Eine Klangschalentherapie, welche auch als Klangmassage oder Klangtherapie bezeichnet wird, ist eine Methode der Esoterik, bei der spezielle Klangschalen in unterschiedlichen Größen auf den Körper gesetzt und zum Klingen gebracht werden. Der Schall soll sich auf den Körper übertragen und ihn „zum Schwingen“ bringen. Angeblich sollen die Töne den Körper beruhigen und zur Heilung diverser Krankheiten beitragen. Diese behauptete Wirkung erklären manche Anwender mit religiösen Konstrukten wie Chakren, andere verweisen auf das Gehirn und das Nervensystem.
Inhaltsverzeichnis
Ablauf einer Klangmassage?
Eine Klangmassage findet für gewöhnlich in einer ruhigen Umgebung statt. Handys sind ausgeschaltet und weder Fernseher noch Radio laufen. Die Teilnehmenden tragen lockere Kleidung und achten auf warme Füße.
Je nach Technik verwendet der „Masseur“ unterschiedliche Klangschalen. Esoteriker sprechen von einer sogenannten „Klangdusche“, wenn der Anwender mit einer Schale um den Körper herumstreicht, ohne diesen jedoch zu berühren, wodurch das „energetische Feld“ aktiviert werden soll.
Anschließend legen sich die Teilnehmenden, in der Regel in Bauchlage, auf eine Matte oder eine Liege. Der Anwender setzt jetzt Klangschalen auf dem bekleideten Körper und schlägt diese an, um sie zum Klingen zu bringen. Oft werden die Teilnehmenden dabei gefragt, ob die Töne als angenehm empfunden werden. Wird dies verneint, werden für gewöhnlich andere Schalen benutzt.
Wogegen soll Klangmassage helfen?
Klangschalentherapien sollen, wie viele esoterische Techniken, „Blockaden“ lösen, „Energiefelder harmonisieren“ und zusätzlich verschiedene Erkrankungen lindern. Sie sollen zum Beispiel Verspannungen der Wirbel lösen, gegen Schlafprobleme und Konzentrationsstörungen helfen und Stress abbauen.
Kosten
Eine einstündige Klangmassage kostet um die 60 Euro, eine halbe Stunde rund 35 Euro. Die Kosten werden in der Regel nicht von den Krankenkassen übernommen. Eine Ausnahme ist es, wenn die Klangmassage Teil einer anerkannten Psychotherapie ist.
Behauptete Wirkungen
Anwenderinnen und Anwender erklären die Wirkung der Klangmassagen damit, dass die Schallwellen das im Körper vorhandene Wasser in Schwingung versetzen und so die Körperzellen innerlich massieren, wodurch sich „Spannungen und Blockaden“ lösen würden. Jedoch widerspricht dies dem heutigen Stand der Wissenschaft in Hinblick auf die Funktionen des menschlichen Körpers. Eine esoterische Erklärung ordnet Töne, welche die Klangschalen erzeugen, den verschiedenen Planeten oder den Chakren zu. Mitunter wird von einer Mixtur aus Astrologie und Chakrenglauben gesprochen, wobei es sich um religiöses Denken handelt.
Ein Verfechter der Klangschalentherapie, Peter Hess, meint, die Klänge würden die Teilnehmenden in eine Trance, also in einen Zustand veränderten Bewusstseins, versetzen, wie ihn Schamanen bei ihren Ritualen erlebten. Dieser Zustand könne zur Heilung von Leiden beitragen. Richtig daran ist, dass Töne in einer bestimmten Frequenz, die Schamanen ebenso nutzen wie Besucher von Technoparties, tatsächlich einen Einfluss auf die Wahrnehmung haben. Allerdings gibt es keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass dies auch für Klangschalentherapien zutrifft.
Wellness, Esoterik und Astrologie
Wellnessanbieter setzen bei Klangschalen selten auf ideologische Mutmaßungen, vielmehr werben sie damit, dass es die Entspannung fördere. Die Klangmassagen dienen einzig und allein dem Wohlbefinden, sodass sich Kunden die Klangschalen nach ihren eigenen Präferenzen aussuchen.
Esoterische Anbieter behaupten, die Klänge in „Aura“ und „Chakren“ einzubringen und so „feinstoffliche“ Blockaden zu lösen. Während Klangtherapien auf dem Gebiet der Wellness augenscheinlich die Entspannung fördern, existieren „Aura“, „Chakren“ und „Feinstoffe“ wissenschaftlich gesehen nicht, es handelt sich dabei lediglich um religiöse Imaginationen. Jedoch kann der Glaube daran sowohl den Nocebo- als auch den Placebo-Effekt auslösen.
Eine Sonderform der esoterischen Anwendung von Klangschalen sind Astrologen, die glauben, die Umlaufbahnen der Planeten akustisch wiedergeben zu können. Sie nennen ihre Klangschalen Planetenschalen und behaupten, den Betroffenen einen Zugang zur „Ganzheitlichkeit des Kosmos“ verschaffen zu können, was medizinisch betrachtet absolut haltlos ist.
Geschichte der Klangschalentherapie
Esoteriker vermarkten Klangschalentherapien als „uraltes Wissen“ oder „traditionelle Heilkunst“. Für diese „alte Tradition“ fehlt jedoch jeder Beleg. Den Ursprung der Klangschalen vermuten Historiker in Tibet, wo die bei der Klangtherapie benutzten Schalen vermutlich als Küchengeschirr verwendet werden. Eine weitere Möglichkeit ist die Verwendung als Opferschale, wobei beide Anwendungen nicht auszuschließen sind. Erst in Zeiten der postmodernen Esoterik der 1980er Jahre verbreitete sich die Idee in Europa und den USA, dass es sich um Klangschalen aus Tibet handeln könnte, da sie ähnliche Töne erzeugen, wie Töpfe bei dem beliebten Kindergeburtstagsspiel “Topfschlagen” sie hervorbringen.
Klangschalen und Musiktherapie
Eine Klangtherapie umfasst nicht unbedingt den Einsatz von tibetischen Metallschalen, da auch australische Didgeridoos, afrikanische Trommeln, Harfen, Sitars, Gitarren oder Synthesizer zum Einsatz kommen. Bereits in der Antike glaubten Menschen, dass bestimmte Töne Leiden lindern oder sogar heilen können. Auch durch Singen können Menschen sich in einen besonderen Zustand der Wahrnehmung versetzen.
Menschen setzten bereits sehr früh Musik zur Heilung bzw. zur Versetzung des Geistes in eine positive Stimmung ein. In archaischen Kulturen dienten Gesänge und das Spielen auf Instrumenten zur Vertreibung von Dämonen, welche in den damaligen Vorstellungen Krankheiten auslösten. Musik diente dazu, sich in Trance zu versetzen und in diesem Zustand in Kontakt mit Geistern und Göttern zu kommen. In der römisch-griechischen Antike gab es die Vorstellung einer harmonischen Ordnung des Körpers. Geriet diese aus dem Lot, führte das zu Krankheiten, deren Harmonie durch bestimmte Musik wiederhergestellt werden konnte. Es handelte sich mitnichten um reinen Aberglauben, sondern um Maßnahmen, die auch heute als therapeutisch sinnvoll gelten. So sollte Musik Kranke von ihren negativen Gedanken abbringen.
In der fortgeschrittenen Medizin Arabiens diente Musik dazu, psychisch Kranke zu heilen und Kleinkinder von ihren Schmerzen abzulenken und aus Trauer entstandenes Fieber zu lindern. In Kairo spielten Musiker im Krankenhaus, um Kranken in der Nacht Trost zu spenden.
Musikttherapie – wissenschaftlich betrachtet
Um Krankheiten zu lindern oder sogar zu heilen, ist der Einsatz von Musik wissenschaftlich ebenso belegt wie anerkannt. Musiktherapie steht interdisziplinär zwischen Medizin, Pädagogik, Psychologie, Gesellschafts- und Musikwissenschaft. Wissenschaftlich handelt es sich um eine Form der Psychotherapie, welche nichts mit „Chakren“ oder „Planeten“ zu tun hat.
Die integrative Musiktherapie ist Teil der integrativen Therapie, die auf Tiefenpsychologie und Psychodynamik basiert. Die verhaltenszentrierte Musiktherapie ist Teil der Verhaltenstherapie, in der Musik als Verstärker für Verhaltensänderungen dient. Die schöpferische Musiktherapie gehört, ebenso wie Therapeutisches Schreiben oder Therapeutisches Malen, zu den Psychotherapien, in denen Menschen mit psychischen Problemen ihr Potenzial entdecken und ausleben. Eine nicht esoterisch begründete Klangschalentherapie entspricht am ehesten einem musiktherapeutischen Entspannungstraining. Dabei handelt es sich nicht um eine eigenständige Therapie, sondern um eine begleitende Maßnahme in einem größeren Paket, die dem Abbau von Stress, der Bewältigung von Angst und zur Gewinnung von Selbstsicherheit dient.
Arbeitsfelder der Musiktherapie
Musiktherapie findet sich sowohl in der Vorsorge als auch der Nachsorge sowie bei der Behandlung akuter psychischer Probleme wieder. Dabei geht es besonders um psychiatrische, psychische und psychosomatische Störungen. Wichtig ist Musiktherapie besonders bei Psychosen, Borderline-Störungen und Suchterkrankungen. Darüber hinaus erzielt sie auch gute Erfolge bei Angst- und Essstörungen, Depressionen, bei gestörtem Sozialverhalten, ADHS und Entwicklungsstörungen.
In der Rehabilitation unterstützt Musik die Therapie nach Schlaganfällen, bei Multipler Sklerose, Parkinson sowie bei Wachkomapatienten.
Wie sinnvoll ist eine Klangschalentherapie?
In Hinblick auf den Wellnessbereich ist die Anwendung von Klangschalentherapien kein Problem, sofern man nicht beabsichtigt, ernste Leiden heilen zu wollen. Somit unterliegt es einzig und allein Ihrer Lust und Laune, ob Sie sich einer solchen Behandlung unterziehen möchten oder nicht. Im medizinisch-therapeutischen Bereich ist die Klangschalentherapie nur im Rahmen einer seriösen Musiktherapie sinnvoll, wo sie Teil der Gesamttherapie ist. Insofern ist eine gewisse Skepsis immer dann angebracht, wenn Anbieter damit werben, mit einer Klangschalentherapien allein schwere Krankheiten beheben zu können. Ebenso sollten Sie Abstand nehmen, wenn mit „Schwingungen der Planeten“, „kosmischen Energien“ oder ähnlichem geworben wird. Eine Musiktherapie kann als Teil einer Psychotherapie von großer Bedeutung sein, jedoch muss sie von seriösen Therapeutinnen und Therapeuten umgesetzt werden. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Hofinger Peter: Esoterik, Spiritualität und Heilung, Books on Demand, 2007
- Goldsby, Tamara L. et al.: "Effects of Singing Bowl Sound Meditation on Mood, Tension, and Well-being: An Observational Study", in: Journal of Evidence-BasedComplementary & Alternative Medicine, Vol. 22(3) 2017, sagepub.com
- Hess, Peter: Die heilende Kraft der Klangmassage: Entspannen, Stress abbauen, Schmerz lösen mit Klangschalen, Südwest Verlag, 2009
- Goldman, Jonathan; Goldman Andi: Heilsames Summen. Klangmassage für Körper und Seele: Mit Übungen für bewusstes Summen und Atmen, Mankau Verlag GmbH, 2018
- Ogba, Francisca N. et al.: "Effectiveness of music therapy with relaxation technique on stress management as measured by perceived stress scale", in: Medicine (Baltimore), 98(15), April 2019, NCBI
- Landry, Jayan Marie: "Physiological and Psychological Effects of a Himalayan Singing Bowl in Meditation Practice: A Quantitative Analysis", in: The American Journal of Health Promotion, Vol 28 Issue 5, 2014, sagepub.com
- Weymann, Eckhard et al.: Lexikon Musiktherapie, Hogrefe, 2009
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.