Herbst, da denken wir an farbige Blätter, daran, wie die Natur sich von grün zu orange, rot und gelb verfärbt. Wir denken an Nebel, das goldene Zwielicht der Sonne, an Kastanien und Eicheln für die Wildschweine im Tiergarten, und an frisch gepressten Saft aus eigenen Äpfeln. Wir denken aber auch an Schnupfen, Husten, Heiserkeit, an die Erkältung, die zwischen September und November so sicher ihre Netze wirft wie die Blätter von den Bäumen fallen.
Inhaltsverzeichnis
Kommt Erkältung von Kälte?
Das Wort Erkältung ist streng genommen falsch. Es handelt sich um eine akute Infektion von Nase und/oder Nasennebenhöhlen, Hals oder Bronchien. Dies hat aber nur indirekt mit der Kälte zu tun, es handelt sich nämlich um eine virale Entzündung.
Auslöser ist nicht die Kälte, sondern ein Virus. Und doch hat der Herbst etwas damit zu tun, dass diese „Erkältungsviren“ sich gerade in dieser Jahreszeit ausbreiten.
Der Grund dafür ist die geschwächte Immunabwehr. Der Wechsel von Wärme zu Kälte, zwischen Schwitzen und Frieren sorgt dafür, dass die Schleimhäute austrocknen.
Viren können besser eindringen
Dadurch können Viren besser eindringen und die Betroffenen infizieren – das bedeutet Husten, Schnupfen, Heiserkeit und bei fortschreitender Invasion der Erreger Fieber, Übelkeit, Gliederschmerzen sowie Schwindel. Entzündete Bronchien können sich zu einer Lungenentzündung auswachsen.
Das Immunsystem – Killerzellen und Antikörper
In den Körpern der Wirbeltiere tobt ein Krieg, in dem „beide Seiten“ seit Millionen von Jahren wettrüsten. Viren, Bakterien und Parasiten finden immer raffiniertere Strategien, um sich in den Organismus einzuschleusen, die weißen Blutkörperchen im Knochenmark halten mit punktgenauer „Terrorabwehr“ dagegen.
Lymphozyten
Der Körper setzt Antikörper ein, die sich gezielt gegen den jeweiligen Eindringling richten und sich passgenau an die Antigene der Erreger andocken. Die „Waffenfabrik“ des Immunsystems sind die B-Lymphozyten aus dem Knochenmark und die T-Lymphozyten aus dem Thymus.
Letzte verwandeln sich in Killerzellen, sobald sie die fremden Antigene erkennen. Mehr noch: Sie signalisieren anderen Immunzellen die Gefahr, und die metzeln die restlichen Erreger nieder.
Angeborene und erlernte Abwehr
Antigene sind zum Beispiel Eiweiße auf der Oberfläche von Viren, Pilzen und Bakterien. Die Immunabwehr erinnert sich an einen einmal bekämpften Eindringling, und wenn dieser erneut erscheint, setzt eine Kettenreaktion von Zellprozessen ein, um ihn zu zerstören.
Angeborene und erlernte Abwehr spielen dabei zusammen, und so wie sich Bakterien und Viren immer wieder verändern, stellt sich das Immunsystem auf diese Veränderungen ein.
Das körpereigene Abwehrsystem stärken
Diese Immunabwehr kann aus verschiedenen Gründen schwächeln. Das können zum einen vorhergehende Infektionen sein, deren Bekämpfung das Immunsystem ausgezehrt hat. Bei einer erneuten Infektion sind erst einmal nicht genug Verteidigerzellen da, um den Erreger abzutöten.
Alter führt zu einer natürlichen Schwächung, ebenso die früheste Kindheit. Säuglinge haben das Immunsystem noch nicht aufgebaut, zudem fehlt es Babys und Kleinkindern an der Erinnerung der Verteidigungskräfte: Ihre Zellarmeen kennen viele Erreger nicht und lassen sie deshalb passieren.
Bei einem typischen grippalen Infekt im Herbst braucht der Körper seine Immunkräfte bereits, um die Kälte und Nässe auszugleichen.
Stress und Mangelernährung
Dazu können weitere Faktoren kommen: Stress, unzureichende Versorgung mit Vitaminen, Mineralien und Ballaststoffen, keine körperliche Aktivität (Bewegungsmangel), Schadstoffe in der Umwelt (besonders der Smog in Metropolen der Dritten Welt), bestimmte Medikamente, Alter, die Nachwirkungen von Operationen oder chronische Krankheiten.
Generell gilt: Je stärker unsere Immunabwehr ist, umso weniger leiden wir an Infektionskrankheiten.
Erstens sollten wir uns hinreichend mit Nährstoffen versorgen, also erst einmal auf eine ausgeglichene Mischkost achten. Für das Immunsystem wesentlich sind Vitamin A, C, D und E, zudem Eisen und Zink.
Vitamin A
Vitamin A stützt das Wachstum der Knochen, das Sehvermögen, die Bildung der Zähne, die Reproduktion der Zellen, die Produktion von Hormonen und sorgt dafür, dass die genetischen Codes vermittelt werden, damit Proteine zur Verfügung stehen, um elementare Funktionen des Körpers durchzuführen.
Die beiden Formen von Vitamin A beziehen wir aus Pflanzen und Tieren: Betacarotin in Karotten, Kürbissen, Spinat, Mangos und Aprikosen, die andere Form besonders aus Leber.
Wie bei allen Vitaminen sollten Sie es nicht übertreiben und mit Nahrungsergänzungsmitteln vorsichtig sein. Eine Unterversorgung mit Vitamin A macht den Körper anfällig für Infektionen, aber eine Überdosis kann die Knochen spröde werden lassen und die Haut verdünnen.
Vitamin C
Vitamin C in Form von Orangensaft oder Hagebuttentee ist ein altes Hausmittel bei Erkältung. Zu Recht: Ein Mangel an Vitamin C führt zu trockenem Haar, rissiger Haut und verschlepptem Heilen von Wunden, aber auch zu einem hohen Risiko für Infektionskrankheiten.
Rezept für Hagebutten-Tee
- Geben Sie zwei Teelöffel getrocknete Hagebutten in eine Tasse.
- Überbrühen Sie die Früchte mit einem Viertelliter kochendem Wasser.
- Nun den Aufguss zehn Minuten ziehen lassen und dann abseihen.
Vitamin C stärkt die Gefäße und hilft, Kollagen zu bilden. Es gleicht das Immunsystem aus, stützt ein schwaches Immunsystem, bremst aber auch eine zu aktive Immunabwehr. Dadurch hilft es besonders gegen Krankheiten, die Viren verursachen. Vitamin C ist nicht nur hilfreich, sondern notwendig, damit der Körper sich vor schädlichen Eindringen schützen kann.
Vitamin C findet sich in Zitrusfrüchten, egal ob Zitronen, Orangen oder Mandarinen, Limonen oder Grapefruit. Heißer Tee mit Zitrone ist also völlig zu Recht ein bewährtes Mittel, um sich vor Erkältungen zu schützen.
Der Spätsommer und Herbst liefert Vitamin-C-Bomben im eigenen Garten: Himbeeren, Brombeeren, Blaubeeren und Johannisbeeren, ebenso Hagebutten. Die können wir entweder roh essen, zu Marmelade verarbeiten oder trocknen.
Durch Erhitzen schwindet das Vitamin C. Die genannten Früchte enthalten in einem Tee mit heißem Wasser zwar immer noch das Vitamin, um sich aber die volle Dosis zu geben, sollten sie die Früchte nicht aufheizen.
Vitamin D
Vitamin D ist medizinisch kein Vitamin, weil Menschen es im eigenen Körper produzieren, während Vitamine gerade kennzeichnet, dass wir das nicht können. Es löst sich in Fett, und deshalb speichern wir es im Körperfett.
Vitamin D zieht die Haut aus dem Sonnenlicht. Deshalb sind Spaziergänge bei Tageslicht entscheidend, selbst wenn die Sonne im Oktober nur kurz zwischen den Wolken hervorlugt, damit wir uns genug Vitamin D zuführen.
Ohne das Vitamin können wir kein Kalzium und Phosphor aufnehmen und keine Knochen bilden. Vitamin D arbeitet daran, dass Zellen spezifische Aufgaben übernehmen und stoppt ihre unkontrollierte Vermehrung.
Für das Immunsystem bedeutet das: Vitamin D sorgt für eine normale Entwicklung der Zellen und stoppt dadurch Autoimmunkrankheiten. Diese Krankheiten entstehen, weil sich die „Killerzellen“ der Immunabwehr fälschlich gegen Zellen des eigenen Körpers richten.
Vitamin E
Kaum bekannt, aber lebenswichtig – das ist Vitamin E. Es entschleunigt das Altern des Körpers, es hält die Netzwerke der Nerven stabil, und es stützt die Muskeln.
Im Organismus wirkt Vitamin E als Bindemittel: Es verknüpft Muskeln und Knochen und hält die Verbindungen zwischen den Zellen intakt. Ohne die Kooperation der Zellen bricht das Immunsystem zusammen, und deshalb ist der Stoff wesentlich für die Immunabwehr.
Vitamin E beziehen wir am besten aus Olivenöl, Sojaöl und Maiskeimöl. Höhere Dosen enthält grünes Blattgemüse, auch Nüsse, Linsen und Weizen sind eine gute Quelle. In tierischen Produkten kommt es in größeren Mengen nur in Leber, Herz und Nieren vor, außerdem in Milch und Eiern.
Bewegung
Die Immunabwehr bleibt nur auf einem hohen Level, wenn wir den Körper beanspruchen. Es geht dabei nicht um Leistungssport – der kann durch einen Überschuss an bestimmten Hormonen und durch Mineralienverbrauch das Immunsystem sogar schwächen.
Krafttraining, Fahrradfahren und Wandern eignen sich bestens, um das Immunsystem zu stärken.
Schlaf
Im Schlaf regeneriert sich der Körper – auch biochemisch. Wenn Sie ständig zu wenig schlafen, schwächt das die Immunabwehr.
2015 ergab eine Studie von Wissenschaftlern um Sheldon Cohen an 164 Probanden, dass bereits ein geringfügiger Mangel an Schlaf das Immunsystem schwächt, und die Infektion mit Erkältungsviren erleichtert. Wer pro Nacht nur sechs oder weniger Stunden schlief, erkältete sich mehr als viermal so häufig wie Menschen, die länger schliefen – unabhängig von Stressleveln, Alter und sonstigen Parametern.
Mineralstoffe
Außer Vitaminen sind auch einige Mineralstoffe wichtig, um das Immunsystem stabil zu halten, allen voran Eisen und Zink.
Eisen ist unmittelbar ein Teil der körperlichen Abwehrkräfte, denn es unterstützt die Fresszellen des Immunsystems beim Kampf gegen Krankheitserreger und Fremdstoffe. Eisen ist im Blut enthalten, und deshalb benötigen Frauen wegen und während ihrer Menstruation besonders viel Eisen, ebenso während der Schwangerschaft.
Eisenmangel zeigt sich nicht nur als Müdigkeit, Leistungsminderung und Blutarmut, sondern auch als erhöhte Anfälligkeit für Infekte. Die Klage einer Frau, die an Eisenmangel leidet „ich bin immer krank“, ist also keine Wehleidigkeit: Die Betroffenen schlittern tatsächlich von einer Infektion in die nächste.
Eisen findet sich in Eiern, Fleisch, grünem Gemüse, Mandeln und Avocados. Der Mineralstoff ist zwar auch in Brot, Milch und Getreide vorhanden, lässt sich aber in dieser Form vom menschlichen Körper nicht gut aufnehmen.
Zink
Zink aktiviert die Killerzellen und wirkt mit bei der Produktion von Antikörpern. Zu wenig Zink im Körper zeigt sich deutlich daran, dass Wunden schlecht verheilen. Ohne Zink leiden wir länger an einer Infektion als gewöhnlich, da zu wenig Killerzellen zur Verfügung stehen, um die Eindringlinge zu vernichten.
Nüsse, Vollkorn und Linsen enthalten angemessene Mengen an Zink. Es findet sich in Nahrungsmitteln mit viel Proteinen wie Rind, Schwein oder Lamm.
Selen
Selen gilt nicht als lebensnotwendig, ist aber wichtig für das Immunsystem. Selen hilft Enzymen, die die freien Radikalen abbauen, also aggressive Verbindungen von Sauerstoff, die das Erbgut schädigen. Es ist notwendig, um körpereigenes Eiweiß aufzubauen und stabilisiert das Immunsystem.
Selen kommt vor in Paranüssen und Gemüse, rotem Fleisch, Eiern, Hühnchen und Leber. Ohne Selen kann die Immunabwehr nicht arbeiten, und der Körper kann bestimmte Eiweiße nicht mehr bilden.
Ballaststoffe
Eine erhebliche Rolle für das Immunsystem spielen Darm und Magen. Ohne Magensäure und Darmflora würden uns ununterbrochen Infektionen plagen. Die Magensäure eliminiert bereits eine Menge Krankheitserreger.
Doch einige Erreger gelangen in den Darm. Deshalb sind die Netzwerke des Immunsystems eng mit dem Darm verknüpft, die Lymphknoten stellen die Aktionszentren dar.
Die Darmflora besteht aus verschiedenen Bakterien im Dickdarm, die Krankheitserreger in Zaum halten. Antibiotika schaden leider auch dieser Darmflora, und aus diesem Grund bekommen wir nach der Einnahme von reichlich Antibiotika oft Durchfall.
Wir fördern die Darmflora durch Ballaststoffe. Diese führen wir uns zu über Getreide, Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte. Buttermilch und Dickmilch, Sauerkraut und andere milchsauer eingelegte Gemüse unterstützen das Wachstum der gesunden und wichtigen Darmbakterien.
Entspannung
Stress ist bisweilen nicht negativ und fördert in Maßen die Immunabwehr. Chronischer Stress schadet jedoch dem Immunsystem, weil er es permanent in Alarmbereitschaft setzt und die daraus folgende Produktion von Immunzellen die Ressourcen erschöpft.
Deshalb treten Infektionen häufiger auf als normal und ziehen sich länger hin. Typische Stress-Infektionen sind zum Beispiel Herpes im Mund und Erkältung.
Um negativen Stress zu mindern, bieten sich Techniken der Meditation ebenso an wie Waldspaziergänge, Yoga oder autogenes Training.
Stress entsteht heute auch durch das viel gelobte Multitasking. Menschen schaffen nichts mehr, weil sie versuchen, alles gleichzeitig zu tun. Stattdessen verwirren Sie sich, sind unzufrieden und setzen sich selbst unter Stress.
Wenn Sie sich jeweils nur auf eine Sache konzentrieren, arbeiten Sie fokussiert und setzen sich somit weniger Stress aus.
Waldwandern
Bewegung ist gut für das Immunsystem. Waldwandern hat aber einen weiteren Effekt, der direkt gegen Krankheiten schützt, und den japanische Wissenschaftler jetzt herausfanden.
Mediziner von der Nippon Medical Society in Tokyo kamen zu dem Ergebnis: Ein regelmäßiger Aufenthalt im Wald erhöht die Menge der Immunzellen im Körper um 40 Prozent und entwickelten die so genannte Waldtherapie. In einer Studie verdoppelten sich die Immunzellen der Teilnehmer bereits nach zwei Tagen, als sich diese mehrere Stunden im Wald aufhielten.
Mehr noch: Ihre Immunabwehr blieb infolge der Waldtherapie aus Asien einen ganzen Monat auf diesem hohen Niveau.
Ursache dafür sind höchstwahrscheinlich Terpene, Botenstoffe, die Bäume ausstoßen, und die andere Pflanzen vor schädlichen Erregern warnen. Die Biochemie der Pflanzen versteht das und baut umgehend Abwehrzellen auf. Das Immunsystem des Menschen reagiert ebenfalls auf diese Warnung der Wälder und kurbelt die Produktion von Immunzellen an.
Um unser Immunsystem zu stärken, lautet die einfache Methode: Je regelmäßiger wir uns im Wald aufhalten, umso stärker ist unser Immunsystem, und um so stabiler verharrt es auf einem hohen Level. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Erin Diane Lewis, Simin Nikbin Meydani, Dayong Wu, "Regulatory role of vitamin E in the immune system and inflammation" , wiley.com
- Ananda S. Prasad, Bin BaoMolecular, "Mechanisms of Zinc as a Pro-Antioxidant Mediator: Clinical Therapeutic Implications" , mdpi.com
- Maximilian Poidinger, "Immunparameter bei remittiert depressiven und gesunden Probanden unter Berücksichtigung der Reaktion auf die Exposition mit psychosozialen Stressoren", Diissertation, Medizinischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München, 2015, Uni München
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.