Für manche Menschen ist es wichtig, auf eine glutenfreie Ernährung zu achten. Doch wer sollte sich unbedingt glutenfrei ernähren, welche Nahrungsmittel sind dabei zu meiden und ist glutenfreie Kost für alle geeignet?
Inhaltsverzeichnis
Gluten – Definition
Gluten ist ein sogenanntes Klebereiweiß, das in verschiedenen Getreidearten enthalten ist. Dazu gehören Weizen, Roggen, Gerste, Grünkern, Tritical (eine Kreuzung aus Weizen und Roggen), Emmer, Einkorn, und Kamut.
Hafer ist an sich glutenfrei, nur wird er dort angebaut, wo vorher Weizen und andere Getreidesorten wuchsen. So kann der Mähdrescher von den glutenhaltigen Getreidesorten kontaminiert sein. Jedoch ist Hafer mit der Bezeichnung „glutenfrei“ zu bekommen.
Gluten für sich hat keinen besonderen Nährwert, jedoch dient dies als Emulgator und Träger für Aromastoffe. Es ist ein gutes Binde- und Geliermittel. So wird Gluten häufig in Fertiggerichten verwendet. Der Begriff Klebereiweiß erklärt die gute Bindefähigkeit im Weizenmehl, was das Backen von Brot erleichtert. Ohne Gluten ist dies nicht so einfach.
Wann ist glutenfreie Ernährung angebracht?
Wer unter Zöliakie (glutensensitive Enteropathie) leidet, für den ist eine glutenfreie Ernährung unerlässlich. Bei dieser Erkrankung reagiert der Körper auf Gluten mit einer Autoimmunreaktion.
Das bedeutet, er bildet Antikörper gegen sich selbst beziehungsweise gegen die eigene Darmschleimhaut des Dünndarms. Dies zieht eine chronische Entzündung nach sich, bei der sich die Dünndarmzotten zurückbilden. Sie können sich nur wieder regenerieren durch eine lebenslange glutenfreie Ernährung.
Die Symptome einer Zöliakie sind vielfältigster Art. Typische gastrointestinale Beschwerden sind:
- Übelkeit,
- Erbrechen,
- Fettstühle,
- Blähungen,
- Durchfall
- und Verstopfung.
Symptome außerhalb des Verdauungstraktes können zum Beispiel
- neurologische Störungen,
- Tetanie,
- Fruchtbarkeitsstörungen,
- Fehlgeburten,
- erhöhte Leberwerte,
- Vitamin-K-Mangel
- und bläschenförmige Ausschläge sein.
Ebenso sind allgemeine Symptome, wie Gewichtsverlust, Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Ausbleiben der Periode, Wachstumsstörungen und eine verzögerte Pubertät möglich.
Wer an Zöliakie leidet, sollte sich unbedingt strikt an eine glutenfreie Ernährung halten.
Glutenempfindlichkeit und Weizenallergie
Der Unterschied zwischen Zöliakie und einer Glutenempfindlichkeit (Glutensensitivität) ist, dass bei letzterer das Immunsystem nicht beteiligt ist. Der Körper reagiert dennoch mit bestimmten Symptomen auf das Gluten, wobei diese recht unterschiedlich ausfallen können. So gilt es herauszufinden, welches glutenhaltige Getreide und welche Menge davon Probleme bereiten. Eine strikte glutenfreie Ernährung ist nicht bei allen Betroffenen zwingend erforderlich.
Bei einer Weizenallergie ist es in der Regel nur der Weizen, auf den Betroffene mit Beschwerden reagieren. Andere glutenhaltige Nahrungsmittel werden hingegen gut vertragen. Auch hier ist keine strikte glutenfreie Ernährung nötig.
Weitere Gründe für glutenfreie Ernährung
Mittlerweile wird auch Personen, die an einer Hashimoto-Thyreoiditis leiden, oft eine glutenfreie Ernährung nahegelegt. Bei einer Hashimoto Erkrankung, die eine Autoimmunerkrankung ist, geht der Körper mit Autoantikörpern auf seine eigene Schilddrüse los.
Gluten steht in Verdacht diese Autoimmunreaktion zu triggern. Deshalb wird den Betroffenen eine glutenfreie oder glutenarme Ernährung empfohlen. Diese kann die Erkrankung nicht heilen aber die Beschwerden lindern.
So stellt sich die Frage, ob eine glutenfreie Ernährung bei allen Autoimmunerkrankungen angezeigt ist. Jedoch ist dies noch keineswegs erwiesen. Wer unter einer Autoimmunerkrankung, wie zum Beispiel Rheuma leidet, könnte die glutenfreie Ernährung jedoch einfach testen, um zu sehen, ob damit die Beschwerden geringer werden. Auch dies ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich.
Sollten sich auch „Gesunde“ glutenfrei ernähren?
Um die glutenfreie Ernährung ist ein regelrechter Hype entstanden. Doch sollte man sich wirklich glutenfrei ernähren, wenn man gesund ist oder wirft das eventuell sogar gesundheitliche Probleme auf? Vielen denken, Gluten sei ungesund und greifen deshalb zu glutenfreien Getreidesorten. Häufig entsteht dadurch eine einseitige Ernährung, die dazu noch ballaststoffarm ist.
Wer Gluten verträgt, der sollte auch glutenhaltige Getreidesorten zu sich nehmen. Und wer Verdauungsprobleme hat, und sich deshalb selbst eine glutenfreie Ernährung verschrieben hat, sollte zunächst ärztlichen Rat einholen und erst nach eindeutiger Diagnose seine Ernährungsform verändern.
Für die Diagnosestellung werden neben einer ausführlichen Anamnese (ein Ernährungstagebuch ist hilfreich) auch Bluttests durchgeführt und gegebenenfalls ist eine Dünndarmbiopsie nötig. Können Zöliakie und die obengenannten Unverträglichkeiten ausgeschlossen werden, sind eventuell noch weitere Untersuchungen nötig.
Glutenfreie Ernährung als einzige Therapiemöglichkeit
Bei Vorliegen einer Zöliakie besteht keine andere Wahl – eine glutenfreie Ernährung ist die einzige Therapiemöglichkeit. Die Betroffenen bekommen in einer professionellen Ernährungsberatung Hilfe und sollten sich anschließend möglichst exakt an die Empfehlungen halten.
Gluten auch in „unerwarteten“ Lebensmitteln
Ein Problem ist allerdings, dass Gluten auch in Lebensmitteln stecken kann, die zunächst eher unverdächtig erscheinen wie Teigwaren aus Kartoffeln (beispielsweise Gnocchis, Klößen, Schupfnudeln), Fertigmüslis, Eis und Fruchtshakes, Wurst und verarbeiteten Fleischwaren (zum Beispiel Hamburger), Lightprodukte, Senf, Sojasoße, Ketchup, panierten Lebensmitteln, Bier, Cornflakes,Puffreis, Gewürzmischungen, Trockenobst, Süßigkeiten und vieles mehr.
Dies bedeutet, vor dem Genuss sollte man genau nachlesen oder gegebenfalls nachfragen.
Lebensmittel ohne Gluten
Hier eine kleine Liste glutenfreier Lebensmittel:
- Pseudogetreide wie Amaranth, Buchweizen, Quinoa und deren Mehle;
- alle frischen Gemüse- und Obstsorten;
- Reis, Mais, Polenta, Hirse, Soja und Kartoffeln;
- Mehlsorten wie Kokosmehl, Mandelmehl, Maismehl, Mais- und Kartoffelstärke, Johannisbrotkernmehl, Guakernmehl, Kastanienmehl;
- Glasnudeln, Reisnudeln, Sobanudeln, Nudeln aus Hülsenfrüchten (Kichererbsen, Linsen);
- Nüsse und Samen wie Haselnüsse, Walnüsse, Paranüsse, Mandeln, Esskastanien, Cashewnüsse, Sonnenblumenkerne, Leinsamen, Chiasmen, Mohn, Sesam (Vorsicht: manchmal sind die Nüsse mit glutenhaltigen Ummantelungen versehen.);
- Eier, Frischmilch, H-Milch, Buttermilch, Sauermilch, Dickmilch, Joghurt, Quark, Skyr, Schmand, Sauerrahm, Sahne, Käse (Käseaufstriche, Frischkäse, Schmelzkäse enthalten allerdings manchmal Verdickungsmittel mit Gluten);
- naturbelassenes Fleisch und naturbelassener oder geräucherter Fisch.
Ansonsten gilt: Immer die Inhaltsangabe genau lesen oder beim Besuch eines Restaurants, einer Bäckerei oder einem Café nachfragen.
Kennzeichnungspflicht
Nahrungsmittel unterliegen einer Kennzeichnungspflicht. Ein glutenfreies Produkt ist mit „glutenfrei“ und am besten mit der durchgestrichenen Ähre versehen. Manchmal ist auf Verpackungen der Satz „kann Spuren von……“ enthalten. Hier ist unbedingt aufmerksames Hinschauen geboten.
Zusammenfassung
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine glutenfreie Ernährung unbedingt bei einer diagnostizierten Zöliakie von Nöten ist. Bei Unverträglichkeiten genügt eventuell ein Meiden verschiedener Getreidesorten oder eine glutenarme Ernährung. Bei dem Vorliegen einer Hashimoto-Thyreoiditis kann eine glutenfreie Ernährung hilfreich sein, dies ist jedoch noch nicht eindeutig bewiesen.
Fakt ist, dass eine Ernährung ohne Gluten für Gesunde nicht erforderlich ist. Gluten ist nur schädlich für Personen, die an Zöliakie leiden, für andere nicht. Wer sich aufgrund einer entsprechenden Diagnose glutenfrei ernähren muss, sollte sich unbedingt an die Vorgaben halten, sich Tipps bei einer Ernährungsberatung holen und genau die Angaben auf Verpackungen und Speisekarten studieren. (sw)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Julia Wünsche , Christine Lambert , Hans Konrad Biesalski , Ute Gola: Glutenfrei = Problemfrei?; in: Aktuelle Ernährungsmedizin (veröffentlich 10.12.2018), thieme-connect.com
- Österreichische Arbeitsgemeinschaft Zöliakie: Glutenfreie Ernährung (abruf 29.05.2023), zoeliakie.or.at
- Ottmar Leiß: Glutenfreie Ernährung bei Zöliakie: Ist Hafer erlaubt?; in: Aktuelle Ernährungsmedizin (veröffentlicht 16.12.2003), thieme-connect.com
- Uwe Siedentopp: Integrative Ernährungstherapie bei Schilddrüsenerkrankungen; in: Deutsche Zeitschrift für Akupunktur (veröffentlicht 01.04.2017), springer.com
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.