Magenkeim gilt als Hauptverursacher von Magenkrebs
Etwa 40 Prozent der Menschen sind hierzulande chronisch mit Helicobacter pylori infiziert. Dabei handelt es sich um eine Bakterienart, die die Magenschleimhaut besiedeln und dadurch unter anderem Magengeschwüre verursachen kann. Außerdem führt ein Helicobacter-pylori-Befall zu einem erhöhten Risiko für Magenkrebs. Das Besondere am dem Keim ist seine schnelle Anpassungsfähigkeit an den Menschen, wodurch es so individuell wird wie ein Fingerabdruck. Wissenschaftler der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) haben nun in Zusammenarbeit mit einem Statistikexperten vom Imperial College in London den Grund für diese außergewöhnliche Variabilität herausgefunden. Ihre Ergebnisse haben die Forscher im Fachmagazin „Nature Communications“ veröffentlicht.
Häufig tritt zuerst eine akute Gastritis auf
Etwa jeder vierte erwachsene Mensch in Deutschland ist mit dem Magenbakterium Helicobacter pylori (kurz: H. Pylori) infiziert, welches auf und innerhalb der Magenschleimhaut lebt. Dementsprechend ist das erste Zeichen einer Infektion oft eine akute Gastritis, die unter Umständen in eine chronische Entzündung übergehen und zu einer Reihe von Problemen führen kann. Möglich sind hier z.B. Magenbeschwerden oder Geschwüre im Magen- und Zwölffingerdarm, zudem gelten H. Pylori als Verursacher der meisten Magenkrebserkrankungen. Eine von Schweizer Forschern durchgeführte Studie konnte jüngst zeigen, dass bei Patienten, die wenige Stunden nach der Infektion mit Antibiotika behandelt wurden, dass Risiko für Magenkrebs im Vergleich zu unbehandelten Betroffenen deutlich reduziert werden konnte.
Bakterien tauschen beim Zusammentreffen im Magen DNA-Fragmente aus
Das Außergewöhnliche an dem Erreger ist seine Variabilität. Denn wie kein anderes Bakterium verändert es im Laufe der Infektion seine Gene, wodurch es sich exakt an den Menschen anpassen kann. Nun haben Wissenschaftler der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) in Kooperation mit dem Statistikexperten Dr. Xavier Didelot vom Imperial College in London den Grund für diese einzigartige Anpassungsfähigkeit des „Chamäleons“ im Magen herausgefunden.
Laut einer aktuellen Mitteilung der MHH, war bereits vor der Studie der Hannoveraner bekannt, dass zwei verschiedene Helicobacter pylori-Bakterien beim Zusammentreffen im Magen DNA-Fragmente austauschen. Nun konnte aber gezeigt werden, dass die große Individualität durch zwei bestimmte Aufnahmemechanismen bedingt ist, welche dazu führen, dass Fragmente unterschiedlicher Längen integriert werden. „Die Aufnahme ganz kurzer Genschnipsel, die weniger als 50 Basenpaare lang sind, ermöglicht den Bakterien eine extrem hohe Variabilität innerhalb der Gene. Die Aufnahme längerer, im Durchschnitt 1.600 Basenpaare umfassende, DNA-Stücke sorgt für Konstanz und die Möglichkeit, ganze Gene auszutauschen“, wird Professor Dr. Sebastian Suerbaum in dem Bericht der Hochschule zitiert. „Der Effekt des Erbgut-Austausches ähnelt sogar dem, der bei sexuell reproduzierenden Organismen stattfindet“, so der Leiter des MHH-Instituts für Medizinische Mikrobiologie und Krankenhaushygiene weiter.
Variabilität erschwert die Entwicklung eines Impfstoffs
Nun wolle Suerbaum mit seinem Team die zugrundeliegenden molekularen Mechanismen erforschen, berichtet die Hochschule. Eine Entdeckung sei ihnen aber bereits gelungen: Sie erkannten, dass in Helicobacter pylori viele sogenannte „Restriktionsenzyme“ auftreten, die fremde DNA an bestimmten Positionen erkennen und schneiden können. Die aufgenommenen Stücke von DNA anderer Helicobacter pylori-Bakterien würden jedoch unabhängig von diesen Enzymen in das Erbgut integriert. Das Problem dabei: Genau diese große genetische Variabilität erschwert die Entwicklung eines Impfstoffs gegen diesen Erreger. (nr)
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