Kieselerde genießt als Nahrungsergänzung den Ruf, Haare, Haut und Nägel aufzubauen. Die Wirkung ist jedoch nicht bewiesen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler warnen teilweise sogar davor, Kieselerde einzusetzen.
Inhaltsverzeichnis
Hier die wichtigsten Fakten:
- Kieselerde ist als Mittel für gesunde wie glatte Haut und Haare verbreitet.
- Wissenschaftlich belegt ist das nicht, und deshalb dürfen Anbieter von Kieselerde mit der angeblichen Wirkung nicht werben.
- Manche Produkte mit Kieselerde enthalten Mengen an Blei, die die Gesundheit schädigen.
Wirkung der Kieselerde
Kieselerde genießt den Ruf, gegen sprödes Haar, trockene Haut und brüchige Nägel zu helfen. „Traditionell“ verwenden viele Menschen die Kieselerde und Anbieter umgehen mit einem Trick, dass die Substanz nicht als Arzneimittel zugelassen ist.
Sie dürfen nämlich schreiben: „Traditionell angewendet zur Vorbeugung von brüchigen Fingernägeln und Haaren, zur Kräftigung des Bindegewebes. Diese Angaben beruhen ausschließlich auf Überlieferung und langjähriger Erfahrung“. Das hört sich zwar schön an, sagt aber unterm Strich nur aus: Eine Wirkung lässt sich wissenschaftlich nicht belegen, sie können höchstens glauben, dass es wirkt.
Wie entsteht Haarausfall, gegen den Kieselerde wirken soll?
Haarausfall kann viele Gründe haben: Nährstoffmangel, Hormonschwankungen, falscher Umgang mit den Haaren oder Alter. Die Ursachen sollten ärztlich abgeklärt werden.
Liegt ein Nährstoffmangel vor, dann können Ärztinnen und Ärzte ein Präparat verschreiben. Nahrungsergänzungsmittel einzunehmen kann generell sinnvoll sein, wenn sie an einer Unterversorgung leiden.
Mehr von diesen Nährstoffen zuzuführen – über den Ausgleich des Mangels hinaus – bringt in der Regel nichts und kann bisweilen sogar schaden. Zum Beispiel gibt es nicht nur einen zu niedrigen, sondern auch einen zu hohen Spiegel bei manchen Vitaminen.
Kieselerde und Silizium
Kieselerde bezeichnet Mineralien mit einem hohen Gehalt an Silizium. Silizium nehmen wir gewöhnlich über Wasser, Getreide und Gemüse auf. Es handelt sich um ein Spurenelement, das im Körper keine elementare Funktion hat – im Gegensatz zu Mineralien wie Eisen oder Vitaminen wie Vitamin C.
Während ein Mangel an notwendigen Vitaminen und Mineralstoffen zu Erkrankungen wie Rachitis oder Skorbut führt, ist dies bei „Siliziummangel“ höchstwahrscheinlich nicht der Fall.
Im Körper kommt Silizium in Knochen, im Zahnschmelz und Bindegewebe vor. Dass es eine Funktion hat wie zum Beispiel, das Bindegewebe elastisch zu halten (glatte Haut) oder die Knochen zu stärken, vermuten zwar manche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler – eindeutige Belege gibt es dafür nicht.
Dass Silizium im Körper vorhanden ist, verwundert nicht, denn es handelt sich um das zweithäufigste Element überhaupt. Ob und wie viel wir davon brauchen, ist unbekannt, jedenfalls nimmt ein Mensch bei gemischter Kost circa 30 mg am Tag zu sich, bei vegetarischer Ernährung sogar bis zu 150 mg.
Besonders viel Silizium enthalten beispielsweise Hirse, Weizen, Kartoffeln, Petersilie und Blumenkohl.
Silizium gibt es in der Natur nicht pur, sondern es verbindet sich mit Sauerstoff zu Siliziumoxid. Dessen Säure heißt Siliziumdioxid und findet sich in den Skeletten diverser Tiere und Pflanzen. Kieselerde ist in aller Regel der Rest verstorbener Kieselalgen.
Gesundheitlich unbedenklich?
Auch wenn der Nutzen wissenschaftlich nicht belegt ist, schadet Kieselerde auch nicht. Zugelassen laut EU-Richtlinie 2002/46/EG, Anhang II sind in der EU als Nahrungsergänzung Chlorinstabilisierte Orthokieselsäure, Siliziumdioxid, Kieselsäure als Gel und organisches Silizium.
Doch Vorsicht ist trotzdem geboten: In drei von vier Proben fand die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung günstigen Quartz und Cristobalit statt teurerem Algenpulver in Proben. Damit rücken solche Produkte von Placebos ohne chemische Wirkung in den Bereich potenziell gefährlicher Stoffe.
Sie könnten theoretisch genauso gut Sand essen. Ob es sich um Verbrauchertäuschung handelt oder dies haarscharf daran vorbeischlittert, sei dahin gestellt.
Quartz und Cristobalit als kristalline Formen des Siliziumdioxids gelten in der Industrie als „Gefahrstoffe“. Auf Dauer eingenommen schädigen solche Präparate potenziell den Organismus. Darüber hinaus kann Kieselsäure bei langer Anwendung die Nieren belasten.
Ist Silizium ungefährlich?
Silizium ist weit verbreitet, 25 Prozent der Erdkruste besteht daraus, häufiger ist lediglich Sauerstoff. Silizium ist in Quarz, Sand, Steinen oder Kieselsäure zu finden. Silikate sind Silizium-Sauerstoffverbindungen. Diese sich in Keramik, Beton oder Glas enthalten.
Siliziumverbindungen sind nicht immer ohne Gefahr: Zum Beispiel ist Asbest ein Silikat mit sehr feinen Fasern. Diese isolieren ausgezeichnet und halten Feuer stand, haben aber den unangenehmen Nebeneffekt, dass sie eingeatmet Lungenkrankheiten und sogar Lungenkrebs verursachen. Ebenso kann Feinstaub aus Silikaten zur „Staublunge“ führen.
Was tun?
Wenn Sie brüchige Haare oder trockene Haut haben, klären Sie mit Ihrem Arzt, beziehungsweise Ihrer Ärztin die Ursachen. Wollen Sie ihre Ernährung so einstellen, dass diese spröden Haaren und rissigen Nägeln entgegen wirkt, sollten Sie nicht auf Silizium achten, sondern auf Biotin, Folsäure und Zink.
Ein Mangel an diesen drei Substanzen führt nachgewiesen dazu, dass Haare, Haut und Nägel leiden. Diese Elemente sind verstärkt vorhanden in
- Vollkornkost,
- Hülsenfrüchten,
- Eiern,
- Nüssen.
Siliziummangel?
Ein Mangel an einem Stoff kann es im Körper nur dann geben, wenn dieser im Organismus eine Rolle spielt. In der medizinischen Fachliteratur gibt es das Phänomen Siliziummangel nicht. Ob Silizium im Körper eine Funktion hat oder ob es nutzlos ist, bleibt in der Medizin bisher unbekannt. Deswegen gibt es auch keine wissenschaftlichen Empfehlungen für eine Mindestmenge.
Dass Silizium sich in Haaren, Nägeln und Haut findet, bedeutet nicht im Umkehrschluss, dass wir dieses Spurenelement zu uns nehmen müssen. Theoretisch wäre es zwar denkbar, dass der Stoff eine Aufgabe hat. Logischer ist es aber, dass wir Silizium ohne Zweck im Körper sammeln, weil wir es mit der Nahrung aufnehmen.
Silizium löst sich leicht im Wasser und ist in unseren Grundnahrungsmitteln reichlich enthalten. Übrigens: Selbst wenn es eine biologische Funktion hätte, bräuchten wir keine Nahrungsergänzung, sondern müssten nur viel Wasser trinken und Brot essen.
Keine validen Studien
Bisher liegen nur sehr wenige klinische Studien zur Wirkung von Silizium auf die Knochen vor, und diese lassen im Dunkeln, ob Silizium sich überhaupt auf die Knochendichte, Haarstruktur oder Fingernägel auswirkt.
Zwei randomisierte Studien sollten zeigen, ob Kieselsäure die Knochendichte alter Frauen verbessert. Die Wissenschaftler untersuchten dazu 184 Frauen nach den Wechseljahren mit niedriger Knochendichte. Drei von vier nahmen ein Jahr Präparate mit cholin-stabilisierter Kieselsäure ein, jede vierte bekam ein Pseudopräparat. Das Ergebnis: Es gab keinen Unterschied in der Knochendichte zwischen Versuchs- und Vergleichsgruppe.
Die zweite Studie umfasste lediglich 17 Teilnehmerinnen, die drei Monate Mineralwasser mit viel bzw. wenig Kieselsäure tranken. Die Studie war zu kurz und umfasste zu wenig Probandinnen, um eine Aussage über die Veränderung der Knochendichte zu treffen. Man hätte sie auch bleiben lassen können. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Phatak, S. R. : Homöopathische Arzneimittellehre, Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2005
- Bleul, Gerhard; Kreisberger, Patrick; Riker, Ulf: Die homöopathische Hausapotheke: Die wichtigsten Arzneien für zu Hause und unterwegs, Deutscher Zentralverein homöopathischer Ärzte, 2007
- Kachler, Werner; Göske, Jürgen: "Morphology, Physicochemistry and Phase Analysis of Neuburg Siliceous Earth". in: Microscopy and Analysis, September 2013
- Marbach, Eva: Heilen Mit Schwedenkräutern, Books on Demand, 2009
- Bährle-Rapp, Marina: Springer Lexikon Kosmetik und Körperpflege, Springer, 2012
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.