cannabis für Patienten ausgesprochen. Mittlerweile hat auch die Politik reagiert.
Zugang zu Cannabis erleichtern
Mit dem „Gesetz zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften“, das derzeit als Entwurf vorliegt, „soll Patientinnen und Patienten mit schwerwiegenden Erkrankungen nach entsprechender Indikationsstellung und bei fehlenden Therapiealternativen“ ermöglicht werden, „diese Arzneimittel zu therapeutischen Zwecken in standardisierter Qualität durch Abgabe in Apotheken zu erhalten“. Durch das neue Gesetz soll die Regelung abgelöst werden, bei der das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) jeweils individuell für jeden Patienten eine Ausnahmeerlaubnis für den Erwerb von Cannabis erteilen muss. Nicht alle sind mit den Neuerungen einverstanden. So haben sich Ärzte in Deutschland gegen freies Marihuana auf Krankenschein ausgesprochen. Die Bundesärztekammer (BÄK) gab zu bedenken, dass sogenannter Medizinalhanf „keine genaue Dosierung“ erlaube. Außerdem sei sein Gebrauch als Joint mit den „gesundheitlichen Gefahren des Tabakrauchens verbunden“.
Patienten brauchen „eine eindeutige Gebrauchsanweisung“
Dass Cannabis kein Wundermittel ist, wissen auch die Experten der Bundesapothekerkammer (BAK). Eine zentrale Botschaft des Symposiums „Cannabis als Arzneimittel – Fakten und Herausforderungen“, dass die BÄK in Berlin veranstaltet hat, lautet daher, dass Patienten, die aus medizinischen Gründen Cannabis brauchen, bei der Anwendung des Arzneimittels nicht im Stich gelassen werden dürfen. „Wenn Cannabis von Ärzten verordnet und von Apothekern als Rezepturarzneimittel abgegeben wird, dann brauchen die Patienten auch eine eindeutige Gebrauchsanweisung inklusive der notwendigen Hilfsmittel“, erklärte Dr. Andreas Kiefer, Präsident der Bundesapothekerkammer in einer Pressemitteilung.
Zum Inhalieren oder zum Trinken
„Das Rauchen von Cannabis als ‚Joint‘ ist problematisch, denn die Dosis, die im Blut ankommt, ist nicht reproduzierbar. Dadurch macht sich jeder Patient selbst zum Versuchskaninchen, und das jedes Mal wieder. Das ist mit einer modernen und wissenschaftlich fundierten Arzneimitteltherapie unvereinbar“, so Kiefer, der auch Vorsitzender der Kommission Deutscher Arzneimittelcodex / Neues Rezepturformularium (DAC/NRF) ist. „Wir arbeiten an Rezepturvorschriften, die eine pharmazeutisch korrekte Anwendung und Dosierung von Cannabisblüten und -extrakten ermöglichen.“ Experten zufolge sind deswegen unter anderem Cannabisblüten und -extrakte zur Inhalation mit einem Verdampfer in der Diskussion. Oder auch Anwendungen zum Trinken.
Nur für manche Patienten geeignet
Kiefer äußerte sich positiv über die Intention des Gesetzgebers, den Eigenanbau durch Patienten zu unterbinden. Er meinte, beim Morphium würden Ärzte Patienten auch keinen Schlafmohn in die Hand drücken und sie ihre Schmerztherapie alleine machen lassen. Der Leiter der Bundesopiumstelle beim BfArM, Dr. Peter Cremer-Schaeffer, begrüßte das Vorhaben ebenfalls: „Aktuell haben 779 Patienten Ausnahmegenehmigungen. Das sind keine Ausnahmen mehr.“ Aber: „Cannabis ist kein Wundermittel und nur für Patienten geeignet, bei denen andere Medikamente keine ausreichende Linderung zeigen. Dies belegen systematische Übersichtsarbeiten, die auf die mangelnde Studienlage und Evidenz in der Anwendung von Cannabis zur Behandlung von Schmerzen, bei Krämpfen, in der Palliativmedizin oder begleitend in der Krebstherapie hinweisen“, sagte Prof. Dr. med. Michael Schäfer, Präsident der Deutschen Schmerzgesellschaft. (ad)
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