Auswertung: Beim Mammographie-Screening gibt es Falschdiagnosen
Obwohl Brustkrebs die Krebsart mit der höchsten Todesrate bei Frauen in Deutschland ist, gehen längst nicht alle Frauen zum Mammographie-Screening. Experten zufolge kann Brustkrebs bei frühzeitiger Diagnose in den meisten Fällen erfolgreich therapiert werden. Fehl- oder Überdiagnosen gibt es bei den Screenings laut neuen Daten nur sehr wenige.
Krebsart mit der höchsten Todesrate
Brustkrebs ist die Krebsart mit der höchsten Todesrate bei Frauen in Deutschland. Bundesweit sterben jährlich rund 17.000 daran und etwa 70.000 erkranken jedes Jahr neu. Der Deutschen Gesellschaft für Senologie (DGS) zufolge können heutzutage etwa 80 Prozent der erkrankten Frauen erfolgreich therapiert werden. Sehr viel hänge dabei von einer frühen Diagnose ab. Seit 2002 haben Frauen hierzulande die Möglichkeit, kostenlos am Mammographie-Screening teilzunehmen. Die Untersuchung, welche an speziellen Röntgengeräten erfolgt, galt jahrelang als das Nonplusultra in der Brustkrebsvorsorge. Doch seit Jahren wird über das Für und Wider des Screening-Programms kontrovers diskutiert. Wie eine neue Auswertung nun zeigt, kommt es bei den Screenings aber nur selten zu Falschdiagnosen.
Nur wenige Falschdiagnosen
In Deutschland können Frauen von 50 bis 69 Jahren kostenlos am Brustkrebsvorsorge-Programm teilnehmen. Doch nur etwa jede Zweite geht zum Mammographie-Screening. Oft haben Frauen Angst vor der Untersuchung – sie ist nicht ganz schmerzlos. Es ist zwar bekannt, dass die Untersuchung keine Garantie bietet, doch allein im Jahr konnten über 17.000 Karzinome durch Mammographie-Screenings entdeckt werden. Kritisiert wird jedoch oft, dass es bei den Untersuchungen auch zu vielen Überdiagnosen kommt.
Offenbar ist diese Zahl gar nicht so hoch. Wie die Kooperationsgemeinschaft Mammographie nun in einer Mitteilung bekannt gab, kommt es bei der Brustkrebs-Früherkennung in Deutschland nur selten zu Falschdiagnosen. Ihren Angaben zufolge werde insgesamt bei sechs von 1.000 Frauen zwischen 50 und 70 Jahren durch systematische Röntgenuntersuchungen Brustkrebs entdeckt.
Ärzte müssen Verdacht auf Brustkrebserkrankung nachgehen
„Das Mammographie-Screening steht immer wieder wegen vermeintlich vieler Falschdiagnosen in der Kritik“, sagte Vanessa Kääb-Sanyal, Geschäftsstellenleiterin der Kooperationsgemeinschaft Mammographie. Doch die jährlichen Auswertungen würden zeigen, dass die Qualitätssicherung gerade auch bei der Vermeidung unnötig vieler falsch-positiver Befunde greift.
„Die Ärztinnen und Ärzte im Screening müssen jedem begründeten Verdacht auf eine Brustkrebserkrankung nachgehen, um kein Karzinom zu übersehen. Auf der anderen Seite gibt es für die Anzahl von ergänzenden Abklärungsuntersuchungen ganz klare Vorgaben der Europäischen Leitlinien, um Frauen nicht unnötig zu belasten.“ Insgesamt erhielten nur drei Prozent der regelmäßigen Teilnehmerinnen eine falsche Tumordiagnose. Die Ergebnisse beruhen auf dem jüngsten Jahresbericht des Screenings für das Jahr 2013.
Tumore können zwischen zwei Untersuchungen wachsen
Von den rund 2,9 Millionen untersuchten Frauen im Jahr 2013 erhielten 17.430 die Diagnose Brustkrebs. Fast 129.000 von ihnen wurden zuvor zur Abklärung eines auffälligen Befundes erneut eingeladen. Die Aufforderung zur Abklärung ist für viele Betroffen ein Schock. Bei zwei Dritteln von ihnen konnte aber schon nach kurzer Zeit durch weitere Untersuchungen, beispielsweise mit Ultraschall, Entwarnung gegeben werden. Bei rund 35 000 Frauen blieb der Verdacht jedoch weiter bestehen, rund die Hälfte erhielt später die Diagnose Brustkrebs. Dass beim Screening nur bis zu 80 Prozent – und nicht 100 Prozent – der Brustkrebserkrankungen entdeckt werden, liege laut Corinna Heinrich, Sprecherin der Kooperationsgemeinschaft, vor allem daran, dass Tumore auch zwischen den Untersuchungen im Abstand von zwei Jahren wachsen können. Außerdem könnten sie auch übersehen werden.
Heute sterben weniger Frauen an Brustkrebs
Das Screening-Verfahren, das zwischen 2005 und 2009 flächendeckend in Deutschland eingeführt wurde, ist umstritten. Frühestens nach zehn Jahren könnten sichere Ergebnisse vorliegen, ob Frauen durch das Verfahren wirklich einen Überlebensvorteil haben. Zwar stiegen die Brustkrebs-Neuerkrankungsraten in Deutschland laut dem Robert Koch- Institut (RKI) seit 2005 zunächst sprunghaft an, seit 2009 sind sie aber leicht rückläufig. „Dies deutet darauf hin, dass in der ersten Phase des Programms viele Tumoren deutlich früher entdeckt wurden als ohne Screening“, schreiben die Experten des RKI. Bekannt sei, dass Tumore in der Altersgruppe der 50- bis 70-Jährigen durch das Screening in einem früheren und kleineren Stadium entdeckt werden als vor Beginn der Reihenuntersuchung. Außerdem sterben heute trotz gestiegener Erkrankungszahlen weniger Frauen an Brustkrebs als noch vor zehn Jahren, heißt es beim RKI. Vor allem durch Fortschritte in der Therapie hätten sich die Überlebenschancen deutlich verbessert. Beim Screening würden aber mit hoher Wahrscheinlichkeit auch einige Tumore diagnostiziert, die sonst womöglich lebenslang unerkannt geblieben wären und keine Beschwerden verursacht hätten.
Experten schätzen das Strahlenrisiko bei der Röntgenuntersuchung heute wegen moderner Geräte als deutlich geringer ein, als noch vor 20 Jahren. Die Frage, ob die Vorteile der Untersuchung das Risiko überwiegen, vorwiegend gesunde Frauen überhaupt Röntgenstrahlung auszusetzen, kann jedoch nicht abschließend beantwortet werden. (ad)
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