Salz bindet Wasser aus der Luft und hält es auf den Atemwegen fest. Dadurch ist Salzluft ein Luftbefeuchter für die Schleimhäute und erleichtert das Abhusten bei Infektionen der Atemwege. Salzhöhlen zu Heilzwecken einzusetzen, ist ursprünglich eine polnische Tradition. Der Arzt Feliks Boczkowski fand 1843 heraus, dass Bergleute in der Salzhütte Wieliczka resistenter gegenüber Erkrankungen der Atemwege waren als Arbeiter in anderen Branchen. In der Folge etablierten sich in den Salzhöhlen dieser Region die ersten Salzgrotten als therapeutische Zentren.
Inhaltsverzeichnis
Asthmatherapie
In der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts verbreiteten sich in Polen, der Slowakei und der Ukraine Salzgrotten als Anlaufstellen für Patienten mit Asthma bronchiale. In diesen Ländern existieren zum einen natürliche Karsthöhlen, zum anderen wird hier seit Jahrhunderten Salz abgebaut.
In Deutschland sprach sich zwar die vermutete Heilwirkung von Salzhöhlen herum, doch entwickelte sich hier keine Tradition, Salzgrotten in Therapien zu nutzen. Der Grund war einfach: Es gibt zwar hierzulande viele Salinen, eine Menge Salzstöcke und Salzbergwerke sowie diverse Tropfsteinhöhlen, doch selten verbinden sich wirtschaftlich genutzte Salzvorkommen mit populären Höhlen.
Am Anfang war die Höhle
In der Slowakei sieht das zum Beispiel anders aus. Nur wenige Länder auf der Welt besitzen so viele begehbare Höhlen auf so kleiner Fläche wie die Slowakei. Künstlich angelegte oder natürliche Salzhöhlen gibt es heute in Deutschland, Frankreich, Italien, Griechenland, Polen, Rumänien, der Tschechischen Republik, Kroatien, den Niederlanden, den USA und Saudi-Arabien.
Sie dienen, neben allgemeinem „Wellness“, der Asthmatherapie und der Behandlung von Allergien. In Deutschland ist zum Beispiel die Teufelshöhle bekannt, in Österreich Hallein bei Salzburg, in der Ukraine Solotvino, und in Russland Perm.
Natürliche und künstliche Salzgrotten
Das Mikroklima in Solotvino soll geeignet sein, Erkrankungen der Lunge zu lindern. Ein Nachteil der natürlichen Salzgrotten ist ihre geringe Anzahl. Betroffene müssen weit reisen, sich auf die klimatischen Bedingungen einstellen, und sich auf eine Wartezeit in den nahe gelegenen Sanatorien einstellen.
Halotherapie
Eine Alternative bietet die Halotherapie. Hier suchen die Patienten künstlich geschaffene Salzkammern auf. Deren Qualität schwankt gewaltig, und der technische Aufwand ist nicht klein. Die Luft muss frei sein von Krankheiten erzeugenden Bakterien, Pilzen und Allergenen, und das Salz in der Luft muss eine entsprechende Konzentration aufweisen; zudem müssen Luftfeuchtigkeit und Temperatur stimmen.
Das Salz sollte mindestens 90 % NaCl enthalten, die Luftfeuchtigkeit zwischen 45 und 60 % sowie die Temperatur bei 18-24 Grad liegen.
Russland ist der Vorreiter dieser Halotherapie, und 1990 erkannte das russische Gesundheitsministerium das Verfahren als Heilmethode an. Dabei geht es vor allem um Asthma, chronische Bronchitis und weitere Erkrankungen der oberen und unteren Atemwege.
Klimatherapie
Tibor Barta von der Otorhinolaryngologischen Klinik in Bratislava-Petrzalka empfielt die Freiluftkultur in Salzgrotten für folgende Erkrankungen: Akute und chronische Atemwegserkrankungen wie Schnupfen, Stimmbandentzündung, Asthma, Heilung von Operationen der Nasenscheidewand, Nasenmuschel, der Rachenmandeln und des Kehlkopfes.
Zu den Heilmethoden gehören demnach Inhalieren in Sanatorien, Spaziergänge am Meer und das Aufsuchen der natürlichen Salzhöhlen der Slowakei. Die Kuren in den Salzhöhlen hält er für hilfreich bei Krankheiten des Rachens, der Nasenhöhlen, des Kehlkopfes und der Schilddrüsen.
Dr. Igor Kajaba, ebenfalls aus Bratislava, ergänzt diese Liste um Entzündungen der Speiseröhre, des Magens, des Zwölffinger-, Dünn- und Dickdarms. Außerdem für Magengeschwüre, Erkrankungen der Gallenblase und Gallenwege, autoimmune Leberkrankheiten sowie Colitis ulcerosa und Morbus Crohn.
Salzgrotten in Deutschland
Karl-Hermann Spannagel erkannte 1950, dass die Kluterthöhle die Gesundheit förderte. Hier hatten sich Einheimische im Zweiten Weltkrieg zum Schutz vor Bombenangriffen zurückgezogen. Spannagels Therapieansatz verbreitete sich nicht: Dies lag vor allem an der geringen Anzahl natürlicher Salzhöhlen in Deutschland.
Erst seit circa 2000 wächst die Anzahl der künstlichen Salzgrotten in Kurbädern, Thermen und Wellness-Centern.
Künstliche Grotten bestehen aus Tonnen von Stein- oder Meersalz, zum Beispiel aus dem Toten Meer oder Pakistan. Vernebler oder künstliche Gewässer sowie Salzgeneratoren schaffen das notwendige Salzklima.
Im Unterschied zur Sauna müssen die Besucher weder Badebekleidung tragen noch nackt in die Grotte gehen, lediglich die Schuhe wechseln sie gegen Überziehsocken aus. Das Handy ist ausgeschaltet. Sie bleiben circa eine Dreiviertelstunde in einem Liegestuhl.
Medizinische Belege?
Für die Heilwirkung der künstlichen Salzkammern in Deutschland gibt es bisher keinen wissenschaftlichen Beleg, genauer gesagt, ein verifizierbarer Nutzen ließ sich nicht nachweisen. Die Anbieter geben an, dass das Inhalieren des Salzes sowie der weiteren Mineralien und Spurenelemente wie Kalzium, Magnesium und Jod, chronische Infekte der Atemwege lindert, der Entspannung dient und das Immunsystem stärkt.
Unabhängig von den Salzgrotten folgt die Sole-Photo-Therapie einem genauen Ablauf, und die medizinische Wirkung des Salzwasserbades und der UV-Bestrahlung, zum Beispiel gegen Schuppenflechte, ist belegt.
Für die Grotten gibt es hingegen keine Standards: Laut einem Urteil des Oberlandesgerichts Hamm (Az-I-4 U 124/12) dürfen Betreiber von (künstlichen) Salzhöhlen in Deutschland nicht mit der Heilwirkung werben.
Was sagen Ärzte über die Heilwirkung der Salzgrotten?
Dermatologen bestätigen zwar, dass Neurodermitis oder Schuppenflechte mit einem feuchten Salznebel behandelt werden können. Dafür müsste die Luftfeuchtigkeit aber bei mindestens 80 % liegen, und die Patienten müssten ihre nackte Haut dem Nebel aussetzen.
Die durchschnittliche Salzkammer mit circa 50 % Luftfeuchtigkeit reicht dafür nicht aus.
Pneumologen empfehlen bei Erkrankungen der Atemwege, Salzlösungen zu inhalieren.
Da kein medizinischer Nutzen nachgewiesen ist, übernehmen Krankenkassen in der Regel nicht die Kosten für den Besuch im Salzraum.
Vernebler und Steinsalz
Einen Salzraum aufzusuchen, bringt zwar vermutlich keine Heilung bei ernsten Krankheiten, kann jedoch dazu beitragen, Stress zu reduzieren und so das subjektive Befinden verbessern. Dabei ist Salzgrotte allerdings nicht Salzgrotte.
Die Salzgrotte Fürth zum Beispiel wirbt mit Soleverneblung, also einer Ultraschallverneblung, bei der Salzpartikel die Lunge und Haut durchdringen. Dieser soll bei tief sitzendem Hustenschleim helfen und Entzündungen der Haut hemmen. Im Vernebler befindet sich ein Sauerstoff-Ionisationsmodul, das eine Sauerstoffkonzentration von 90 % liefert.
Die Oasa Salzgrotte in Helmstedt verkleidete die Wände der Grotte mit 13 Tonnen unraffiniertem „Himalaya“-Steinsalz aus Pakistan.
Die Salzgrotte Hessen im Hotel Ziegelruh zerstäubt Salz Sole mit einem Ultraschallgerät in Nanopartikel.
Wellnessprogramm
Heute gibt es in Deutschland zwar auch diverse reine Salzgrotten, doch die meisten sind in umfassende Wellnesscenter integriert, zusammen mit Saunen, Thermalbädern, Massagen und Solarien.
So bietet das Landhaus-Die Arche in Mecklenburg klassische Massagen, aber auch Lymphdrainage und eine Salz-Ganzkörpermassage an. Die Soltau-Therme wirbt mit der Möglichkeit des Inhalierens der mineralstoffreichen salzhaltigen Luft direkt in der Saunalandschaft. Eine Salzkammer ist hier also ein Modul in einer Reihe von Saunen.
In Bad Schönborn befindet sich die „Totes-Meer-Salzgrotte“ in der größten Therme Südwestdeutschlands, zusammen mit einer finnischen Loftsauna, einem Gesundheitszentrum und einem Kosmetikstudio. Salz aus dem Toten Meer ist tatsächlich besonders: Es enthält neben Natriumchlorid Magnesium, Kalium, Kalzium, Brom und Jod.
Die Spessart-Therme bietet eine Kindergrotte mit Sandkasten, wo die Kinder im Salz herumbuddeln können; die Salzgrotte Chemnitz läd zu „Kristallklangwelten“ ein.
Die Magedeburger-Salzgrotte hat eine zusätzliche Salzkabine, also eine Infarot-Wäremkabine mit Solenebel und ionisiertem Sauerstoff.
Wer sollte nicht in eine Salzkammer gehen?
Eine Salzkammer ist nicht geeignet für Menschen, die an einer Schilddrüsenüberfunktion leiden. Diese sollten zumindest erst mit einem Arzt besprechen, ob der erhöhte Jodgehalt in der Luft für sie Probleme bereitet.
Wer unter Höhlenangst leidet sollte nicht in Salzkammern gehen, da er dort Beklemmungen bekommen könnte. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
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Wichtiger Hinweis:
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