Das Ackerhellerkraut, auch Acker-Hellerkraut geschrieben, ist eine weit verbreitete Pflanze der Agrarlandschaften und Brachgebiete. Fast alle Teile der Pflanze wurden in der Hausmedizin und Volksküche genutzt: Die Wurzeln, die Samen, die Blätter, die Blüten und der Blattstiel. Für die Medizin stehen jedoch die Samen im Vordergrund. Eingesetzt werden sie unter anderem bei Menstruationsleiden, Hautentzündungen und Atemwegserkrankungen.
Inhaltsverzeichnis
Steckbrief
- Wissenschaftlicher Name: Thlaspi arvense
- Volksnamen: Acker-Täschelkraut, Acker-Pfennigkraut, Ackertäschel
- Familie: Kreuzblütengewächse (Brassicaceae)
- Verbreitung: Fast ganz Eurasien außerhalb der Tropenregion, als Neophyt in Amerika, Afrika, Australien und Neuseeland
- Verwendete Pflanzenteile: Kraut, Samen
- Inhaltsstoffe: Sitosterol, Campesterol und andere Phytosterole, Isovitexin, Phytoalexine, ätherisches Öl, Bitterstoffe, Senföl, Vitamine, an Mineralstoffen und Spurenelementen besonders Magnesium
- Anwendungsgebiete: Beispielsweise Entzündungen der Nieren, Erkrankungen des Harntrakts, Gebärmutter- und Vaginalbeschwerden, Menstruationsprobleme, Erkältung, Hautentzündungen
Ackerhellerkraut – Eine Übersicht
- Die Samen von Thlaspi arvense werden in Ladakh eingesetzt, um Erkrankungen der Nieren und des Harntrakts zu behandeln. Möglicherweise haben Extrakte aus der Pflanze ein Potenzial gegen Malaria und bestimmte Krebsformen.
- Ackerhellerkraut wächst häufig auf lehmigen Kalkböden, es breitet sich auf humoser und nährstoffreicher Erde aus, ist typisch für Fichtenwälder, Ruderalfluren und Ackerwildkrautgesellschaften, für Schuttplätze und Brachflächen.
- Kraut und Samen der Pflanze sind essbar, beim Kraut besonders die Blüten und die jungen Blätter. Diese sind eher Gewürz als Gemüse, denn sie schmecken scharf-würzig und lassen sich wie Kresse verwenden.
- Historisch war das weit verbreitete Kraut vor allem beliebt, um Skorbut zu behandeln und vorzubeugen. Bei Skorbut liegt ein Mangel an Vitamin C vor, und diesen Vitalstoff liefert das Ackerhellerkraut.
- Ackerhellerkraut enthält Senföl. Wenn Sie die Pflanze zwischen den Fingern zerreiben, riecht es nach Knoblauch.
- Die Zusammensetzung der Fettsäuren in der Pflanze eignet sich für Biodiesel und erneuerbares Kerosin. In den USA laufen Versuche auf Hochtouren, aus dem Kraut solche Biotreibstoffe zu gewinnen. In Europa gibt es hingegen nur wenige diesbezügliche Studien.
Inhaltsstoffe
Die Pflanze enthält Saponine (Seifenstoffe), Glykoside (Zuckerverbindungen), Spurenelemente, Vitamine und Flavonoide (sekundäre Pflanzenstoffe). Zu den medizinisch wirksamen Inhaltsstoffen gehören Vitamin C, Magnesium, Senföl, Bitterstoffe, ätherisches Öl und pflanzliche Sterole wie Sitosterol und Campesterol.
Campesterol senkt LDL und den Spiegel des gesamten Cholesterins. Es hemmt die Synthese von Cholesterin und, laut eines Reviews spanischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von 2009, möglicherweise auch die Resorption von Cholesterin im Darm.
Eventuell reduziert es so das Risiko, im Herz-Kreislauf-System zu erkranken. Die Studienlage dazu ist jedoch widersprüchlich.
Ein solch erkennbares Senken des Risikos kann nämlich auch daran liegen, dass eine Ernährung mit viel Campesterol zugleich eine Ernährung mit hohem Gemüseanteil und mediterraner Kost bedeutet. Es würde sich dann nicht um eine isolierte Wirkung des Phytosterols handeln, sondern um die einer allgemein gesunden Ernährung.
Eine kanadische Studie von 2003 verglich die Flavonoide von Ackerhellerkraut mit denen verwandter Arten. Dabei zeigte sich bei Thlaspi arvense die Menge an Flavonen als besonders hoch in Relation zu der anderer Spezies. Flavone wirken als Farbstoffe und schützen Pflanzen vor UV-Strahlen.
Medizinische Wirkungen
Inhaltsstoffe und traditionelle Anwendungen in verschiedenen Kulturen unabhängig voneinander machen folgende Wirkungen wahrscheinlich: Gegen Bakterien und Entzündungen, harn- und schweißtreibend sowie schleimlösend.
Eine Studie von 2003 ergab Einblicke, ob Acker-Hellerkraut gegen Pilzbefall wirkt. Die kanadische Professorin für Biorganic and Agricultural Chemistry Soledade Pedras und ihre Kollegen Paulos Chumala und Mochmir Suchy fanden heraus: Zwei Phtyoalexine im Acker-Hellerkraut, Wasalexin A und Arvelexin, zeigten keine Aktivität gegen Phoma lingam. Dieser Pilz löst bei Pflanzen die Wurzelhals- und Stängelfäule aus.
Beide Stoffe sowie aus der Pflanze isoliertes Isovitexin wirken nicht gegen pathogenen Pilzbefall. Isovitexin zeigte aber eine antioxidative Wirkung, wirkt also gegen freie Radikale.
Gibt es zu viele freie Radikale im Organismus, kommt es zu oxidativem Stress. Dieser soll Leiden wie Arteriosklerose, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Arthritis und bestimmte Krebsformen mitverursachen und zudem die Haut schneller altern lassen.
Die Wirkung von Antioxidantien ist umstritten. Zudem wirken sie im Immunsystem nicht als Einzelstoffe, sondern als Netzwerk, zu dem zum Beispiel die Vitamine B2, C und E gehören sowie Mineralstoffe wie Zink und Selen.
Eine Studie der National University of Pharmacy der Ukraine zeigte 2005, dass Extrakt aus dem Acker-Hellerkraut bei Ratten die Sensitivität der Prostatazellen erhöhte und so Prozesse neutralisierte, die Zellmembranen zerstören.
Anwendungen in der Volksmedizin
Ackerhellerkraut wird eingesetzt als Hausmittel und in der Volksmedizin: Gegen Erkältung, gegen Beschwerden vor und während der Periode, bei Harnverhalt oder bei Nierenleiden.
So wird ein Tee gekocht und getrunken aus den Samen und jungen Blättern der Pflanze. Diesen konsumieren an einer Erkältung Erkrankte gegen grippale Symptome wie Schnupfen. Da Flüssigkeit entzündete Schleimhäute beruhigt, ist hier nicht klar, ob es sich hier um eine eventuelle Wirkung von Inhaltsstoffen des Krauts handelt.
In der Volksheilkunde sind generell Pflanzen mit Saponinen als Hustenmittel beliebt, da die Seifenstoffe Schleim verflüssigen und so das Abhusten erleichtern. Saponine steigern den Blutdruck und senken das Cholesterin, halten das Immunsystem gesund und wirken gegen Bakterien und andere lebendige Krankheitserreger.
Gegen die Viren, die Erkältungen auslösen, hat Ackerhellerkraut jedoch keinen nachgewiesenen Effekt. Eine Wirkung dagegen ist auch sehr unwahrscheinlich.
Äußerlich wird ein solcher Tee genutzt, um Hautentzündungen, Insektenstiche, Zeckenbisse und Furunkel zu behandeln, das Anschwellen abzumildern und den Juckreiz zu lindern. Dazu werden Tücher im Tee getränkt und dann auf die betroffenen Stellen gelegt oder um sie gewickelt.
Zur medizinischen Anwendung werden nach dem Ernten die Hülsen von den schwarzen Samen geschält und die Samen getrocknet – entweder in der Sonne oder bei mäßiger Hitze im Ofen.
Danach werden sie zermahlen und das Pulver in einer Dose aufbewahrt. Getrocknete Samen wurden (und werden bisweilen noch) in Mitteleuropa bei Entzündungen in Mund, Rachen und Zahnfleisch gekaut.
Gegen Entzündungen der Vagina oder Menstruationsschmerzen wird mit dem Tee ein lauwarmes Sitzbad zubereitet. Diese Methode ist auch bekannt als Hausmittel gegen Infektionen der Gebärmutter, Endometriosen oder Wucherungen der Gebärmutterschleimhaut.
In Osteuropa, der Ukraine und Russland wird Acker-Hellerkraut in der Volksheilkunde unter anderem benutzt, um folgende Erkrankungen zu behandeln: Diabetes mellitus, Scharlach, Hepatitis, Hämorrhoiden und eitrige Geschwüre.
In der Vergangenheit war Acker-Hellerkraut ein wichtiges Mittel, um einem Vitamin-C-Mangel vorzubeugen. In den Fokus rückte es vor allem durch seine Allgegenwart auch in Regionen, in denen es wenige alternative Vitamin-C-Quellen gab, zum Beispiel in Form von Zitrusfrüchten.
Skorbut ist eine Krankheit, die durch diesen Mangel entsteht. Zu den Symptomen gehören schwammiges Zahnfleisch, ausfallende Zähne, Blutungen im Mund sowie geschwollene und stark schmerzende Gelenke.
Vitamin C stützt das Bindegewebe. Ohne Vitamin C kann der Körper kein Kollagen produzieren und somit das Gewebe nicht stabil halten.
Deswegen weicht das Zahnfleisch auf, deshalb reißen Adern, Nase und Schleimhäute bluten. Besonders bei Seefahrern, in Gefängnissen und im Norden war Skorbut weit verbreitet.
In Mitteleuropa heute ist hingegen die Vitamin-C-Versorgung gesichert. Daher bietet Acker-Hellerkraut hier keinen Vorteil mehr.
Nebenwirkungen und Gegenanzeigen
Stoffe im Acker-Hellerkraut hemmen Entzündungen, und deshalb sollte die Pflanze nicht im Übermaß eingenommen werden. Dies kann dann die Zahl der weißen Blutkörperchen mindern.
Folge ist eine Leukopenie (Leukozytopenie) und führt zu Symptomen wie Fieber, niedrigem Blutdruck, Schüttelfrost und Infektionen in Folge eines gestörten Immunsystems. Die Gefahr einer solchen Überdosierung besteht aber bei den medizinischen Anwendungen nicht.
Da ein Tee oder Extrakt aus der Pflanze den Magen und die Nieren anregen kann (und soll), dürfen Sie das Kraut und dessen Präparate nicht einnehmen, wenn Sie unter Darmerkrankungen leiden. Auch bei einer Magenentzündung sollten Sie darauf verzichten.
Ackerhellerkraut in der Küche
Verwandte des Ackerhellerkrauts sind Senf, Wirsing, Brokkoli, Blumenkohl, Brunnenkresse, Kohlrabi oder Meerrettich. Genau wie diese lässt es sich als Gemüse und Gewürz nutzen.
Acker-Hellerkraut schmeckt bitter. Roh ist es zwar essbar, aber kaum genießbar, auch wenn es in der bäuerlichen Küche historisch in Salaten genutzt wurde. Die Bitterkeit lässt sich durch Dünsten dämpfen oder durch Süßen ausgleichen.
Zum Essen eignen sich besonders die jungen Blätter im April und Mai. Im September und Oktober können Sie die Samen sammeln und das Öl auspressen. Das ganze Jahr über essbar sind die Wurzeln.
Die fein gehackten jungen Blätter lassen sich in der Küche ähnlich einsetzen wie Senf und Kresse, an die sie geschmacklich erinnern. Sie eignen sich als Beigabe in Suppen, Gemüsen und Salaten. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Алексей Викторович Андрияненков: Study of pharmacological activity of solid extracts of thlaspi arvense and onobrychis arenaria on a model of benign proctatic hyperplasia of rats; in: Science Rise, Volume 10, Issue 4, Seite 46, 2015, ScienceRise
- Laura Calpe-Berdiel, Joan Carles Escolà-Gil, Francisco Blaco-Vaca: New insights into the molecular actions of plant sterols and stanols in cholesterol metabolism; in: Artheroslerosis-Journal, Volume 203, Issue 1, Seiten 18-31, 2009, atherosclerosis
- Joseph Onyilagha, Adil Bala, Rebecca Hallett et al.: Leaf flavonoids of the cruciferous species, Camelina sativa, Crambe spp., Thlaspi arvense and several other genera of the family Brassicaceae; in: Biochemical Systematics and Ecology, Volume 31, Seiten 1309-1322, 2003, KUNDOC
- Soledae Pedras, Paulos Chumala, Mochmir Suchy: Phytoalexins from Thlaspi arvense, a wild crucifer resistant to virulent Leptosphaeria maculans: structures, syntheses and antifungal activity; in: Phytochemistry, Volume 64, Issue 5, Seiten 949-956, 2003, ScienceDirect
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