Die Ackerwinde (auch Acker-Winde) ist eine an trockene Böden angepasste Kletterstaude. Trotz schöner weißer oder hellrosa Blüten ist sie bei Bauern unbeliebt und im Garten ungern gesehen, da sie sich stark ausbreitet, Wasser zieht und andere Gewächse überwuchert. Ackerwinde wird zu den zehn schlimmsten invasiven Pflanzen gezählt. Sie spielt(e) eine Rolle in der Volksheilkunde und zeigt in medizinischen Studien ein deutliches Potenzial gegen Krebs.
Inhaltsverzeichnis
Steckbrief
- Wissenschaftlicher Name: Convolvulus arvensis
- Volksnamen: Kornwinde, Bedewinde, Erdwinde, Muttergottesgläschen, Teufelsdarm, Fledwinde, Windling
- Familie: Convolvulaceae (Windengewächse)
- Verbreitung: Ursprünglich Eurasien und Nordafrika, heute weltweit in gemäßigten bis subtropischen Zonen
- Verwendete Pflanzenteile: Blätter, Blüten, Kraut und Wurzel
- Inhaltsstoffe: Glykoside, Alkaloide, Gerbstoffe, Flavonoide
- Anwendungsgebiete: Menstruationsbeschwerden, Herz-Kreislauf-Erkrankungen; in der Volksheilkunde auch Verstopfung, Insektenstiche, Geschwüre und schlecht heilende Wunden
Ackerwinde – Eine Übersicht
- Als Heilpflanze wird Acker-Winde besonders bei Verdauungsbeschwerden eingesetzt. Da sie aber leicht giftig ist, sind derlei Anwendungen umstritten.
- Die sehr ähnliche Zaunwinde hat wesentlich kleinere Blüten.
- Wie der Name sagt, ist die Winde eine typische Ackerpflanze, kommt aber auch allerorten auf frischen bis leicht trockenen Böden vor, am Wegrand, auf Wiesen, Schuttplätzen oder Bahndämmen. Ihr ursprünglicher Lebensraum sind Halbtrockenrasen.
- Die Wurzeln der Ackerwinde wachsen metertief, und sie breitet sich sehr stark aus. Eine Pflanze kann pro Jahr einen Radius von rund drei Metern erobern.
- Hat sich Ackerwinde im Garten erst einmal etabliert, lässt sie sich nur sehr schwer wieder verdrängen. Jäten, Eggen und Pflügen zerstören die Pflanze nicht, denn die Knospen der abgebrochenen Wurzeln bilden neue Triebe. Herbizide erreichen die tief reichenden Wurzeln kaum.
Inhaltsstoffe
Ackerwinde enthält, laut einem Review von 2011, Glykoside, die im Herz-Kreislauf-System wirken, außerdem psychoaktive Alkaloide, Gerbstoffe und Flavonoide. Eine Studie eines biologischen Teams aus Bagdad fand zehn phenolische und acht alkaloide Stoffe in Ackerwinde.
Medizinische Effekte
Eine 2004 veröffentlichte Studie aus Puerto Rico erkannte deutliche Effekte eines Ackerwindenextrakts gegen das Wachstum von Tumoren bei Mäusen. Zudem wurde das Tumorwachstum bereits bei nichtgiftigen Dosierungen gehemmt, und zwar um bis zu 70 Prozent.
Ein wissenschaftliches Team aus Khorasan, Iran, veröffentlichte 2014 als Ergebnis seiner Studie: Sie hätten neue Evidenz für Effekte gegen Leishmaniose durch Ackerwinde gefunden. Leishmaniose ist eine Erkrankung, die Parasiten in Zellen hervorrufen.
Zudem hätten sich Antiangiogenese durch den Einsatz der Ackerwinde gezeigt. Dieser Fachbegriff bedeutet „gegen Gefäßbildung“. Stoffe mit dieser Eigenschaft werden in Medikamenten eingesetzt, die die Gefäßbildung bei Tumoren eindämmen und so deren Wachstum verhindern.
Eine Versuchsstudie an Mäusen von Ali M. Said, einem Toxikologen der Yarmuk-Universität in Jordanien, kam ebenfalls zum Ergebnis, dass Ackerwindenextrakt Krebszellen vielleicht zerstören kann. Um zu Klarheit zu kommen, müssten jedoch die einzelnen aktiven Komponenten im Extrakt auf ihre Wirkung untersucht werden.
Eine Studie eines spanisch-malaysischen Wissenschaftsteams von 2015 zeigte im Modellversuch exzellente antioxidative Effekte. Antioxidantien halten die Oxidation von Stoffen im Organismus auf und bremsen damit Prozesse, die die DNA verändern und die Entwicklung der Zellen beschädigen. Sie könnten somit Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems und bestimmten Krebsformen vorbeugen.
Eine indische Studie von 2014 fand deutliche Wirkungen eines Ackerwindenextrakts gegen Leukämiezellen.
Zusammengefasst weist also die bestehende Studienlage darauf hin, dass Ackerwinde ein Potenzial für Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel hat, die Krebs vorbeugen oder diesen sogar bekämpfen können. Obwohl aber bekannt ist, dass die Pflanze krebspräventive und herzwirksame Stoffe enthält, sind diese medizinisch unzureichend erforscht.
Ackerwinde– Anwendungen in der Volksmedizin
Ackerwinde wurde (und wird teilweise immer noch) häufig in der Volksmedizin eingesetzt: Das Kraut wird mit kochendem Wasser zu Tee aufgegossen und nach zehn Minuten Ziehen getrunken. Grob gilt als Hausmittel dabei eine Dosis von zwei Tassen pro Tag, eine morgens und eine abends – gegen Verstopfung.
Entsprechende Wirkungen dürfen aus der vielfachen Erfahrung heraus als belegt gelten. Eine zu hohe Dosierung oder zu viele Tassen Tee führen zu Durchfall. Wurzeln, Blüten und Blätter lassen sich gleichermaßen für einen Verdauungstee nutzen.
Zudem war Ackerwinde besonders für Frauenleiden in Gebrauch. Bäder in Sud aus der allgegenwärtigen Pflanze sollten die Periode ausgleichen, besonders bei starken Blutungen.
Der ausgepresste Saft der Blüten wurde auf Insektenstiche, Hautgeschwüre und schlecht heilende Wunden aufgetragen. Unter anderem wurden Spinnenbisse damit ausgewaschen.
Ein Fußbad in Ackerwindentee diente dazu, entzündete Füße zu entspannen. Da Ackerwinde Gerbstoffe enthält, die ebenso zusammen ziehen wie gegen Entzündungen wirken, sind viele dieser volkskundlichen Anwendungen plausibel.
Ackerwinde wurde aber nie so populär wie andere heimische Kräuter, die ähnlich zum Einsatz kamen. Das lag an ihrer leicht giftigen Wirkung, die bei falscher Dosierung und falschen Methoden schnell zu Beschwerden führen kann.
Laut einem Review der Cambridge University von 2020 nutzen Navajo im Westen des US-Bundestaats New Mexico eine kalte Infusion von Pflanzenteilen der Ackerwinde zu ähnlichen Zwecken wie in Europa: Als Lotion gegen Spinnenbisse. Sie setzen Ackerwinde ebenfalls gegen Menstruationsbeschwerden ein.
Aus Indien sind noch weit mehr Anwendungen der Ackerwinde und verwandter Arten in der Medizin bekannt als in Europa: Extrakte, Tees und Lotionen aus den Blättern, Blüten und Wurzeln dienen zum Beispiel als Mittel gegen Schlaflosigkeit, sie sollen die Nerven, Haare und den Magen stärken und sich gut auf die körperliche Ausdauer auswirken.
Welchen Standort braucht die Ackerwinde?
Ackerwinde gedeiht hierzulande auf humusarmen und nährstoffreichen Böden, am besten halbtrocken bis trocken und lehmig. Dort findet sie sich in Mitteleuropa sehr häufig und breitet sich derart aus, dass Gärtner ähnlich aussehende Pflanzen als Zierarten bevorzugen.
Die Samen der Ackerwinde
Ackerwinde ist ausgesprochen vermehrungsfreudig und zäh. 95 Prozent der Samen sind hartschalig und können in der Erde bis zu 28 Jahre überdauern. Sprößlinge entwickeln sich auch noch mehr als 20 Jahre, nachdem die erwachsenen Pflanzen entfernt wurden. Samen überleben in Silage ebenso wie in Tierdung.
Verwechslung mit anderen Pflanzen
Ackerwinde lässt sich leicht mit der nahverwandten Zaunwinde verwechseln. Sie unterscheidet sich vor allem durch die größeren Blüten.
Der Windenknöterich ähnelt ihr ebenfalls, er hat aber noch kleinere Blüten als die Zaunwinde, die zudem nur wenig auffallen. Dazu zeigt der Windenknöterich auch eine auffällige Nebenblattscheide, das Kennzeichen der Knöterich-Arten.
Ackerwinde in der Küche?
Ackerwinde wirkt halluzinogen, und daher rührt möglicherweise die Praxis, sie, wenn auch selten, in der Küche einzusetzen. Davon muss abgeraten werden, denn die leichte Giftigkeit zeigt sich beim Konsum als Nahrungsmittel mit Übelkeit und Durchfall.
In Spanien werden die Blüten bisweilen wegen ihrem süßen Nektar ausgesaugt, am östlichen Mittelmeer werden gekochte Blätter für Salat genutzt. Historische Rezepte zeigen Liköre, in denen Blüten der Ackerwinde enthalten waren. Auch hier spielte vermutlich die psychoaktive Wirkung eine Rolle.
In China werden junge Wurzeln der Ackerwinde und / oder verwandter Arten gesammelt und mit zerstoßenem Weizen und Bohnen zu einer Paste vermengt, die dann gegessen wird oder als Basis für Fladen dient. In Ladak werden die Blätter roh ebenso gegessen wie gekocht.
Die Samen werden mit Zwiebeln und Tomaten gedünstet und dann in Öl frittiert. Junge Blätter und Triebe werden gekocht und mit viel Wasser gewaschen und dann mit Quark zu einer Speise gemischt, die Tanghtour heißt. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
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- Manav Malhotra: A review on macroscopical, phytochemical and biological studies of Convulvuus arvensis (Field Bidweed); in: Pharmacology online, Volume 3, Seiten 1296-1305, 2011, ResearchGate
- Mohammad Saleem, M Imran Qadir, Bashir Ahmad et al.: Cytotoxic Effect of Ethanol Extract of Convolvulus arvensis L (Convolvulaceae) on Lymphoblastic Leukemia Jurkat Cells; in: Tropical Journal of Pharmaceutical Research, Volume 13, Issue 5, Seiten 705-709, 2014, AJOL
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- Roaa M. H. Shoker, Abdul-Latif M. Jawad: Evaluation of Isolated Compounds Activity from Convolvulus Arvensis Against Algae; in: Iraqui Journal of Science, Volume 54, Issue 1, Seiten 62-71, 2013, Cite Seer X
- Lynn M. Sosnokie, Bradley Dr. Harrison, Lawrence E. Steckel: Field blindweed (Convolvulus arvensis): „all tied up“; published online by Cambridge University Press, 2020, CambridgeCore
Wichtiger Hinweis:
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